Auf Martinique laufen wir in die erste Bucht ein, Le Marin. Es ist das größte Ankerfeld dass wir je gesehen haben, geschätzt mehrere hundert Yachten! Viele Yachten scheinen schon länger hier zu liegen, einige Yachten sind verlassen und scheinen von ihren Eignern vergessen zu sein. Auf andere Yachten hausen „festgewachsene“ Segler, die Yachten machen keinen seetauglichen Eindruck mehr. Der einstige Traum der Weltumseglung scheint hier zu Ende zu sein. Andere Yachten sind bereits gesunken, hier und da schaut nur noch eine Mastspitze aus dem Wasser. Die Bucht wirkt ein wenig morbid, aber trotz allem gibt es schöne Ecken. Wir können in St. Anne, ein beschaulicher Touristenort neben Le Marin, einfach einklarieren, ohne viel Papierkram, direkt am Computer, wir sind ja hier in Europa! Wir merken, dass der bisherige karibische Telefonanbieter hier nicht funktioniert und wollen noch eine Telefonkarte kaufen, bis wir auch hier feststellen, dass wieder unser normaler Anbieter ohne Roaminggebühren funktioniert, wir sind ja in Europa, so ein Luxus! Ein weiterer Luxus ist der Supermarkt mit eigenem Dinghy-Dock, sehr praktisch zum Proviantieren. Als wir den Supermarkt betreten ist es nicht mehr zu leugnen: ja, wir sind in Europa. Die Regale sind prall gefüllt, es gibt wieder viele Sorten von Käse, Schinken, Wein und vieles mehr und dazu zu bezahlbaren Preisen. Wow, wir fühlen uns wie im Schlaraffenland!
Der Ort Le Marin ist perfekt auf die Segler ausgerichtet, es gibt hier alle denkbare Firmen rund um Yachten. Leider haben sie absolute Hochsaison und können Arbeiten nur mit einer Vorlaufzeit von drei Wochen annehmen. Die Grundplatte von unserem Cockpit-Sitz ist gebrochen, wir bräuchten einen Polsterer. Sie sind alle sehr kompetent und nett, haben aber leider keine Zeit.
Auch die Geschäfte für Bootszubehör halten ein unglaubliches Angebot an Waren vor. War es bisher so mühsam einfache Ersatzteile zu bekommen, gibt es hier alles im Überfluss. Gerrit könnte hier locker den ganzen Tag staunend zwischen den Regalen verbringen.
Es ist hier so anders als in der bisherigen Karibik, hier fehlt leider die Leichtigkeit des Lebens, häufig wirken die Menschen unzufrieden, obwohl sie, gemessen an anderen karibischen Inseln, einen guten Lebensstandard haben. Sie genießen all die sozialen Sicherheiten aus Frankreich, wie Arbeitslosen- und Krankenversicherung. In den kleinen Restaurants oder Bars hat man manchmal das Gefühl zu stören und den Inhabern unerwünschte Arbeit zu bereiten.
Ich komme endlich wieder in den Genuss eines Friseurbesuchs, was für eine Wohltat! Der letzte Haarschnitt war im Oktober auf La Gomera. Auf Barbados hatte ich einen Friseur aufgesucht, aber die Dame schien nicht viel Übung mit glatten Haaren zu haben. Schließlich war ich nur noch um Schadensbegrenzung bemüht und gab ihr zu verstehen, dass der Schnitt so ausreichend wäre. Oh je! Zum Glück kann man mit Gel einiges zurecht stylen!
In Le Marin treffen wir auch wieder bekannte Gesichter. Als erste kommt Jana von „Jajapami“ vorbeigefahren, wir tauschen Neuigkeiten aus. Ihre beiden Kinder Paul und Michel haben einen Hundewurmbefall in den Füßen, das ist ganz gruselig aber scheinbar in der Karibik nicht ungewöhnlich! Die Kinder haben im Sand gespielt und sich dabei angesteckt. Der Wurm gräbt Gänge in die Fußsohle und legt dort Larven ab. Das ist sehr unangenehm und mit starkem Juckreiz verbunden. Der Arzt hat eine Wurmkur verschrieben, das soll das Problem beheben. Urgh….! Ich betrachte meine Füße und entspanne mich bei deren Anblick. Die dicke Hornhaut an unseren Füßen, verursacht durch ein halbes Jahr barfußlaufen, muss jeden Wurm von seinem Vorhaben abbringen, hoffentlich!!
Weiter geht es zur Bucht Grande Anse, hier lässt es sich aushalten. Die Berge sind mit üppigem Grün überwuchert, ein kleiner beschaulicher Ort und ein paar bekannte Yachten. Unser französischer Nachbar „Albert“ hat den baugleichen Katamaran wie Mojito und ist begeistert uns kennenzulernen.
Er lebt schon viele Jahre in der Karibik und kennt sich hier gut aus. Leider hat er sein Haus in Saint Martin durch den Hurrikan „Irma“ verloren, das macht ihn sehr traurig. Er bringt uns einige „Lionsfishs“ vorbei, die er mit der Harpune gejagt hat. Diese Fische sind hier nicht heimisch und entwickeln sich zur Plage, da sie sehr viele kleine Fische fressen und alle drei Wochen 40 000 Eier ablegen. Der Lionsfish ist wunderschön, hat aber giftige Stacheln. Albert bringt sie uns küchenfertig und wir brauchen diese sehr schmackhaften Fische nur noch in der Pfanne zu braten und zu genießen!
Zwei Tage verbringen wir in Fort de France, der Hauptstadt von Martinique und nutzen die Vorzüge einer Stadt zum Proviantieren, Wäsche waschen und wieder unseren Wassertank zu füllen. Wie bequem ist es doch sonst mit unserem Wassermacher, wir zählen die Tage, bis wir unseren Generator wieder funktionsfähig haben und endlich wieder unser eigenes „homemade“ Wasser haben.
Einige Probleme lösen sich aber auch von selbst, so wie unser Ruderproblem.Hatte es während der Atlantiküberquerung so heftig vibriert, dass wir es hier auf Martinique reparieren wollten, macht es nun keinerlei Geräusche und Vibrationen mehr, es funktioniert tadellos. Vermutlich hatten sich die zahlreichen, zähen Algen dort festgesetzt und die Vibrationen verursacht, andere Segler hatten auch damit Probleme während der Überfahrt. Sehr gut, dann brauchen wir doch nicht in die Werft, yippie!
Zum Wassertanken gehen wir zur Tankstelle im Hafen und bekommen wieder einmal die Unfreundlichkeit der Angestellten zu spüren. Man möchte sich beinah entschuldigen, dass man ihre Dienste in Anspruch nimmt. Kein Lächeln, kein freundliches Wort, sie nehmen nur widerwillig einen Festmacher entgegen.
Unsere letzte Etappe auf Martinique ist die nördlichste Stadt St. Pierre. Bis Anfang des 20. Jhdt. war es die Hauptstadt von Martinique, bis der Vulkanausbruch 1902 die gesamte Stadt unter einer heißen Giftwolke und Lavabrocken begrub, 30 000 Menschen starben. Die verkohlten Ruinen sind überall sichtbar und beklemmend.
Hier treffen wir Lotta und Per-Erik aus Schweden von der Yacht „Voyageur“ wieder und verbringen drei nette Tage miteinander. Gemeinsam wandern wir zur imposanten Rum-Destillerie „Depaz“, ein wunderschönes Anwesen mit einem netten Chateau und einem großen Agrarbetrieb, anschließend besuchen wir den „Jardin de Balata“ und bestaunen die üppige Botanik. Leider heißt es dann auch wieder einmal Abschied von Lotta und Per-Eric zu nehmen, wir haben schöne gemeinsame Stunden miteinander verbracht. Unsere Reiserouten trennen sich hier, es ist unwahrscheinlich dass wir uns so schnell wiedersehen. Doch wir sind uns sicher, irgendwo wird es ein Wiedersehen geben, darauf freuen wir uns!
Martinique hat unsere Meinung über die Boatboys auf den übrigen Inseln verändert. Haben wir sie dort manchmal als lästig und aufdringlich empfunden, so denken wir nun anders. Diese Menschen versuchen ihre Situation zu ändern und zu verbessern, sie arbeiten und verdienen eigenes Geld. Anders ist es auf Martinique: hier gibt es 40% Arbeitslosigkeit, das Arbeitslosengeld kommt monatlich aus Frankreich. Als wir ein Taxi ordern wollen, scheint es ein Ding der Unmöglichkeit. Der Taxifahrer winkt mürrisch ab, als er hört, dass unser Zielort ca. 40 Minuten Fahrt bedeutet. Nee, sagt er, wir sollen ein anderes Taxi nehmen, er hat dazu keine Lust! Hää.?? Das Problem ist, es findet sich hier kein weiteres Taxi und sein Taxi steht weiter auf dem Taxistand, während er einfach nur untätig daneben sitzt. Vielleicht sind wir „ zu deutsch“ um das zu verstehen!
Die Dame von der Autovermietung reagiert ähnlich: „Hilfe, Kunde droht mit Auftrag!“ Nein, es gibt kein verfügbares Auto, vielleicht nächste Woche. Die zweite Autovermietung, ist auch während der Bürozeiten nicht besetzt, das Telefon wird nicht beantwortet. Hmm!
Schließlich finden wir eine Taxifahrerin, die eigentlich privat in St.Pierre unterwegs ist, sie ist bereit uns zu fahren. Aber sie entpuppt sich als unehrlich und möchte das Doppelte von dem vorher vereinbarten Preis berechnen. Nach einer Diskussion lenkt sie ein, wir zahlen den vorher vereinbarten Preis, unsere Stimmung ist frostig. Schade, so etwas zahlt sich nicht aus, denn dafür gab es dann kein Trinkgeld, so!
Aber trotz allem, es hat uns gut gefallen auf Martinique. Es gibt auch sehr nette Menschen hier, schöne Buchten, viel Regen und dadurch eine üppige Natur. Weiter geht es zur Nachbarinsel Dominica, 55 sm entfernt!