Der Weg zurück in unsere Heimat

Unsere letzte Wegstrecke und unsere Ankunft in Ostfriesland ging so rasend schnell und war gespickt mit zahlreichen Ereignissen und vielen netten Begegnungen mit Familie, Freunden und Bekannten, dass uns die Zeit einfach davon gelaufen ist. Zu Recht kamen mehrere Nachfragen, wo wir eigentlich stecken und ob oder wann wir ankommen. Es stimmt, wir müssen endlich unsere Versäumnisse aufarbeiten!


Unser Weg führt uns zunächst von Boulogne-sur-Mer nach Dünkirchen. In Dünkirchen stoppt uns mal wieder der beständige Nordostwind, verbunden mit einer kräftigen Welle, die uns den Weg Richtung Osten nicht ermöglicht. Jeden Tag laufen wir die Hafenmole hoch um einen Blick auf die See zu werfen, und müssen immer wieder feststellen, dass es keinen Sinn macht dagegen „anbolzen“ zu wollen. Ich erinnere mich an den Spruch: „Herr, gib mir die Gelassenheit, Dinge zu akzeptieren die ich nicht ändern kann!“ Da weder Geduld noch Gelassenheit zu meinen Stärken gehören, stellt mich das Seglerleben immer wieder vor großen Herausforderungen!


Dünkirchen hat eine interessante Geschichte und gebe es nicht gerade Corona, dann gebe es eine Menge zu besichtigen. Leider sind viele Museen geschlossen, schade. Dafür gibt es endlich wieder einen Wochenmarkt mit vielen Leckereien, das entschädigt für andere Unannehmlichkeiten! Die Warterei hat auch eine positive Seite: Deutschland hat die Quarantänepflicht für Wiederkehrer aufgehoben, juhu, das ist doch mal eine sehr gute Nachricht für uns. Nun aber schnell nach Deutschland, bevor sie das wieder kippen. Man weiß ja nie, Dinge ändern sich manchmal drastisch, das hat uns Corona gelehrt. Nichts ist sicher, eine uns bislang vollkommen fremde Wahrnehmung.

Mojito in der Marina von Dünkirchen
Blick auf die Stadt


Endlich können wir starten, nach einer Woche festliegen im Hafen! Der Wind ist zwar wieder nicht perfekt, doch diese Bedingungen kennen wir nun zu genüge, wir stellen keine Ansprüche mehr, Hauptsache es besteht eine kleine Chance Richtung Osten zu kommen.
Wir arbeiten uns an Belgien vorbei und erreichen den ersten holländischen Hafen Cadzand. Holland fühlt sich gut an und vermittelt uns bereits heimatliche Gefühle. Corona scheint hier keine große Rolle zu spielen, für uns noch sehr gewöhnungsbedürftig. Schließlich haben wir acht Wochen die äußerst restriktiven spanischen Maßnahmen erlebt und nun das: kein Mundschutz, ab und zu ein paar Warnhinweise und gefühlt, tobt hier das Leben! Wir haben Mühe den Abstand zu wahren, es gibt hier viele Urlauber und jeder genießt die wiedergewonnene Freiheit. Cadzand ist ein überaus reizvoller Ort direkt an der belgischen Grenze mit weitläufigen Stränden und Dünenlandschaften. Hier könnten wir gerne noch einige Zeit verbringen, es ist sehr schön.


Weiter geht es, nach einem nächtlichen Stopp in Ijmuiden, nach Texel. Den Luxus wollen wir uns gönnen und zwei Tage hier verbringen. Laut Wetterbericht ist es eine gute Entscheidung, der Wind soll drehen, für uns wäre er dann perfekt. Wir erkunden Texel mit dem Fahrrad und genießen dieses wiedergefundene Lebensgefühl der Freiheit. Texel ist eine unglaublich vielfältige Insel, wunderschön! Wir trauen uns nach Monaten wieder eine Strandbar zu besuchen und, fast unbeschwert, einen leckeren holländischen Apfelkuchen mit „Slagroom“ zu schlemmen. Corona scheint weit weg, den einzigen Warnhinweis finden wir auf der Toilette: „bitte hier nicht länger aufhalten als nötig!“ Aha, okay…, aber eigentlich haben wir uns auch vor Corona nicht länger als nötig auf der Toilette aufgehalten…! Vielleicht handhaben andere Gäste dies anders, wer weiß?!

Heimatgefühle! Wir liegen gleich hinterm Deich
hübsche Orte auf Texel
Texel ist bekannt für seine Strandgutsammler
endlich wieder Fahrradfahren auf Texel
das typische Texel-Schaf. Es ist freundlicher als es aussieht!


Das hinterhältige Wetter spielt uns mal wieder böse mit. Nicht nur, dass ein fieser schräger Regen mit Gegenwind just dann eintritt als wir am entferntesten Punkt unserer Fahrradtour sind. Nein, auch das angekündigte Wetter schlägt um und wieder einmal sitzen wir schließlich länger, als geplant, fest. Wir müssen uns wieder daran gewöhnen, dass wir nebst Wind auch die Gezeiten beachten müssen, das ist kniffelig. Denn, hat man den passenden Wind, dann hat man nicht genügend Wasser oder die Gezeitenströmung gegen sich, es ist verflixt! Der Wind auf Texel bläst stürmisch und gibt uns wenig Hoffnung auf eine Wetteränderung. Gerrit checkt alle Wetterdienste, doch alle machen unterschiedliche Vorhersagen und weichen stark voneinander ab, das macht die Sache nicht einfacher. Er entdeckt ein Zeit- und Wetterfenster und wir beschließen am nächsten Tag zu starten. Wohl wissend, dass es vermutlich eine harte Nuss wird, durch das Seegatt (der Durchlass zwischen zwei Inseln vom Wattenmeer ins offene Meer) zwischen Vlieland und Terschelling zu kommen.

Alles läuft nach Plan und Mojito kämpft sich tapfer durch die hohe und steile Welle im Seegatt. Sein Bug taucht tief in die Welle um sich gleich im nächsten Moment hoch hinaus zu heben. Es kracht und ächzt, das müssen wir nun eine gute Stunde aushalten, dann wird es besser.
Geschafft, puh! Wir haben die offene See erreicht und das ohne Blessuren!

Weiter geht es in Richtung Ostfriesland. Nachts erreichen wir Borkum und ankern an der Ostseite in der Osterems. Die Tonnen im Fahrwasser sind hier nicht befeuert, es ist weit nach Mitternacht und wir sind zu müde um uns durch das Wattfahrwasser zu arbeiten. Am nächsten Morgen freuen wir uns mitten im Wattenmeer aufzuwachen und zu frühstücken. Einige neugierige Seehunde kommen vorbei, die Greetsieler Kutter fischen eifrig um uns herum. Es fühlt sich noch ungewohnt an, mit Mojito durch unser einstiges Heimatrevier zu fahren, die Schleuse Leysiel zu passieren und in Greetsiel festzumachen. In Greetsiel werden wir freundlich empfangen, es ist schön hier zu sein. Greetsiel wird für diesen Sommer unser fester Standort bleiben. Unser Freund Numo hat uns dies ermöglicht, in Zeiten von Corona war das ein gutes Gefühl für uns. Dafür sind wir ihm sehr dankbar!

Ankunft in Greetsiel
und später Norderney
das Wasser ist etwas kälter als im Mittelmeer!
es ist schön wieder unsere Freunde zu treffen
wir sind wieder in Norddeutschland 🙂


Diesen Moment hatten wir uns in den letzten Wochen so sehr herbeigesehnt, manchmal schien er uns gar illusorisch. Nun sind wir hier und es gibt ein freudiges Wiedersehen mit Familie und Freunden. Wir werden jetzt die Zeit nutzen und uns erst einmal, wie bereits länger geplant, eine Wohnung einrichten, doch unser Seglerleben soll weitergehen. Wie und wann, das entscheidet Corona. Wir hoffen, dass wir nächstes Jahr die Ostsee erkunden können. Ob es gelingt oder wir unsere Pläne wieder einmal ändern müssen, werden wir dann zu gegebener Zeit an dieser Stelle weiter berichten.


Erst einmal schließt sich der Kreis unserer ersten Reise. Vor drei Jahren sind wir in Spanien gestartet und haben seitdem eine Menge erlebt. Es war sehr schwierig die Leinen zu lösen, doch wir haben es nie bereut, es war sogar eine der besten Entscheidungen unseres Lebens, wir sind sehr glücklich und dankbar für diese Lebenserfahrung. Es war eine sehr intensive Zeit mit Höhen und Tiefen, mit vielen Erlebnissen und netten Begegnungen. Wir hoffen unser Seglerleben noch lange leben zu können, die Liste unserer Wunschziele ist noch sehr lang und kann durchaus mit Leichtigkeit mehrere Jahre füllen.

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