Wir wollten schon längst Sizilien verlassen haben, doch das gute Wetter lässt noch auf sich warten. So beschließen wir die Ostertage noch in Licata zu verbringen. Eine gute Entscheidung, denn die hiesigen Osterprozessionen sind es wert. Vor Ostern wird erst die Heilige der Fischer in einer Barfußprozession von einer Kirche in die andere getragen. Die Menschen die hier Abbitte leisten indem sie daran teilnehmen, haben danach oft blutige Füße. Beim Verlassen der Kirche ertönen alle Schiffshörner, das ist ergreifend. Ab Karfreitag werden Jesus und Maria in verschiedenen Prozessionen von einer Kirche in die andere getragen, alles folgt einem vorgegebenen Ritual. Die Stadt ist geschmückt, die Stimmung ist entspannt. Man trifft sich, man isst und feiert gemeinsam, die Menschen durchleben zusammen Jesus´ Leidensweg. Ein ergreifendes Spektakel, auch für Nichtkatholiken.
Christine und Thomas besuchen uns für ein paar Tage über Ostern und gemeinsam erleben wir diese eindrucksvollen Tage und haben gemeinsam viel Spaß!
Nun wird es ernst, wir verlassen Licata. Ein komisches Gefühl unser „heimeliges Nest“ nach sieben Monaten zu verlassen, aber auch befreiend – endlich wieder auf dem Meer hinaus, endlich wieder segeln!
Die Überfahrt nach Malta klappt gut, unsere neuen Segel sind eine Wonne, da hat die Stader Segelwerkstatt wirklich gute Arbeit geleistet und uns super beraten!
Wir laufen zunächst Gozo an, die kleine Insel nördlich von Malta.
Die Ankerbuchten, die wir uns laut Karte ausgesucht haben, erweisen sich in der Realität als unpassend, wie so oft! Also fahren wir eine Bucht nach der anderen ab, doch entweder sind sie zu eng, oder sie sind mit Bojen ausgelegt, oder der Wind weht auflandig (was kein entspanntes Ankern erwarten lässt!). Hm! Also gut, es bleibt uns nichts anderes übrig als direkt vor der Hafeneinfahrt von Mgarr zu ankern. Doof, weil hier sehr viel Schiffsverkehr mit entsprechendem Schwell herrscht, aber gut, weil wir dort relativ gut geschützt vor dem starken Wind sind. „Der Wind auf Malta ist speziell“ hatte man uns gesagt. In der Tat, der Wind hat es in sich, außerdem ist er ständig wechselnd und entspricht oft nicht der Vorhersage.
Überhaupt ist Malta speziell. Wir wissen nicht viel über Malta, außer das es mitten zwischen Europa und Afrika liegt, daher die wechselnden Winde und der Regen ist angereichert mit rotem Sand aus der Sahara. Mojito sieht nach den Regenschauern schlimm aus, der Sand saugt sich überall fest, das lässt sich leider nicht ändern, das zu beseitigen würde zu viel Wasser kosten.
Wir erkunden Gozo, so weit die Windbedingungen dies zulassen. Wenn zu viel Wind weht, wollen wir Mojito nicht alleine am Ankerplatz lassen, das ist uns zu riskant.
Per Bus geht es dann schließlich nach Victoria, der kleinen Inselhauptstadt von Gozo, eigentlich eine große Festung.
Schnell wird klar, diese beiden Inseln wurden in ihrer Geschichte ständig überfallen. Gefühlt waren alle Völker einmal hier. Der arabische Einfluss spiegelt sich in der Sprache und in der Architektur wieder. Die Sprache hört sich wie Arabisch an, wird aber mit lateinischen Buchstaben geschrieben, das ist komisch zu lesen. Die Straßen heißen hier „Triq“, klingt lustig.
Es gibt nicht nur unglaublich viele Festungen hier, sondern auch sehr, sehr viele Kirchen und Kathedralen. Der Einfluss der katholischen Kirche war wohl sehr stark, wahrscheinlich durch die Ritter des Johanniterordens, die sich im Mittelalter hier ansiedelten und schließlich den Malteserorden gründeten.
Später übernahmen die Briten die Herrschaft über Malta, daher wird hier Englisch gesprochen und links gefahren (was uns beim Überqueren der Straßen immer wieder in gefährliche Situationen bringt, schwitz!). Überhaupt ist alles wieder „very british“, das Essen, die Lebensart, das Publikum.
Heike und Klaus ankern neben uns und fragen, ob wir Lust haben im Ort essen zu gehen. Klar, gern!
Doch da kommt schon die Ernüchterung: das Essen ist qualitativ schlecht und preislich hoch, wir sind nicht mehr in Licata, das wird uns schmerzhaft bewusst! Aber der gemeinsame Abend wird trotzdem schön und kurzweilig. Wir sind tatsächlich die letzten Gäste, die Restaurants und Kneipen schließen schon um 22 Uhr! In Sizilien waren wir stets die ersten Gäste, da ging das Abendleben erst um 22 Uhr los!
Es dauert nicht lange, da kommen Frank und Eva auf Malta an und ankern auch neben uns, danach kommen noch Alain und Fabiola und noch zwei weitere bekannte Boote, alle sind Überwinterer aus Licata, wie nett!
Wir wechseln die Buchten und besichtigen die Ortschaften, es ist sehr touristisch, Hotelburgen überall. Die Preise sind saftig, die Malteser scheinen die Touristen während der Saison gnadenlos melken zu wollen. Das muss dann wohl für das ganze Jahr reichen!
Wir wechseln unseren Standort nach Valetta, immer auf der Suche nach windgeschützten Plätzen. Der Wind ist heftig und kalt, es ist keine Freude.
Als wir in die Bucht von Valetta einlaufen, sehen wir schon drei Kreuzfahrtschiffe an der Pier liegen, oh Schreck!
Unsere Befürchtungen bewahrheiten sich in Valetta. Die Stadt ist angereichert mit Kreuzfahrttouristen, die leider immer eine große Unruhe mitbringen. Schließlich muss alles an einem Tag besichtigt werden, das Schiff läuft meistens Abends wieder aus, zum Verweilen bleibt da keine Zeit! Die Geschäftsstraßen bestehen hauptsächlich aus austauschbaren Modeketten oder Touristen-Nippes, alle sind auf das schnelle Geld aus.
Auch die Eintrittsgelder sind nicht von Pappe, da müssen wir schon mal tief durchatmen.
Aber…, Gerrit kommt tatsächlich zum ersten Mal in den Genuss der Seniorenermäßigung, hat doch Vorteile 60 zu sein! Etwas beleidigt bin ich als der Kassierer mich tatsächlich auch fragt, ob ich 60 bin…! Natürlich verneine ich entschieden. Gerrit kann es nicht fassen, dass wir nur wegen meiner Eitelkeit 4,- € mehr bezahlen müssen. Ich kann es nicht glauben, dass ich tatsächlich für 60 durchgegangen wäre, pöh!
Beeindruckt sind wir von der Sacra Infermeria, dem modernsten Krankenhaus im 16. Jhdt. Die Ritter unterhielten dieses Krankenhaus mit über 1000 Betten und erstaunlich hohen Hygienestandards. Auch wenn mir die eine oder andere Behandlungsmethode aus heutiger Sicht etwas fragwürdig erscheint. So wurden z.B. Schusswunden mit siedendem Öl ausgebrannt und als guter Chirurg galt der, der schnell operieren konnte, da es keine Anästhesie gab (schluck!). Jeder, egal ob Adeliger, Gefangener oder Moslem, wurde hier aufgenommen und behandelt. Wie edel!
Wir besichtigen auch einen der zahlreichen Bunker in den Grotten, in denen die Bevölkerung Schutz vor den Bomben der Deutschen und Italienern während des zweiten Weltkrieges fanden. Die Deutschen wollten Malta haben. Für den Afrika-Feldzug war dies strategisch von großer Bedeutung. Für die Bevölkerung war es eine große Leidenszeit, ich mag es mir nicht vorstellen.
Heute glänzt Malta wieder, ist Unesco Weltkulturerbe und beherbergt unzählige Touristen.
Für uns war es interessant, aber unsere Lieblingsinsel wird Malta nicht, zu touristisch. Wir freuen uns wieder nach Südsizilien zu segeln. Das ist die passende Route um dann weiter nach Kalabrien zu segeln.
Es wird ein super entspannter Segeltag, mit wenig Wind, dafür aber passend für unseren Parasailor, unser Leichtwindsegel, perfekt für achterliche Winde.
Wir steuern zunächst das südliche Kap Siziliens an, das Capo Passero. Hier bekommen wir am nächsten Tag überraschend Besuch aus der Krummhörn, unserer Heimat. Hansi und Marie machen hier Urlaub und besuchen uns an Bord. Wir verbringen den Tag zusammen und haben uns viel zu erzählen. Wie schön uns hier zu treffen!
Weiter geht es nach Syrakusa, eine interessante Stadt mit vielen Sehenswürdigkeiten. Doch auch hier merkt man, dass die Stadt auf Touristen ausgerichtet ist. Die Preise sind auch hier sehr hoch und die Qualität eher dürftig. Wir probieren mehrere Gelaterien aus, doch kein Eis schmeckt so gut wie in der „DolceVita“ in Licata.
Licata war wahrlich keine „Liebe auf den ersten Blick“, aber wir wissen es nun zu schätzen, dass wir dort das authentische Sizilien und seine Bewohner kennen lernen durften. Was für ein Glück!
Wir ankern in der riesigen Bucht von Syrakusa, wieder umgeben von bekannten Booten aus Licata, man fühlt sich heimisch, sehr familiär!
In Syrakusa wird das St.Lucia-Fest gefeiert, so wie in Schweden. Dieses Fest wird sonst nirgends auf Sizilien gefeiert, nur hier in Syrakusa. Gefeiert wird im Dezember und im Mai. Unser Glück, denn wir kommen in den Genuss eines fantastischen Feuerwerkes. Dafür liegen wir in der Bucht in der ersten Reihe und können es vom Wasser aus bestaunen. Im Hintergrund die malerische Altstadt. Es ist wahrlich das schönste Feuerwerk dass wir je gesehen haben, wow!