Mojito wird endlich wieder ein Segelboot

Nachdem wir von der  Dijksgracht in Mallorca in Palma de Mallorca abgeladen wurden, mussten wir uns zunächst wieder in Europa akklimatisieren. Zwei Tage haben wir  in der Marina „La Lonja“ verbracht, um Mojito nach der Atlantiküberquerung abspülen zu können und die Lebensmittelvorräte wieder aufzufüllen.

Nach unserem Anlegemanöver kommt unser deutscher Nachbar und gratuliert zum, seiner Meinung nach, perfekten Anlegen, doch, so sagt er, das ist ja auch mit so einem Motorkatamaran viel einfacher als mit seinem Segelboot! Oha, nun wird es aber wirklich Zeit wieder einen Mast zu bekommen…!!

Wir müssen zuerst hier einklarieren, eine neue Regelung, die uns von dem Agenten der Reederei während der Überfahrt gemailt wurde. Auch wurden wir angewiesen, den Nachweis zu erbringen, dass das Boot innerhalb der letzten drei Jahre in Europa war, andernfalls müssten wir das Boot neu versteuern!

Wie?? Neu versteuern? Die Mehrwertsteuer wurden doch beim Kauf des Bootes bezahlt, ob wir nun Europa verlassen oder nicht. Nach unserem Rechtsempfinden ist das doch Diebstahl, bezahlt ist bezahlt, ob wir dann mal weg sind ist doch egal? 

Liebes EU-Finanzministerium, ich kann ja verstehen, dass Europa Geld braucht, doch solltet ihr noch mal drüber nachdenken, ob euer Erlaß wirklich gerechtfertigt ist! Die großen Luxusyachten sparen sich gleich die Mehrwertsteuer und führen dann die Flagge von Malta, Guernsey oder anderen steuerfreien Ländern, wo bleibt da die Gerechtigkeit?? Da solltet ihr vielleicht noch einmal in euch kehren…!

Na ja, wir haben jedenfalls reichlich Zeit alte Rechnungen zu suchen, die dann beweisen, dass Mojito in Europa war. Da bin ich doch ein klein wenig stolz auf meinen Mann, der gerne scheinbar nutzloses Zeug sammelt, doch nun war es sehr nützlich! Ich werde nie wieder Gerrit fragen, weshalb er all diese alten Rechnungen aufhebt, puh, Glück gehabt!

Unsere zweite Hürde ist das Einklarieren: diese neue Regelung ist so neu, dass die zuständigen Behörden selbst nichts davon wissen!

Ja, in der Tat: wir sind wieder in Europa!! Nun ja, nach einigem hin und her wissen die Mitarbeiter der Behörde nun auch wie es geht und wir halten die notwendigen Papiere in der Hand, endlich!

Zunächst sind wir mit unserer Ankunft in „der schönen Welt“ von Palma etwas überfordert! Die Menschen sind so schick gekleidet, die Häuser sind so schön restauriert, es gibt schicke Restaurants, es ist so viel anders als in der Karibik. Plötzlich geht es nicht mehr darum möglichst luftige Kleidung zu tragen, nein, wir müssen wieder mehr auf Etikette achten! Gehörten die Flipflops in der Karibik zu unserem Lieblingsschuhwerk, so wählen wir hier doch wieder richtige Schuhe, willkommen im Schickimicki!!

Palma de Mallorca

Palma ist immer wieder schön und die Marina, direkt unter der Kathedrale, hat eine perfekte Lage um die nötigen Einkäufe zu erledigen. Wir staunen über das überbordende Angebot an Essen in den Markthallen, es wirkt noch fremd, doch nach kurzer Eingewöhnung genießen wir die Köstlichkeiten.

Danach ankern wir ein paar Tage in S´Arenal, wir wollen uns mit Franz treffen, die dritte Privilège im Bunde, mit gebrochenem Mast. Sein Mast ist auf Teneriffa repariert worden und er ist nun auf dem Weg nach Griechenland. Wir hatten bislang nur Email-Kontakt und wollen uns mal persönlich kennenlernen und den neuen Mast bewundern. Wir sind ja über die Monate zu einer kleinen „Community“ herangewachsen: „die mit den gebrochenen Masten“ – das schafft Verbindung..!

Ankern in der Bucht von S`Arenal, Mallorca
Franz kommt mit seinem Katamaran „Swiss Mocha“ längsseits

Die Firma „Seldén“ hat unseren neuen Mast in Produktion und uns Port Ginesta, südlich von Barcelona, für das Maststellen empfohlen. Das passt uns perfekt, so können

wir noch in Ruhe  die Südwest- und dann die Nordwestküste von Mallorca hochfahren und diese wunderschöne Landschaft genießen.

traumhafte Wanderung, selbst mit Nieselregen, durch Olivenhaine auf Mallorca

In Soller warten wir auf das passende Wetter um  die 90 sm  Richtung Barcelona problemlos zu meistern. Das Warten belohnt uns mit einer traumhaften Überfahrt, gemeinsam mit Delfinen, zwei Pottwalen, einem Mondfisch und einer Schildkröte!

In Port Ginesta nutzen wir die strategisch günstige Lage zum Flughafen und fliegen für 14 Tage nach Deutschland um Familie und Freunde zu besuchen.

gemeinsamer Inseltag auf Norderney mit Amei und Neels
das Nordseewasser ist schön aber kalt!

Unser neuer Mast ist angeliefert! Nun kann es losgehen!

der neue Mast, in Einzelteile zerlegt, ist angeliefert
Christian und Marcel haben den Mast zusammengebaut

Christian und Marcel, die beiden Rigger aus Österreich, reisen morgens an und beginnen bei schweißtreibenden Temperaturen den Mast zusammenzubauen.

Am nächsten Tag kommt der Autokran und stellt den Mast auf das Boot, die Wanten werden montiert und fixiert. Es wird unermüdlich gearbeitet, bis spät in die Nacht. Leider reicht die Zeit nicht, Christian und Marcel haben ihren Rückflug schon gebucht, nach unserer Meinung etwas zu früh, es ist nicht alles fertig. Gut dass Gerrit technisches und handwerkliches Geschick besitzt, ich weiss nicht wie es sonst gegangen wäre! Außerdem erweist sich Ivan, der Seldén-Vertreter in der Marina, als professionelle Hilfe und der liebe Martin von der Nachbaryacht, ein IT-Fachmann, hilft beim Anschließen der Navigation. Was für ein Glück, dass man immer wieder auf so nette Menschen trifft!

der Autokran hebt den Mast

Natürlich müssen wir die Nähe zu Barcelona nutzen und verbringen dort einen Tag mit ausgiebigem Sightseeing, ein lohnendes Erlebnis! Aber die heiße Sommerzeit scheint uns „Landmenschen“ nicht wirklich dafür geeignet um eine, von Touristen überfüllten, Stadt zu besuchen, da werden wir lieber in der Nebensaison wiederkommen!

Unsere neuen Segel werden von der Stader Segelwerkstatt geliefert und sind perfekt! Klaas, der Segelmacher, hatte uns ein Tag besucht und alles vermessen. Dann haben sie sich alle Mühe gegeben um die Segel termingerecht vor ihrem Betriebsurlaub zu fertigen und zu verschicken. Eine tolle Arbeit und wirklich sehr bemüht, wir können das Team der Stader Segelwerkstatt nur loben! Ebenso können wir die Firma „Seldén“, besonders Herrn Matthiesen, loben, für die sehr gewissenhafte Berechnung für unseren neuen Mast. Die Wanten passten ihrer Meinung nach nicht hundertprozentig, also wurden neue Wanten per Expresslieferung geschickt und nochmals getauscht. Das gesamte Rigg sieht sehr vertrauenswürdig aus, das gibt ein gutes Gefühl!

der neue Mast, noch ohne Baum
Mast, Baum, Segel – alles dran!

Unser italienischer Nachbar Giovanni bringt uns ein fabelhaftes Thunfisch-Carpaccio, ein geheimes Familienrezept, es schmeckt einfach göttlich!

Doch trotz der netten Freundschaften hier in Port Ginesta treibt es uns weiter, wir wollen endlich wieder frei sein und segeln, fünf Monaten nach dem Mastbruch!

Doch es ist Mistral gemeldet und wir müssen vorher den Löwengolf durchqueren, das heißt wir müssen eine Nacht durchsegeln, also los!

Leider können wir nicht segeln, da wir nicht einmal den gemeldeten Wind haben, also wieder motoren, so ein Jammer!

Dafür fangen wir unterwegs unseren ersten Thunfisch, er ist so groß, dass wir großzügig mit Neptun teilen, damit wird er uns in Zukunft hoffentlich wohl gesonnen sein!

unser erster Thunfisch!

Der Thunfisch wird filetiert, teilweise vakumiert und ein Teil eingekocht, da bin ich mal gespannt…! Auf jeden Fall gibt es jetzt Thunfisch satt!!

Wir erreichen die Französische Küste vor dem Mistral und sind von der Côte d`Azur angenehm überrascht. Eine wunderschöne Landschaft zeigt sich mit der Inselgruppe „Îles d´Hyères“ und der Halbinsel „Presqu´île de Giens“, wir finden fantastische Ankerbuchten vor. Frankreich ist Weltmeister geworden, die Stimmung ist super, nun kann das Seglerleben wieder losgehen!

Ankerbucht Île de Porquerolles an der Côte      d´Azur
Mojito ist endlich wieder ein Segelboot!

 

Die unglaubliche Geschichte von Mojito und Corto

Wie bereits versprochen, folgt hier die unglaubliche Geschichte, die uns und „Mojito“ mit Albert und seinem Katamaran „Corto“ verbindet und die für viel Geprächsstoff und ungläubige Gesichter in Le Marin gesorgt hat:

Die Geschichte beginnt in der Ankerbucht „Grande Anse“ in Martinique, im Januar diesen Jahres:

Nicht weit von uns ankerte „Corto“, auch eine Privilége 445, die gleiche Bauart wie „Mojito“. Da nur es nur acht baugleiche Katamarane Privilége 445 in Eignerversion, also mit drei Kabinen, gibt, war es eine kleine Sensation uns hier zu treffen.

Also machten wir uns mit unserem Dinghy auf den Weg und sprachen den Eigner von „Corto“ an, das war der Beginn einer wunderbaren Freundschaft mit Albert, ein Franzose mit italienischen Wurzeln.

Im Gespräch stellte sich heraus, das „Corto“ die Baunummer 1  und „Mojito“ die Baunummer 6 ist. Mojito ist ein Jahr jünger.

Albert lebt schon seit mehreren Jahren in der Karibik, er hatte ein Haus auf St.Martin, welches leider durch den Hurrican „Irma“ letztes Jahr zerstört wurde. Er hatte nun den Plan sein Haus wieder aufzubauen und erzählte uns über all die Hurrican-Schäden, die wir auf den nördlicheren Inseln noch zu sehen bekommen würden.

Zu diesem Zeitpunkt war unser Plan, nach St. Martin zu segeln um ein Ersatzteil für unseren Generator abzuholen, den die Firma „Whisper Power“ dort für uns hinterlegt hatte. 

Albert war so nett und fertigte uns eine detaillierte Karte von St. Martin an, mit vielen Tipps, wo wir was finden können und einige Kontaktadressen. Es sollte nicht leicht werden, dort herrscht absolutes Chaos, so Albert.

Albert fing noch ein paar leckere Lionsfische für uns, bevor wir uns einige Tage später voneinander verabschiedeten. Wir wollten erst in den Norden von Martinique und dann nach Guadeloupe, wo wir unseren Sohn Neels erwarteten und zwölf wunderbare Tage zusammen verbrachten. 

Dann kam der 13.Februar!

Neels war wieder abgereist und wir wollten zunächst in Richtung Montserrat segeln und danach St. Martin ansteuern.

Der Wetterbericht meldete Windstärke 5 – 6 Bft., das bedeutet aber auch zwischen den Inseln Böen von 7-8 Bft. Wir bereiteten uns entsprechend vor und beschlossen sicherheitshalber unsere Segel zu reffen (d.h. verkleinern). Wir wählten das zweite Reff für das Großsegel und wir wählten als Vorsegel die kleinere Fock, auch die 30 % gerefft. 

Nördlich von Guadeloupe brach dann, aus damals für uns unerklärlichen Gründen, der Mast. Wir mussten das gesamte Rigg im Meer versenken und kehrten geschockt nach Guadeloupe zurück.

Später schickten wir eine Nachricht an Albert um ihn über unser Unglück zu informieren. Und nun kommt die unglaubliche Geschichte, die eine Gänsehaut verursacht:

Albert rief uns sofort an, ich dachte um uns zu trösten, aber er sagte:“du wirst es nicht glauben, aber mir ist genau das gleiche widerfahren!“

Am 13. Februar um 10 Uhr morgens ist bei beiden Katamaranen gleichzeitig der Mast gebrochen, wir waren aber fast 400 Km voneinander entfernt!

Als Albert uns angerufen hat, befanden wir uns schon auf dem Weg zurück nach Martinique, für uns der nächstgelegene Ort um einen Katamaran reparieren zu können, das gleiche galt auch für Albert, der von St. Lucia kam.

Diese Geschichte sollte doch eigentlich genügend Stoff für eine Mysterie-Serie sein – wir sind für entsprechende Angebote offen, haha!!

Aber wie sagte unser Freund Christoph so treffend: „rein statistisch gesehen, kann es kein Zufall sein“.

Wie recht er hatte! Einige Wochen später erfuhren wir von einer weiteren Privilége aus der Schweiz, ähnlicher Bauart, mit gleichem Mast, die unter ähnlichen Bedingungen einen Mastbruch vor den Kanaren erlitten hatten und nun auf Teneriffa festsaßen. Eigentlich wollten auch sie den Atlantik überqueren, warteten nun aber auf Teneriffa auf den neuen Mast.

Mittlerweile wissen wir von zahlreichen Mastbrüchen, besonders beim Hersteller „Maréchal“, eigentlich ein namhafter französischer Hersteller. „Maréchal“ kennt das Problem will aber keine Verantwortung übernehmen.  „Privilége“ (auch ein namhafter Hersteller), nun aber von „Hanse“ übernommen, kann unsere Empörung nicht verstehen, gibt sich ahnungslos.

Obwohl der Chef der Rigging-Firma in Le Marin in Party-Plauderlaune ganz klar das Problem benennt und auch die Gutachter wissen, dass die Ursache für den Mastbruch bei den fließenden (nicht fixierten) Wanten liegt, werden die Eigner nicht informiert. Ein Autohersteller wäre in so einem Fall verpflichtet zu handeln, warum nicht der Masthersteller?

Diese Wanten nachträglich zu fixieren dürfte keine 1000,- € kosten und würde den Versicherungen viel Geld sparen. Doch „Privilége“ unternimmt nichts – was uns sehr enttäuscht und „Maréchal“ zeigt sich als sehr arrogant ohne jegliches Entgegenkommen. Wir finden diese Haltung kriminell, hätten wir kein Hardtop, wäre der schwere Baum auf Gerrit gefallen. Wenn man den am Hardtop verursachten Schaden sieht, mag ich es mir nicht vorstellen, was dann passiert wäre!

Die arrogante Haltung und den Vertrauensverlust zu „Maréchal“ hat uns dazu bewogen den Hersteller zu wechseln. Die Firma „Sélden“ hat den Mast für „Mojito“ neu berechnet und wir bekommen nun zwei Salinge mit fixierten Wanten. Ein gutes Gefühl!

Wir haben mehrere Wochen gemeinsam mit Albert und „Corto“ in Le Marin geankert und haben für viel Gesprächstoff gesorgt – die beiden Zwillinge ohne Mast! Es hat kein gutes Bild auf „Maréchal“ und „Privilége“ geworfen und viel Verunsicherung bei den übrigen Privilege – Eignern verursacht.

Aber in dieser Zeit hat sich eine wunderbare Freundschaft mit Albert entwickelt. Wir haben uns gegenseitig unterstützt, in Tiefpunktphasen aufgefangen und wir haben trotz allem sehr viel miteinander gelacht!

  

Mojito mit gebrochenem Mast auf Backbord
der Mast liegt im Wasser und ist noch durch das Rigg mit Mojito verbunden, eine bedrohliche Situation für den Rumpf
„Corto“ mit beschädigtem Rumpf, der Mast hat ein Loch in den Rumpf geschlagen, zum Glück über der Wasserlinie!
die „Zwillinge“ Corto und Mojito in der Bucht von Le Marin, beide ohne Mast

die Erklärung für den Mastbruch: die Wanten sind nicht an den Salingen fixiert
wir haben viele nette Stunden mit  Albert verbracht