Kalabrien und die Liparischen Inseln

Wir wissen nicht wirklich ob wir heute Griechenland verlassen. Wir haben noch einen langen Weg ins westliche Mittelmeer, die Wetterprognose für die nächsten Tage sagt starke Winde aus der Adria voraus, denkbar schlecht für uns um nach Italien zu kommen. Schon auf der Herfahrt hatten wir diese unangenehme seitliche Welle aus der Adria, bitte nicht schon wieder!

Was machen wir? Wagen wir die Überfahrt…? Reicht der Wind zum Segeln…?

Als wir den Kanal von Lefkas verlassen, spüren wir den Wind. Es könnte passen, also los…! Sollte der Wind passen, dann wollen wir so weit wie möglich in Richtung Straße von Messina segeln, das bedeutet zwei Tage und zwei Nächte durchsegeln. Wenn der Wind passt, dann ist es kein Problem. Doch leider dreht der Wind dauernd, manchmal ist er ganz weg, dann ist er wieder da… Für uns bedeutet es dauernd Segel rein, Segel raus, Motor an, Motor aus….! Dazu wieder diese unangenehme seitliche Welle, mir ist etwas flau im Magen. Wir ändern unseren Kurs, vielleicht wird es besser.

Nachts hören wir über Funk eine Sturmwarnung für unseren Kurs. Wir checken die Wetterdienste und tatsächlich, der Wind von der Adria hat gedreht und kommt nun über die Fußspitze von Italien mit Windstärke 7 bis 8. Upps, dazu haben wir nun überhaupt keine Lust und dann auch noch diese blöde Welle, also beschließen wir den Kurs gänzlich zu ändern, eine Nacht vor Crotone in Kalabrien zu ankern und wenn das Wetter sich beruhigt hat, weiter zu segeln. Unsere Kurslinie sieht dementsprechend chaotisch aus, aber egal, Sicherheit und Komfort für Crew und Schiff gehen vor, so lange es die Option gibt den Kurs zu optimieren, dann tun wir es.

Das hat uns das Seglerleben gelehrt: man muss flexibel sein!

Am nächsten Tag geht es gemütlich weiter und nach einer Übernachtung in Rocella Ionica segeln wir entlang der schönen Küste von Kalabrien bis zur Fußspitze Italiens.

Als wir schließlich wieder den Ätna sehen, ist es als würden wir einen alten Kumpel treffen. Wie schön er aussieht im rosarotem Morgenlicht mit seiner Wolke am Gipfel, die scheinbar zu ihm gehört. Hallo alter Freund, schön dich wieder zu sehen!

Die Nacht verbringen wir vor der Stadt Reggio di Calabria, sie ist keine Schönheit, aber der Anker hält und eine Alternative gibt es nicht. Morgen wollen wir früh starten und den perfekten Tide-Strom für die Straße von Messina nutzen. Wir sind schon sehr gespannt und auch etwas aufgeregt.

Diese Durchfahrt ist schon speziell, da treffen das Tyrrhenische und das Ionische Meer aufeinander. Beide haben unterschiedliche Hoch- und Niedrigwasserzeiten. Außerdem ist das Wasser des Tyrrhenischen Meer wärmer und enthält weniger Salz als das im Ionischen Meer. Das führt zu unterschiedlicher Dichte und damit zu wechselnden Strömungen, Verwirbelungen und Strudeln.

In der Antike galt diese Durchfahrt als extrem gefährlich, Odysseus und seine Männer fürchteten sie sehr. Der Legende nach wohnte auf der Festlandseite Skylla in einer Höhle in den Klippen. Sie hatte zwölf Hundefüße und sechs Hundeköpfe, mit denen sie sich alles Leben griff, das die Straße von Messina passieren wollte, ob Delfine, Schwertfische oder Matrosen.

Auf der gegenüberliegenden Seite wohnte Charybdis, die dreimal am Tag das Wasser aus der Straße von Messina schluckte und wieder ausspie. Schiffe die in ihren Sog gerieten waren hoffnungslos verloren.

Tatsächlich können wir zahlreiche Verwirbelungen auf dem Wasser  erkennen. Trotz auflaufendem Wasser haben wir Gegenstrom. Wir checken noch einmal den Gezeitenkalender, es stimmt alles, nur der Strom nicht. Wie kann das sein??

Wir ändern den Kurs und fahren etwas weiter in die Mitte, da schlägt tatsächlich der Strom um und wir werden getragen, ein schönes aber auch ein verwirrendes Gefühl. 

die Straße von Messina, wir sind nicht gefressen worden, welch ein Glück!

Es ist eine vielbefahrene Schifffahrtsstraße, es fahren viele Frachtschiffe und Fähren, man muss sehr achtsam sein. Eindrucksvoll sind die speziellen Kutter zum Schwertfischfang, den es hier scheinbar noch gibt. Der Schwertfisch schläft tagsüber nahe der Wasseroberfläche und die Fischer jagen ihn mit speziellen Booten, den Passerella-Booten. Diese Boote haben einen 20 m hohen Mast mit einem Ausguck, in welchem ein oder zwei Mann in luftiger Höhe sitzen. Nach vorne gibt es einen ca.  15-20 m langen Arm mit der Harpune und dem Harpunierer in Stellung. Aufgrund dieser Konstruktion können diese Boote nur bei extrem ruhigen Wetter gefahren werden. Ich wäre auch bei ruhigem Wetter garantiert seekrank und wir haben Zweifel ob diese Boote in Deutschland zugelassen wären. Die Berufsgenossenschaft hätte garantiert, und zu Recht, ihre Einwände. Für uns bietet sich dennoch ein interessantes Schauspiel.

die Passerella-Boote, oben sitzen die Männer im Ausguck, vorne im langen Arm der Harpunier

Wir haben die Durchfahrt geschafft und sind nicht gefressen worden, ein wenig stolz sind wir schon!

Weiter geht es an der Nordküste Kalabriens, der Costa Viola. Hier gibt es wieder türkisblaues Wasser, eine sehr grüne Küstenlandschaft, schöne Strände umrahmt von Felsklippen. Wir genießen hier endlich wieder das wunderbare italienische Eis, wir haben es so sehr vermisst! In dieser Gegend Kalabriens ist  die Eispezialität der Tartuffo. Es gibt ihn in unterschiedlichen Variationen: da gibt es zum Beispiel  den Tartuffo Bianco, ein cremiges Vanilleeis mit einem schmelzenden Kaffeekern und einer Krokanthülle, oder den Tartuffo al Limoncello aus Zitroneneis mit einem Kern aus in Limoncello getränkten Biscuit, oder den Tartuffo Nero mit einem Schokoladenkern und, und, und… ! Köstlich, wir sollten sie alle probieren, es gibt noch mehr Kreationen!!

Tartuffo al Limoncello…. sooo lecker!
die Costa Viola, Kalabrien
es ist voll, Hauptsaison im August, Blick auf Tropea
die schönen Gassen von Tropea

Gerrit muss zu einem wichtigen Termin nach Deutschland fliegen, dafür werden Mojito und ich für ein paar Tage in einer Marina „geparkt“! Bei diesen Temperaturen ist es eigentlich nicht erstrebenswert im Hafen zu schwitzen, aber alleine an Bord könnte ich nicht auf plötzliche Wetterkapriolen reagieren um, falls erforderlich, einen neuen Ankerplatz suchen. Also geht es nach Vibo Marina, von hier ist es nicht weit zum Flughafen und die Marina ist bezahlbar. Eigentlich will ich diese Zeit nutzen um diverse Arbeiten an Bord zu erledigen. Ich habe mir vorgenommen das Boot zu putzen und unsere Wäsche zu waschen, da wir hier unbegrenzten Zugang zum Frischwasser haben, was für ein Luxus, dann hat unser Wassermacher mal Pause! Was ich nicht einkalkuliert habe, ist das enorm heiße Wetter, das hier im August an der Küste Kalabriens herrscht. So entwickelt sich dieser Aufenthalt für mich zu einer Tortur, die Temperaturen steigen täglich auf 33 – 35 Grad, kein Wind weht, auch ohne Bewegung ist man ständig verschwitzt. Da hilft auch kein Tartuffo-Eis! Ich beneide Gerrit um seinen Deutschlandbesuch und sehne mich nach dem norddeutschen Schmuddelwetter, mit all seinen Grautönen, ein Regenschauer wäre jetzt ganz oben auf meiner Wunschliste!

Ich beobachte die Italiener auf den Nachbarbooten und bin etwas irritiert. Alle gehen sehr sorglos mit dem Frischwasser um, und die Familie direkt neben uns schlägt alles. Sie haben zwei Wasserschläuche gleichzeitig in Beschlag und berieseln sich und sämtliche Gegenstände den ganzen Tag mit Frischwasser. Demnach müssen die Italiener über eine unbegrenzte Frischwasserquelle verfügen, von der wir alle nichts wissen, unglaublich!

So schön Kalabrien auch ist, die Temperaturen sind unerträglich und ich sehne mich danach diese Marina so schnell wie möglich  wieder zu verlassen.

Auf dem Weg zurück nach Vibo Marina steigt Gerrit versehentlich eine Station zu früh aus und landet in Pizzo. Ziemlich verlassen steht er am Bahnsteig und fragt einen Mann vor dem Bahnhof, ob es einen Bus oder ein Taxi nach Vibo Marina gibt. Der Mann, der sich eigentlich gerade gemütlich eine Zigarette drehen wollte, verneint und meint „um diese Zeit gibt es weder das eine noch das andere und ein Zug fährt heute auch nicht mehr. Die einzige Möglichkeit ist Autostop.“ Da er nur wenige Brocken Englisch spricht, gibt er Gerrit zu verstehen, ihm zu folgen. Er hält an der Hauptstraße einen Bus an, der schon außer Dienst ist, und erklärt dem Fahrer die Situation von Gerrit. Kein Problem, er kann mitfahren und wird gleich in Vibo Marina abgesetzt. Das ist Italien, so nett und unkompliziert, einfach liebenswert!

Abends beobachten wir vom Boot aus mehrere Flächenbrände am Festland, greifbar nah. Wir scheinen aber die einzigen zu sein, die es beunruhigt, niemand scheint sich zu kümmern. Das Feuer frisst sich schmatzend durch die Natur und verschlingt Bäume und Büsche in atemberaubender Geschwindigkeit. Nach gefühlter Ewigkeit hören und sehen  wir ein (!) Feuerwehrauto. Es fährt mit Blaulicht und Sirene von einem Feuer zum anderen, wendet und fährt wieder zurück ohne irgendeinen Löschversuch zu starten. „Na ja“ meint Gerrit, als wir dem Geschehen etwas ratlos zusehen „man kann nicht sagen, sie haben nichts gemacht. Sie haben schließlich geguckt.“ Stimmt! Haha!

Doch wir trauern um all die Zikaden und anderen Lebewesen die dabei umkommen, am nächsten Tag sehen wir die verbrannte Landschaft wie eine klaffende Wunde, sehr traurig.

es brennt

Wir möchten zu den Liparischen Inseln, am liebsten segeln, doch das ist ein hochgestecktes Wunschdenken im Mittelmeer! Der Wind sieht im Wetterbericht gar nicht so schlecht aus, es könnte sich entwickeln. Es ist zu wenig Wind vorhergesagt und wir müssen hart am Wind segeln, kein schöner Kurs, aber mit Glück dreht der Wind ein wenig und dann wäre es perfekt.(wie oft haben wir das schon gedacht?!) Die Wirklichkeit sieht natürlich wieder anders aus. Erst geht es gemächlich los,  mit etwas zu wenig Wind, okay, dann eben Motorunterstützung. Auf den letzten Drittel der Strecke nimmt der Wind an Stärke zu, erreicht Windstärke 6, (viel mehr als gemeldet), das wäre noch alles noch okay wenn er nicht von vorne käme. Mir kommt der Verdacht, der Windgott der Äolischen Inseln, Äolus, möchte nicht unser Freund sein. Er hat schon Odysseus das Leben schwer gemacht und nun sind wir wohl dran!

Dieses Seegebiet  von den Liparischen Inseln zur Festlandsküste bis zur  Straße von Messina nennt man das Äolische Dreieck, ähnlich wie das berüchtigte Bermuda-Dreieck. Dieses Gebiet ist schon seit der Antike berüchtigt für plötzliche Wetterumschwünge und drehende Winde, die niemand vorhersagt.

Äolus legt noch einen drauf und schickt uns zum Gegenwind noch eine hohe Welle von vorne. Jetzt ist er definitiv nicht mehr unser Freund! Diese letzten 20 sm kosten uns den letzten Nerv, wir bewegen uns zeitweise mit knapp 4 kn Geschwindigkeit (also kommen wir fast nicht von der Stelle!) und wir sind kurz vorm Aufgeben. Die Alternative wäre in Richtung Sizilien abzufallen, was bei diesen Bedingungen auch kein einfacher Kurs wäre, also weiter durchbeißen!

Der schönste Moment nach so einem Segeltörn ist, wenn man dann endlich eine Ankerbucht erreicht. Dann versöhnt man sich mit allem, sogar vielleicht mit Äolus!

Wir kommen im Süden von Isola Vulcano an, der südlichsten Insel der Äolischen Inseln. Es sind insgesamt sieben Inseln, alle sind die Gipfel von Vulkanen, von denen noch zwei aktiv sind: Stromboli und Vulcano.

Jetzt sind wir einfach nur glücklich den Anker fallen zu lassen und Vulcano zeigt sich als eindrucksvolle Erscheinung mit seinem schwarzen Lavagestein.

Dass wir vor einem aktiven Vulkan ankern, merken wir gleich am nächsten Morgen: der Cran Cratere hat wohl in der Nacht  Asche gespuckt und Mojito mit  einer dicken schwarzen Ascheschicht überzogen. Oh nein, hatte ich doch gerade in Vibo Marina den letzten roten Saharasand mühsam vom Deck abgeschrubbt und nun ist alles schwarz, es ist manchmal zum heulen!

Zudem füllt sich die leere Ankerbucht am Vormittag in atemberaubenden Tempo, vorbei mit der stillen Natur, wir ergreifen die Flucht. Leider müssen wir feststellen, dass der August wohl nicht die beste Reisezeit ist, um dieses wunderschöne Archipel zu besuchen.

Wir flüchten von einer Ankerbucht in die nächste, immer in der Hoffnung einen ruhigen Platz zu finden, leider ein unerfüllbares Wunschdenken. Wir staunen  über die große Anzahl an neuen (!) Luxusjachten, alle unter italienischer Flagge. Schon in Griechenland hat uns die große Anzahl an Luxusjachten erstaunt. Erstaunlich auch, dass trotz der sehr hohen Treibstoffpreise (besonders in Italien) solche „Spritschlucker“ sorglos bewegt werden. In beiden Ländern scheint die Gesellschaftsschere sehr weit auseinander zu klaffen, entweder sehr arm oder unglaublich reich. Doch von diesem unermesslichen Reichtum scheinen beide Staaten nicht zu profitieren, außer über die Benzinsteuer.

Es ist sehr schwierig einen geeigneten Ankerplatz zu finden, da die Küste sehr  steil abfällt und ein Ankern damit fast unmöglich macht. Die übrigen Plätze sind so stark befahren, dass es vergleichbar ist, als würde man auf dem Grünstreifen einer Autobahn sein Zelt zum campen aufschlagen. Ich glaube, dass höchste der Glücksgefühle eines italienischen Motorbootfahrer ist, mit seinem PS-starken Gefährt

in hoher Geschwindigkeit durch das Ankerfeld zu rauschen und die Jachten so richtig aufzuschaukeln, dass wir uns dann  fühlen, als wären wir  in einem Cocktailshaker. 

Wir genießen die Abende, wenn die großen und kleinen Luxusjachten eilig die überteuerten Marinas anlaufen um in den noch teureren Restaurants am Abend essen zu gehen. Dann wird es still in den Buchten und wir können diese wunderbare Natur genießen und die Stille spüren. Eindrucksvoll beobachten wir den Stromboli bei Nacht, wie er in regelmäßigen Abständen sein Feuer spuckt, was für ein Schauspiel. Es wundert nicht, dass die Seefahrer in der Antike dachten, es wäre das Fegefeuer. Unglaublich, dass der Stromboli schon seit so langer Zeit seine Lava spuckt, dass sogar Odysseus den gleichen Anblick hatte wie wir heute. Er ist wohl das älteste Leuchtfeuer des Mittelmeeres. Allerdings stellen wir fest, dass die beiden Burschen wohl keine Chance hätten eine grüne Umweltplakette zu bekommen. Da kann man nicht mal mehr von einer Feinstaubbelastung sprechen, das ist ganz klar eine Grobstaubbelastung! Mojito ist nun mehr dunkelgrau als weiß, die Vulkanasche zusammen mit dem Meersalz ergibt eine besonders klebrige Mischung, da kommt Freude auf!

der qualmende Stromboli
Stromboli, immer wieder schön!
Abendstimmung im Archipel, es kehrt Ruhe ein

Nachdem wir den Jet-Set auf Lipari, Vulcano und Panarea genügend bewundert haben, erhoffen wir ein wenig mehr Ursprünglichkeit auf den westlichen Inseln zu finden. Salina gefällt uns schon besser, die Landschaft ist sehr grün und vielfältig. Ganz besonders  entzückt uns aber Filicudi, so hatten wir uns die Inseln vorgestellt, wie schön! 

Ankern vor Filicudi
auf beiden Seiten schöne Ankerbuchten
Klettertour bei 30 Grad
geschafft!
was für ein Ausblick
Reste einer prähistorischen Siedlung auf Filicudi
der Ort Filicudi
die Apotheke
ein schönes Auto aus vergangenen Tagen
Aperitif auf Filicudi, sehr rustikal, so lieben wir es!
der Hafen von Filicudi
was für eine schöne Abendstimmung im Hafen

Noch ein kurzer Ankerstop auf der kleinsten Insel Alicudi und dann geht es nach Ustica, eine sehr schöne und grüne Insel, wenn auch mit einer finsteren Geschichte.

Die Griechen nannten sie die Knocheninsel, da 6000 karthagische Soldaten nach einer Meuterei hier ohne Wasser und Nahrung ausgesetzt wurden und einen qualvollen Tod fanden. Später wurde die Insel von Piraten bewohnt, die mit ungebetenen Besuchern nicht besonders zimperlich umgingen. Unter Mussolini kamen politische Strafgefangene auf diese Insel. 

Och.., wenn ich heute die Wahl habe zwischen Kerker und Ustica, dann muss ich nicht lange überlegen. 

Von außen sieht Ustica sehr hübsch aus, leider ist auch hier das Ankern nicht optimal da die Küste sehr  steil abfällt und unser Anker in den Steinen keinen guten Halt findet. Es ist kein Wind gemeldet, für die Nacht wird es reichen.

Die Äolischen Inseln sind auf jeden Fall sehenswert und auch wir kommen irgendwann wieder, das ist sicher, nur nicht im Juli oder August, das ist auch sicher!

Alicudi, die kleinste Insel, hier gibt es keine befestigte Straßen
Ankern vor Alicudi

Für uns heißt es morgen früh aufstehen, auf  nach Sardinien, hoffentlich mit Wind,zwei Tage und eine Nacht, dann sollten wir in Capo di Pula auf Sardinien sein.

Die Überfahrt, wie sie war..? Was soll ich sagen, wie so oft im Mittelmeer :

wenig Wind 🙁

doch dafür mit einem schlafenden Wal, direkt an der Wasseroberfläche. Wir konnten seinen grauen Rücken und seine Rückenflosse sehen und den  Blas, den er regelmäßig und eindrucksvoll versprühte, wow 🙂

Die Umrundung des Peloponnes

Nachdem wir den Kanal von Korinth durchquert haben, befinden wir uns in der Ägäis, genau genommen im Saronischen Golf. Wir segeln an der Ostküste des Peloponnes entlang und steuern die passenden Ankerbuchten an, die uns einen sicheren Schutz vor den vorherrschenden Nordostwinden bieten. So treffen wir immer wieder auf unsere französischen Freunde, Alain und Fabiola, die den gleichen Weg haben wie wir. Wir tauschen unterwegs  Informationen, über gute Buchten oder Orte die  einen Besuch wert sind, aus, oder aber wir treffen uns und verbringen kurzweilige, gemeinsame Abende in einer Taverne oder bei einem Aperitif an Bord.

Hier im saronischen Golf gibt es besonders viele Fischzuchtanlagen, sehr zu unserem Nachteil. Denn bedauerlicherweise haben diese Fischzuchtanlagen die gleichen Kriterien für ihre Standorte, wie wir zum Ankern. Die Fischzuchtanlagen brauchen windgeschützte Buchten mit nicht zu großen Wassertiefen, so wie wir. Außerdem brauchen diese Anlagen ständig neue Buchten, da sie das Wasser stark verschmutzen und für die Fischzucht unbrauchbar werden lassen. Sie ziehen dann weiter, sind häufig nicht kartiert, was für uns dann für unangenehme Überraschungen sorgt, da die angepeilte Bucht plötzlich schon „besetzt“ ist.

Es ist nicht nur dieser Standortkonflikt, der uns zunehmend kritisch gegenüber dieser Art der Fischzucht werden lässt. Wir bemerken den dramatischen Zustand der Meere, besonders Griechenland ist völlig leergefischt. Wir haben schon Skrupel unsere Angel zu nutzen oder in der Taverne Fisch zu bestellen, jeder einzelne Fisch scheint wertvoll.

Nun könnte man meinen: „na, dann ist doch gut, wenn diese Fischzuchtanlagen den Fischbestand sichern.“ Ja, so haben wir früher auch gedacht. Doch die Realität sieht leider anders aus: diese Fischfarmen verschmutzen stark das Meer (wir merken es an den Wasserfiltern unserer Entsalzungsanlage) und stellen dadurch eine Gefahr für die wenigen wildlebenden Fische dar. Wenn man sich dann auch noch vergegenwärtigt, dass über 50% dieser Fische direkt als Fischmehl in die Fleischproduktion gehen,  dann wird einem richtig schlecht. Das alles nur um unsere unersättliche Gier nach Fleisch zu stillen, darüber müssen wir alle nachdenken!

Abgesehen von dieser negativen Seite, genießen wir Griechenland in vollen Zügen.

Die Landschaft ist wunderschön, das Wasser türkisblau, die Temperaturen sind für uns Norddeutsche etwas hoch (schwitz) und was wir nicht erwartet hätten: es gibt sehr viel Platz in den Ankerbuchten, was für ein Luxus!

Gibt es interessante Kulturstätten zu besichtigen, so verlegen wir es in die frühen Morgenstunden, das ist angenehmer. 

So besichtigen wir als erstes das wunderschöne und gut erhaltene Amphitheater Epidaurus, früh morgens, menschenleer in einem wunderschönen Licht. Die Akustik ist bemerkenswert, auf jedem der 14 000 Sitzplätze kann man klar und deutlich hören, was auf der Bühne gesprochen wird. Was mir dann auch prompt eine Ermahnung von Gerrit einbringt, der auf der gegenüberliegenden Seite im Theater steht: man würde mein lebhaftes Gequassel mit Fabiola tatsächlich überall im Theater hören können. 😉 Frechheit!

Amphitheater Epidaurus

Beeindruckend ist, dass dieses Theater in der Antike nicht so bedeutend war, sondern der gesamte Ort eine wichtige Heilstätte war. Hier wurden Kranke und Gebrechliche geheilt, es gab Tempelanlagen, Krankenhäuser (mit Sichtschutz für die Privatsphäre, die unseren heutigen Sichtschutzelementen aus dem Baumarkt erstaunlich ähneln!), Liegehallen und Badehäuser. Das Theater und das angrenzende Stadion dienten nur zur Unterhaltung der Kranken, also kurz gesagt, es gab schon damals vor 2500 Jahren,Kuranstalten! Unglaublich!

Unser Sohn Neels kommt uns 14 Tage an Bord besuchen, wir wollen ihn in Athen aufnehmen, wir freuen uns riesig! Also wechseln wir die Seite und queren den Saronischen Golf mit einem Zwischenstopp auf der schönen Insel Aigina. 

Hier gibt es den Tempel der Aphaia zu besichtigen, die Göttin zum Schutz der  Frauen (die alten Griechen verblüffen mich immer mehr!). Aphaia, die Helle oder die Unsichtbare, ist die Beschützerin der Frauen, die von Männern bedrängt werden und sie gewährt den Frauen Schutz durch Unsichtbarkeit.

 So starten wir gemeinsam mit Fabiola und Alain früh morgens zu einer Wanderung, doch müssen wir, auf dem Berg angekommen, dann leider feststellen, dass die Tempelanlage erst in zwei Stunden öffnet. So eine Panne! Egal, wir begnügen uns mit dem Blick durch den Zaun, freuen uns über die schöne Wanderung im Morgenlicht und genießen den phantastischen Ausblick über den Golf und auf Athen, das sich aber unter einer riesigen Smogwolke präsentiert.

Tempel der Aphaia

Wegen der hohen Temperaturen und der Smogwolke verzichten wir auf eine Besichtigung von Athen und ankern dafür direkt vor der passenden Bushaltestelle vom Flughafen-Shuttle um Neels an Bord zu nehmen und gleich wieder Richtung Peloponnes zu fahren (leider nicht segeln, da kein Wind). Athen verschieben wir auf einen anderen, unbestimmten Zeitpunkt.

Angesichts der herrschenden Temperaturen scheint es sinnvoller schöne Ankerbuchten zu besuchen, außerdem muss sich Neels erst akklimatisieren.

Hier in Griechenland gibt so viel zu sehen und zu besichtigen, das alles muss man auch verarbeiten. Nebenbei probieren wir die griechische Küche. Unsere französischen Freunde hatten uns schon gleich zu Anfang zu bedenken gegeben, dass die griechische Küche nicht sehr variiert wäre, hätte man ihnen erzählt. 

Aha, die Franzosen! Sicher wollen sie nur ihre französische Küche hervorheben, denke ich. Später mussten sie dann doch die eine oder andere Köstlichkeit  lobend anerkennen, aber in einem Punkt behalten sie recht: besonders variiert ist die Küche nicht. Da gibt es aber, abseits der ausgetretenen Touristenpfade, die eine oder andere nette Taverne, mit einer einmaligen Atmosphäre. Diese Einfachheit der familiäre geführten Tavernen, ohne Speisekarte, wenn die Chefin noch selbst kocht ist ein wahres Erlebnis. So manches Mal haben wir direkt am Wasser, mit den Füßen im Sand gegessen, eine wunderschöne Erfahrung. 

Die griechischen Tomaten und die Gurken lassen uns immer wieder wahre Geschmacksexplosionen spüren. Die besten sind die von den zahlreichen fliegenden Händlern, die mit ihren Pickups durch die Dörfer fahren und über Lautsprecher ihre Waren anbieten. Die sizilianischen Tomaten waren schon eine Wucht, aber die griechischen sind der Hammer. Nun sind wir endgültig für den Rest unseres Lebens verdorben und werden in Deutschland keine Tomate mehr genußvoll essen können.

 Wir haben auch wieder unsere alte Bekanntschaft mit dem griechischen Retsina  aufleben lassen. Wenn wir danach fragen, ernten wir das eine oder andere Mal ein  abwertendes Kopfschütteln.  Retsina sei ein schlechter Wein, sagen die Griechen, gab es früher, heute gibt es in Griechenland deutlich bessere Weine. Ja, da haben sie sicher recht. Aber als einfacher Landwein, zusammen mit dem griechischen Essen, schmeckt uns der Retsina auch sehr gut.

schöne Taverne mit Ankerbucht

Wir umrunden den Peloponnes im Uhrzeigersinn. Es gibt viele Argumente, ob es besser ist mit oder gegen den Uhrzeigersinn zu segeln. Ausschlaggebend  für unsere Planung ist der Besuch unserer Kinder. Beide haben unterschiedliche An- und Abreiseflughäfen, so passt es einfach perfekt. Zum Segeln kommen wir sehr selten, da es fast keinen Wind gibt, oder nur stark wechselnde thermische Winde, die nur ein kurzes Intermezzo ermöglichen um dann entweder plötzlich die Richtung zu wechseln oder gänzlich zu versiegen. Wie schon mehrfach erwähnt, ist das Mittelmeersegeln sehr speziell, doch das Segeln in Griechenland schlägt alles was wir bisher erlebt haben.

Wir umrunden zunächst den „Daumen“ des Peloponnes und gelangen zu  einigen Touristenspots, wie die Insel Hydra, Spetses, Porto Heli und vieles mehr. Sehr schön, wir legen immer wieder einen Ankerstopp ein und besichtigen die Orte.

Hydra
mit dem Wassertaxi unterwegs
Ankerbucht auf der Insel Spetses

Da ist zum einen die Stadt Nafplio mit der venezianischen Festungsanlage, Palamidi. Am späten Nachmittag lassen wir uns mit einem Taxi hochfahren, besichtigen die weitläufige Festung  und laufen schließlich die 1000 (!) Stufen wieder runter, mit einem grandiosen Ausblick. Es kommen uns einige ehrgeizige Sportler entgegen, die diese 1000 Stufen hoch joggen, bei den Temperaturen, man mag es nicht glauben, ob das wirklich gesund ist?  Da gefällt mir unsere Variante deutlich besser,  Muskelkater bekommen wir auch beim runter laufen, aber dafür auch ein kühles Bier unten im Ort.

Festungsanlage Palamidi
1000 Stufen hinunter…
..oder waren es doch „nur“ 999? Egal, nun gibt es ein Bier

Der freundliche Taxifahrer erklärt sich bereit, uns am nächsten Morgen in aller Frühe, in unserer  Ankerbucht abzuholen und nach Mykene zu fahren, perfekt.

Mykene ist  ist eine über 3000 Jahre alte Burganlage und eine der bedeutendsten Ausgrabungsstätten Griechenlands.

Wir sind die ersten Besucher und werden gleich von drei Straßenhunden durch diese diese riesige Festungsanlage eskortiert. Wir bestaunen diese alte Baukunst, besonders im Vergleich zu der wesentlich jüngeren Burganlage von Nafplio, die wir am Vortag besichtigt haben. Da stellt sich die Frage, was die alten Baumeister in der „Zwischenzeit“ gemacht haben, weiterentwickelt haben sie sich wohl nicht. Denn betrachtet man die Bauwerke, dann waren sie aber vor Christus deutlich besser als 2000 Jahre später. 

das Löwentor von Mykene

Die gut erhaltenen Kuppelgräber, die Zysternenanlage und die Reste der alten Besiedlung sind raffiniert gebaut und zeugen von der hochentwickelten mykenischen Kultur.

die eindrucksvollen Kuppelgräber
Mykene

Die Mykener waren sehr reich und kontrollierten den Handel im Mittelmeer. Ihre Handelsrouten reichten bis nach England und sogar bis in die Ostsee, um Bernstein zu ordern, unglaublich. So hoch entwickelt die Mykener waren, so endete ihre Epoche um 1000 v. Chr. plötzlich und die Uhr wurde um 400 Jahre zurückgedreht. Es ist erschreckend, dass die Menschheit nicht bereit ist durch die Geschichte zu lernen, so viele Hochkulturen die im Laufe der Zeit untergehen. Wie wird es unserer heutigen Gesellschaft noch ergehen?

Wir müssen weiter, Neels hat seinen Rückflug von Kalamata, schließlich hat der Peloponnes noch zwei weitere Finger, die wir umfahren wollen. Bei den Temperaturen sind die Seetage sehr angenehm. Leider lassen die Windverhältnisse fast kein Segeln zu, also müssen wir mal wieder viel motoren.

Auf dem Weg besuchen wir den schönen, aber sehr touristischen Burgberg Monemvasi. Danach umrunden wir das berüchtigte Kap Maleas. Dieses Kap zu umrunden soll zeitweise der Umrundung des Kap Horns gleichen. Nun, bei uns weht mal wieder kein Lüftchen, also haben wir die Variante „Umrundung für Anfänger“,  wie soll es auch anders sein. Auf der anderen Seite des Kaps gibt es ein Kloster, man soll den Mönchen zuwinken. Bei uns winkt kein Mönch, wahrscheinlich war unsere Umrundung nicht so spektakulär, da lohnt der Aufwand nicht.

Monemvasia

Auf dem Weg nach Kalamata wartet ein weiteres Highlight auf uns – die Höhlen von Dyros. Der Besuch dieser Tropfsteinhöhlen ist ein Erlebnis, das man so schnell nicht vergisst. Unzählige Stalaktiten hängen von den Decken, wir werden in ein flaches Boot durch die weitverzweigten Gängen geschoben und gestakt. Es tropft überall und der Hall klingt gespenstig. Wir müssen uns ständig bücken, um uns nicht zu stoßen, es ist unglaublich. Eine vergleichbare Höhle haben wir noch nicht gesehen.

die grandiose Höhle von Dyros

Wir verbringen noch ein paar schöne Ankertage bevor wir Neels in Kalamata verabschieden. Dieser Teil des Peloponnes gefällt uns besonders gut, da es nicht so überlaufen ist und keine Charterflotten unterwegs sind.

schöne Ankerbuchten
… mit netten Tavernen, direkt am Wasser

Hatten wir doch gerade frohlockt, dass wir in Griechenland noch nicht einmal durch die Costguard kontrolliert worden sind, so werden wir hier an einem Tag gleich dreimal kontrolliert! Die Beamten sind freundlich, einer entschuldigt sich sogar für die Unannehmlichkeit, wie nett.

Wir umrunden noch den letzten Finger, da hören wir über Funk einen Notruf. Ein Schiff befindet sich in Seenot mit einer nicht bekannten Personenanzahl an Bord. Die Küstenfunkstelle gibt die Position durch und nimmt Kontakt zu umliegenden Schiffen auf. Laut Position ist das besagte Schiff etwa 10 sm von uns entfernt. Wir hören den Funkverkehr und so auch den Kapitän des zur Hilfe eilenden Schiffes. Er meldet der Küstenfunkstelle, dass er Sichtkontakt hat und sich ca. 100 Personen auf dem Schiff befinden. Es ist ein Schiff mit Flüchtlingen, denn nun melden sie sich selbst über Funk. Der helfende Kapitän klingt sehr besonnen und kompetent, bekommt aber von der Küstenfunkstelle nur eine Telefonnummer genannt, die er doch anrufen sollte und die ihm weitere Anweisungen geben würden. Gleichzeitig fährt die Costguard langsam an uns vorbei, aber in die entgegengesetzte Richtung. Mit ihrem hoch motorisiertem Schiff wären sie in einer halben Stunde am Ort des Geschehens. Der arme Kapitän wird mit dem Problem doch sehr allein gelassen. Später lesen wir, dass es ein Kreuzfahrtschiff war und sie die Flüchtlinge aufgenommen haben und nach Kalamata gebracht haben. Respekt vor dem Kapitän, aber mal wieder ein Versagen der offiziellen Stellen. Zugegeben, die südlichen Länder werden von allen anderen EU-Staaten erbärmlich im Stich gelassen.  Puh, das müssen wir erst einmal sacken lassen.

Kloster in Methoni
Festungsanlage von Methoni

In Katakolon, an der Westküste des Pelopones, ankern wir in der großen Bucht. Am nächsten Morgen wollen wir hier den Zug zur  antiken Stätte von Olympia nehmen. Der Ort zeigt sich ruhig, die meisten Geschäfte sind geschlossen. Am nächsten Tag erkennen wir den Ort nicht wieder – zwei Kreuzfahrtschiffe haben zwischenzeitlich angelegt. Nun sind alle Geschäfte geöffnet, der Ort gleicht einem Jahrmarkt,  überall werden griechische Souvenirs angeboten, made in China. Die Preise im Ort sind den Kreuzfahrttouristen scheinbar angepasst, wie wir schmerzhaft zu spüren bekommen: wir essen  am Nachmittag das teuerste Eis unseres Lebens!

Morgens  fahren wir mit dem ersten Zug nach Olympia und durchfahren eine unglaublich fruchtbare Landschaft, die zeitweise an die Karibik erinnert. Olympia ist eingebettet in dieser wunderschönen Landschaft und verbreitet eine wohltuende Stimmung, die alten Griechen hatten wirklich ein Gespür für „Wohlfühlorte“ . 

Aber  diese wohltuende Stimmung wird jäh zerstört als unzählige Busse die Masse an Kreuzfahrttouristen heran karrt. Die Menschen haben jeweils einen Aufkleber mit einer Zahl  auf der Brust und folgen ihrem Anführer, der die passende Zahl  auf einem Schild vor sich herträgt. Diese Menschenmassen verbreiten eine unglaubliche Hektik, wir haben Mühe den Ort auf uns wirken zu lassen. Als wir einer asiatischen Touristin Platz machen wollen, damit sie die Infotafel lesen kann, lehnt sie dankend ab, sie möchte die Infotafel nur fotografieren, gelesen wird wohl später. Wir sehen die Frau von Infotafel zu Infotafel eilen und fotografieren. Vielleicht bereist sie Europa in 10 Tagen, da bleibt wohl  keine Zeit;-).

Diese hektischen Menschen wirken auf uns befremdlich, wie aus einem anderen Leben.Was für ein Luxus, dass wir unser gemächliches Leben auf dem Wasser führen können und uns in einem Schneckentempo fortbewegen und so genügend Zeit haben das jeweilige Land zu fühlen. 

Abends legen beide Kreuzfahrtriesen ab und am nächsten Morgen stehen die nächsten schon wieder da. Die wundersame Verwandlung dieses kleinen Orts geht wieder von vorne los, was für ein Schauspiel.

Olympia
der Eingang der Athleten
das Stadion
Start frei…. wo sind die Gegner?

Für uns geht es im Schneckentempo zurück ins Ionische Meer, die zwei verbleibende Inseln Zakynthos und Kefalonia warten auf uns.

 Zakynthos, die südlichste Ionischen Insel ist eine landschaftliche Schönheit, das ist nicht zu übersehen.

Wir steuern die südlichste Bucht an, die große Bucht von Lagana´s, eins der wichtigsten Laichplätze der Meeresschildkröten im gesamten Mittelmeer. Diese Bucht ist ein von den zwei Nationalparks in Griechenland. Laut Karte gibt einen ausgewiesenen Bereich zum Ankern, da wollen wir hin. Wir halten uns an die Richtlinien und machen einen Bogen um den streng geschützten Teil der Bucht. Doch als wir näher kommen, trauen wir unseren Augen nicht: die Bucht ist voller lärmender Ausflugsboote. Superyachten ankern im eigentlichen Sperrbezirk, keines der kleinen Boote beachtet die Geschwindigkeitsbegrenzung, sie pflügen mit hoher Geschwindigkeit durch das Wasser. Hinzu kommt eine große Anzahl Mietboote, mit denen die Leute die Schildkröten sehen wollen und sich dabei an keinerlei Richtlinien halten, ob aus Unwissenheit oder aus Ignoranz. Die geschützten Strandabschnitten sind von Motorbooten überlaufen, am Strand gibt es schwimmende Cocktailbars mit dröhnender Musik. Urlauber tummeln sich ausgelassen im Sand, wo eigentlich die Schildkröten ihre Eier legen sollten. Wir beobachten das Treiben von unserem Ankerplatz und können es nicht fassen, dass das ein Nationalpark sein soll, was für eine Farce, was für eine Augenwischerei! Ich spüre meine Wut  über so viel Missachtung der Natur. Eine schöne große Schildkröte schwimmt ganz nah an uns vorbei, am liebsten würde ich mich, für uns Menschen, bei ihr entschuldigen. Das alles trübt die Schönheit der Umgebung, es fällt schwer sich zu freuen. Im Ort gibt es unzählige Motorbootverleihe, sie werben ausgerechnet mit den Schildkröten, das wirkt wie Hohn. Die Tavernen im Ort ähneln eher amerikanischen Schnellrestaurants mit Leuchtreklame. Mein Kloß im Hals wird immer größer, ich möchte nur noch weg.

Ich hadere mit uns Menschen, was sind wir doch für Parasiten für die Welt und alle Lebewesen. Ich hadere mit dem Tourismus – er bringt Arbeitsplätze und Geld in die Region, doch wie hoch ist der Preis, den die Natur dafür zahlen muss?

Früh am Morgen  lichten wir den Anker und wollen Richtung Kefalonia, die zweite Insel die uns noch fehlt. Wir segeln entlang der wunderschönen Steilküste von Zakynthos. Beim Anblick der riesigen Felsen frage ich mich, was die wohl schon alles gesehen haben: Odysseus, die Mykener, Seeschlachten, Völkerwanderungen und vieles mehr. Doch unser Zeitalter bringt nun Schmutz, Plastik und die Klimaveränderung. Auf unser Wirken brauchen wir wahrlich nicht Stolz zu sein und ich kann nur hoffen dass kluge Menschen diese wunderbare Welt in Zukunft besser behandeln. Die Meeresbrise pustet meine Seele durch, die dunklen Gedanken verblassen, ein Tag auf dem Meer, wie wohltuend! 

Ich beruhige mich. Nicht alle Menschen sind schlecht und nicht jeder Tourismus ist schlecht. Menschen die reisen sind wichtig um Vorurteile abzubauen, um Kleingeistern keine Chance zu geben.

Aber es ist Zeit, dass wir alle unser Verhalten überdenken. 

„Alle wollen die Welt verändern, aber keiner sich selbst“(Leo Tolstoy)

Griechenland hat unzählige Buchten mit kristallklarem Wasser, leider aber sehr wenig Fische oder andere Meeresbewohner. Seeigel sind weit verbreitet, ab und zu sieht man einen Seestern, doch das ist schon eine Sensation. Dafür sieht man beim Schnorcheln häufig Müll auf dem Meeresboden, achtlos weggeworfen.

Wenn man die zahlreichen stinkenden Müllhalden in der Landschaft sieht, mag man nicht recht glauben, dass diese die EU-Richtlinien erfüllen. Überhaupt scheint die Müllentsorgung, ähnlich wie in Sizilien, nicht wirklich gut zu funktionieren. Die Griechen scheinen  kein großes Umweltbewusstsein zu haben, wie schade. Bei den Gemüsehändlern ernten wir immer wieder Unverständnis, weil wir ihre Plastiktüten nicht möchten. 

Unsere augenblickliche negative Stimmung verstärkt sich als wir wiederholt Ärger mit einem unserer Antriebe bekommen. Ein Antrieb lässt sich nicht mehr verlässlich in den Vorwärtsgang schalten. Unangenehm wird es, als wir in einer Ankerbucht nur mit Mühe gegen den auflandigen Wind von der Küste wegkommen. Daher beschließen wir Richtung Levkas oder Preveza zu fahren, dort gibt es Werften und, falls erforderlich, auch einen Kran.

Gerrit kann die Ursache nicht finden, wechselt ohne große Erwartungen daran das Getriebeöl. Am nächsten Tag funktioniert der Antrieb wieder, welch ein Wunder, hoffentlich hält er jetzt bis Spanien!

Wir sind wieder bestens gelaunt und können also einfach wieder ankern gehen, wir brauchen keine Werft zu suchen, erstmal nicht, ein Problem weniger!

Also laufen wir Poros an, eine hübsche Bucht im Süden von Lefkas, wir haben sie bereits mit Amei besucht. Hier war uns bei unserem ersten Besuch eine schöne Taverne aufgefallen, da gehen wir heute Abend essen, so der Plan. Wir gehen schwimmen, freuen uns über die wiedergefundene Leichtigkeit und beobachten zwei Männer auf einem kleinen Boot. Auf dem Boot steht „Rescue-Boot“, ein Mann in Zivil lenkt das Boot  während ein Mann in einem weißen Hemd und goldenen Schulterklappen stoisch im Boot steht und die jeweils Richtung anweist. Die beiden geben ein lustiges Bild ab und wir amüsieren uns darüber. Amei hätte uns gewarnt: „das gibt ein schlechtes Karma“ hätte sie gesagt  „das fällt alles auf euch zurück“. Und zack, schon passiert: nachdem dieses Gespann zahlreiche, neben uns ankernde, Boote angefahren hat, kommen sie zu uns und verlangen die Bootspapiere. Selbstverständlich reichen wir die nötigen Papiere und staunen als der Mann unsere Papiere einfach einsackt und uns mitteilt, dass wir sie bei der Hafenpolizei in Levkada wieder abholen können. Wie jetzt, das ist doch ein schlechter Scherz, oder?? Er klärt uns auf, wir würden zu nah am Strand ankern und müssten dafür dort Strafe zahlen. ,

Unsere gerade erst wiedergefundene gute Laune schlägt blitzschnell um, augenblicklich sind wir übellaunig und protestieren lauthals, ohne Erfolg.

Dieser Mann in seinem komischen Hemd erzählt uns von einem Gesetz auf Lefkas, demnach ist es verboten näher als 300m zum Strand zu ankern. Wir möchten wissen wo das geschrieben steht, das kann er uns leider nicht zeigen, aber das Gesetz besteht, sagt er. Aha, ein Gesetz oder eine Richtlinie die nirgends geschrieben steht, okay. Dafür zeigt er uns  seinen Dienstausweis, doch das könnte auch sein Mitgliedsausweis für ein Karnelvalsverein sein (würde zur Uniform passen,haha!), lesen können wir ihn nicht, denn es steht alles in griechischer Schrift. Er lässt sich nicht erweichen, also werden wir uns wohl oder übel in den nächsten Tagen auf den Weg nach Lefkada machen müssen, das war nicht der Plan.

Ärgern tun wir uns nicht nur über dieses eigenmächtige,“hausgemachte“ Gesetz, sondern auch weil wir gesehen haben, dass die griechischen Jachten nicht belangt wurden, ebenso wie die großen Superjachten. Außerdem waren wir knapp 200m vom Strand entfernt, was in allen anderen Ländern reicht und dort steht es auch vermerkt.

Zwei Tage später machen wir uns auf den Weg zur Behörde. Dafür müssen wir im Hafenbecken ankern, was nicht wirklich erlaubt ist, ich bleibe an Bord, Gerrit will nur schnell die Papiere wieder holen, denken wir. 

„ach, die Papiere, die müssen erst noch bearbeitet werden und dann muss der Chef entscheiden wie hoch die Strafe ausfällt“. Nun wird Gerrit aber wirklich ungeduldig, außerdem möchte er wissen, wo diese Richtlinie geschrieben steht. Die steht nirgends, aber es ist so. Ah ja.

Ein anderer Beamter fragt Gerrit, ob er Italiener sei. Nein er wäre aus Deutscher. „ Ach so“ so der Beamte „ dann würden sie den Vorgang doch schon heute bearbeiten und er könne in einer Stunde wieder kommen“. Also ist es abhängig von der Staatsbürgerschaft wie und wann ein Vorgang bearbeitet wird?? Das wird ja immer besser. Aber egal, Hauptsache wir  bekommen unsere Papiere wieder und dann sieht uns Griechenland so schnell nicht wieder.  

Nach einer Stunde hat der Chef unsere Strafe bestimmt: 150 €, der Höchstsatz also. Wäre ja interessant zu wissen, was man als Italiener zu zahlen hat. Oder wurde unsere Strafe so „zügig“ bearbeitet, weil die Deutschen immer Höchststrafe zahlen müssen?

Ein Schelm wer da an Behördenwillkür denkt!

Auf Gerechtigkeit braucht man hier wohl nicht zu hoffen, also muss Gerrit  die Kröte schlucken und zahlen um dann endlich seine Papiere wieder zu bekommen. „Bezahlen geht hier nicht, da müssen sie zur Bank“. Die Bank hat nur einen Schalter in Betrieb, die Schlange ist lang…. keep cool!

Bis alles erledigt ist vergehen über drei Stunden. Ich habe kurz Zweifel, ob sie Gerrit verhaftet haben und sehe ihn schon im Kerker von Lefkada bei Fetakäse, Brot und Wasser. So bin ich doch erleichtert, als ich ihn wieder kommen sehe. Eins ist sicher: so schnell geben wir unsere Papiere nicht wieder aus der Hand!

Wir wollen keine Zeit mehr auf Lefkas verbringen und wechseln zur Festlandseite, in einer schönen Bucht. Dort treffen wir drei bekannte Boote aus unserer  Zeit in Licata und verbringen einen netten gemeinsamen Abend. Wir versöhnen uns ein wenig mit Griechenland, aber wir spüren auch, dass wir nun weiter wollen. Außerdem drängt die Zeit, wir haben im Herbst einige Termine in Deutschland, also müssen wir Richtung Westen.

Wir freuen uns auf die Überfahrt nach Italien, draußen auf dem Meer verfliegt der Ärger und wir denken über  unsere Zeit in Griechenland nach. 

Es war für uns beide unsere erste Griechenlandreise.

Nicht gefallen hat uns das mangelnde Umweltbewusstsein der Griechen. Wir haben sogar junge Menschen gesehen, die achtlos ihren Müll ins Meer geworfen haben.

Die zahlreichen, stinkenden Mülldeponien, einfach in der Landschaft abgekippt, sind scheußlich. Es gibt keine Mülltrennung und auch keine wirklich funktionierende Müllabfuhr. Der Müll verteilt sich achtlos in der Landschaft, ein ähnliches Bild wie in Sizilien.

Sehr schön fanden wir die großartige Landschaft gepaart mit der Geschichte der Antike. Überall findet man einen Ankerplatz, einzig die steil abfallende Küste bereitet hin und wieder Probleme.

Das glasklare Wasser in unterschiedlichem türkis Ton ist immer wieder eine Augenweide und macht das tägliche Schwimmen zum Genuss.

Das griechische Gemüse, tatsächlich noch Freiland in der Sonne gereift, ist unbeschreiblich gut, ebenso das feine Olivenöl. Super sind die fliegenden Gemüsehändler mit ihren Pickups.

Überrascht hat uns die Zuverlässigkeit der Griechen. Im Gegensatz zu anderen südlichen Ländern, kann man sich in Griechenland darauf verlassen, dass eine Abmachung auch tatsächlich eingehalten wird. So waren wir überrascht, wenn die vorab bestellten Taxifahrer, tatsächlich überpünktlich ankamen.

Sehr angenehm finden wir die Gelassenheit in Griechenland. Es wird nicht geschimpft, man kann überall problemlos mit dem Dinghy anlanden und braucht es nicht einmal anzuschließen – sehr angenehm.

Wir haben so viel gesehen und erlebt, Griechenland wird noch lange in uns nachwirken, positiv und negativ!