Mastbruch – Teil zwei: wie geht es weiter?

Unser Mastbruch ist nun mehr als zwei Wochen her, und viel weiter sind wir leider nicht gekommen!
Am Tag unseres Unglücks, der 13. Februar(!), haben wir unverzüglich unsere Versicherung darüber informiert. Diese hat die Firma B&T in Bremen mit der Abwicklung des Schadenfalls beauftragt. Die Firma B&T hat uns gleich kontaktiert und versprochen, „uns mit ihrem weltweiten Netzwerk an Sachverständigen zu unterstützen“, Haha! Außer ein paar nette, warme Worte ist leider nichts passiert!

der Mast liegt gebrochen teilweise im Wasser

Zuerst wurde uns ein Experte zur Begutachtung in Aussicht gestellt, doch nach zwei Tagen hielten sie es dann doch nicht für nötig, wir hätten den Schaden ja hervorragend dokumentiert, okay…! Wir wundern uns, dass sie trotz der zu erwartenden, nicht unerheblichen Schadenhöhe auf ein Gutachten verzichten wollen, aber gut!
Sie wollen noch überlegen, ob wir Richtung Antigua fahren sollten, oder 100 sm südlich nach Le Marin auf Martinique (es ist Freitag, das Wochenende in Sicht…) Diese Entscheidung haben wir dann schließlich selbst getroffen, sonst würden wir noch heute auf Guadeloupe in der Ankerbucht sitzen. Antigua haben wir für uns ausgeschlossen: die Werften sind dort nach den Hurrikans überlastet und der Kurs gegen Wind und Welle erschien uns in dem jetzigen Zustand des Schiffes nicht ratsam – also Martinique.
Außerdem hat die Firma B&T auch eine Verschiffung nach Frankreich in Erwägung gezogen und wenn, dann sollte diese von Le Marin starten.
Also los, Zähne zusammenbeißen, das Wetter ist stürmisch und ungemütlich. Diese Reise war wahrlich kein Spaziergang: bei 25 Knoten Wind und seitlicher Welle gegen den beschädigten Rumpf, da fühlt man sich nicht wirklich gut! Es waren mehrere Kaps zu passieren, dort gibt es immer wieder unangenehme Böen. Während dieser Fahrt haben wir und Mojito mehr Salzwasser geschluckt als während der gesamten Atlantiküberquerung.
Die Stimmung an Bord war, zugegeben, etwas angespannt, da erreicht uns zwischen Guadeloupe und Dominica ein Funkruf (Gerrit hatte notdürftig eine Antenne zusammengebaut, wir hatten wieder Funk!). Eine fremde Yacht rief uns über Funk und fragte , ob wir das Schiff „ Mojito“ wären, das seinen Mast verloren hat?
Ja, das sind wir! Aber, wer seid ihr? Ihre Antwort: sie sind Pete und Bamboo aus der Schweiz mit ihrem Katamaran „Salty Walter“ und sie haben am Unglückstag unser Funkgespräch mit der Seenotrettung mitgehört und haben mit uns mitgefiebert und mitgefühlt. Nun haben sie heute unser AIS-Signal gesehen und sind in unserer Nähe. Sie wollen nur fragen, ob alles soweit gut ist oder ob wir irgendetwas brauchen.
Wir sind sprachlos und gerührt, wie nett! Nein, danke, im Moment brauchen wir nichts, aber es ist schön, sie in unserer Nähe zu wissen. Sie fahren die gleiche Route wie wir und peilen für die erste Nacht die gleiche Ankerbucht auf Dominica an. Abends sitzen wir dann bei einem Glas Wein zusammen und bedanken uns für ihre Anteilnahme!
Dieses mal ankern wir in Roseau auf Dominica. Auch hier sehen wir ein Bild der Verwüstung nach dem Hurrikan „Maria“. Wie klein ist da doch unser Problem!
Ein Boatboy begrüßt uns und fragt: „hey, ihr seid doch ein Segelboot und wo ist euer Mast?“ „weg…! Aber ihr habt auch viel verloren“. Er lacht und antwortet: „c´est la vie..!“ Es ist erstaunlich mit welcher Gelassenheit die Menschen auf Dominica ihr Schicksal ertragen.

Roseau auf Dominica
Roseau

Wir verbringen zwei nette Abende mit Pete und Bamboo, lachen viel, es ist so nett! Begegnungen wie diese machen unsere Reise so reich! Schon fühlt sich die unbequeme Reise zurück nach Martinique gar nicht mehr so schlimm an.

Zurück zu Mojito: in Le Marin angekommen klappern wir alle erforderlichen Firmen ab, vereinbaren Termine, holen Angebote ein. Wir haben noch nirgends eine so gut vernetzte und organisierte Marina gesehen wie hier, Hut ab! Die Firmen sind sehr bemüht, alles zeitnah abzuarbeiten, die Zeit drängt um eine Entscheidung zu treffen. Wir erfahren, das unser Mast eine Fertigungs- und Lieferzeit von 8-10 Wochen hat ,upps! Die Zeit sitzt uns im Nacken: laut Versicherungsvertrag müssen wir bis Ende Mai die Karibik verlassen haben. Auch für die anstehende Atlantiküberquerung Richtung Europa wird es knapp für uns. Eigentlich startet man von Martinique ab Mitte Mai, spätestens im Juni. Wir können jedoch den Mast nicht ordern ohne Freigabe durch die Versicherung und wir müssen bei der Bestellung den Auslieferungsort wissen. Für die Verschiffung in die Karibik wird der Mast nämlich zweiteilig gefertigt. All das teilen wir der Firma B&T mit, doch die verharrt weiterhin in Passivität.

Der alternative Rücktransport nach Europa per Schiff müsste zeitnah gebucht werden, da auch diese Plätze sehr begrenzt sind.
Da wir in der Zwischenzeit das Vertrauen zu dieser Firma B&T verloren haben, haben wir einen Gutachter beauftragt, den Schaden aufzunehmen und eine Expertise zu erstellen und die vorliegenden Angebote zu prüfen. Das wäre eigentlich die Aufgabe der Versicherung, nicht unsere! Überall ernten wir Kopfschütteln über die Vorgehensweise unserer Versicherung. Ein Franzose sagt:“…und ich dachte, ihr Deutschen seid gut organisiert!“
Derweil zaubert B&T nicht nur unglaubliche Fantasiepreise für die Reparatur in Deutschland aus dem Hut (sie haben den Preis für einen Mast und einen Baum erfragt und denken damit hätten sie das gesamte Rigg! Sehr kompetent, das schafft Vertrauen!!) Nein, sie denken auch darüber nach, einen Skipper zu engagieren, der unser Schiff im April von Lorient durch die Biskaya und den Englischen Kanal nach Norddeutschland bringt (angeblich für 1000,-€) und das ohne Rigg und mit beschädigten Rumpf. Dabei hatten wir die Weiterfahrt auf eigenem Kiel für das Schiff ausgeschlossen. Unsere Meinung dazu: dann können wir Mojito gleich hier versenken, das spart die Verschiffung nach Europa! Kann man diese Firma noch ernst nehmen?

Wir haben nun unseren Versicherungsmakler in Emden kontaktiert, auch er hat kein Verständnis für diese Vorgehensweise und unterstützt uns best möglichst.

Mal sehen, was der morgige Tag bringt! Es bleibt spannend, zermürbend und kräftezehrend. Wir wären doch jetzt lieber, wie geplant, auf den British Virgin Island, seufz!

Hier in Le Marin treffen wir wieder viele alte Bekannte und lernen weitere kennen. Wir treffen Leidensgenossen, die ebenfalls den Mast verloren haben, und tauschen uns mit ihnen aus.
Wir verbringen viele schöne Stunden mit netten Menschen.
Trotz aller Widrigkeiten haben wir unsere Reise nicht einen Tag bereut.

In Le Marin treffen wir bekannte Crews der Island Odyssee: Moira und Will von Krabat und Patricia und Julian von A Capella
Pelikane in Deshaies (Guadeloupe)

Mastbruch

Auf dem Weg von Guadeloupe nach Montserrat passierte das, was kein Segler sich wünscht: Mastbruch!

Bei einer Windstärke 5-6 Beaufort und 3-4 m Welle segelten wir Richtung Montserrat. Das Großsegel und die Fock hatten wir gerefft, der Wind sollte kein Problem für Mojito sein. Der erste Squall kam schnell und brachte uns ein paar Böen auf Windstärke 6 bis 7, doch auch das ist nichts Ungewöhnliches. Nach dem ersten Squall kam nach kurzer Zeit der zweite, aber dieser nur mit einer Stärke von 6 Beaufort. Eigentlich waren wir ganz entspannt, bis es plötzlich knallte! Der Baum landete auf dem Cockpitdach, der gebrochene Mast lag im Wasser und alles war noch durch die Wanten, Schoten und Segel miteinander verbunden, ein Albtraum! Nach dem ersten Schock haben wir uns zunächst gesammelt und die weiteren Schritte überlegt. Während ich mit Hilfe unseres Handfunkgerätes (ohne Mast kein Funk!) versuchte Kontakt mit der Küstenfunkstelle aufzunehmen, machte sich Gerrit ein Bild über das Ausmaß des Schadens.

Tatsächlich meldete sich nach einiger Zeit die Seenotrettung, es tut so gut in so einer Situation Kontakt zu haben, das stabilisiert die Psyche ungemein! Danke an alle Seenotretter!!!

Die Dame am Funk hatte eine sehr angenehme und besonnene Stimme und fragte all die Schäden ab, sehr professionell! Nach dem ersten Schreck stellten wir dankbar fest: wir schwimmen noch, die Bilgen waren trocken – kein Wassereinbruch, soweit so gut! Hilfe vor Ort, durch die Seenotretter, konnten wir so rasch nicht erwarten, es würde ca. zwei Stunden dauern. Zwei Yachten werden gebeten Kurs aufzunehmen. Der gebrochene Maststumpf war gefährlich, direkt unter der Wasseroberfläche, und schlug durch die Wellenbewegung immer wieder an den Schiffsrumpf. Nach Absprache mit den Seenotrettern mussten wir das  Rigg so schnell wie möglich loswerden, um das Schiff zu retten. Gerrit begann die Bolzen der Wanten zu lösen, die Stagen abzuschrauben und die Schoten durchzutrennen. Nach und nach konnten wir so alle Verbindungen kappen, das komplette Rigg liegt nun in 1000 Meter Tiefe, es tat in der Seele weh!

Endlich konnten wir gefahrlos die Motoren starten, es waren keine Leinen mehr im Wasser, wir waren nun wieder manövrierfähig und konnten unter Maschine zurück nach Guadeloupe fahren, immer in Funkbegleitung der Seenotrettung.

Wir haben viele GFK-Schäden am Rumpf und an Deck, die gesamte Reling auf Backbord ist zerstört und wir haben kein Rigg mehr. Ein später bemerktes Leck konnten wir zum Glück provisorisch abdichten, nun warten wir auf die Versicherung und den Hersteller um das weitere Vorgehen abzustimmen.

Warum der Mast gebrochen ist, können wir uns nicht erklären, es gab keinen Grund. Wir sind nun 10 000 Seemeilen gemeinsam mit Mojito gesegelt und waren immer von dessen Stabilität überzeugt. Wir hatten uns im Vorfeld viele unverhoffte Vorkommnisse auf See ausgemalt, aber einen Mastbruch, ohne jegliche Vorwarnung, hätten wir niemals erwartet! Doch wir sind froh, dass es nicht Mitten auf den Atlantik passiert ist.

Im Gespräch mit anderen Seglern wird uns erst bewusst wieviel Glück wir gehabt haben. Wäre der Mast, statt auf der Leeseite ins Wasser zu fallen, auf das Cockpitdach gefallen, hätte er uns beide erschlagen. Wir wissen nun auch, dass wir Segeltechnisch keine Fehler gemacht haben, das zeigt, wie der Mast gefallen ist und dass keine Wanten oder Segel beschädigt waren, sondern einfach der Mast im unteren Drittel weggeknackt ist.

Wir waren sehr gerührt von all der Unterstützung und dem zahlreichen Zuspruch, den wir von befreundeten Yachten erfahren durften.

Jeremy und Tatiana und ihre beiden Jungs von der Yacht „Infinity“ sind in unsere Ankerbucht eingelaufen, was für eine Freude diese Familie wieder zu treffen. Mit ihnen konnten wir all die negativen Erlebnisse aufarbeiten, gemeinsam eine Tafel Schokolade verspeisen, Seelenfutter! Jeremy und Tatiana machen uns sprachlos, als sie uns ernsthaft vorschlagen, unsere Reise gemeinsam mit ihnen auf „Infinity“ fortzusetzen. „Euer Traum ist nicht zu Ende,“ so Jeremys Worte „kommt mit uns, setzt eure Reise fort!“ Was für ein Geschenk, so liebe Menschen kennengelernt zu haben. Wir werden darüber nachdenken, doch zuerst möchten wir eine Lösung für unser Debakel.

Meine kleine Freundin Leonie (6 Jahre) von der befreundeten Yacht „Luna Bay“

diktiert ihrer Mutter folgende Nachricht für uns: „Hallo, ich finde es traurig und ungerecht, weil ich euch so nett finde. Ihr fehlt uns!“ Wir sind gerührt, danke liebe Leonie!

Dank all der lieben Menschen wird die Situation erträglicher. Abends haben wir sogar unseren Humor wiedergefunden. Wir müssen ja wieder einklarieren; auf dem Fragebogen steht: Schiffstyp: „Segelyacht“; Anzahl der Masten? Aus Gewohnheit trägt Gerrit die Zahl „1“ ein, überlegt und löscht es wieder, nun steht dort eine „0“!! Gemeinsam mit der zuständigen Dame können wir darüber lachen – Humor ist, wenn man trotzdem lacht!

Die Versicherung ist sehr bemüht eine passende Lösung zu finden. Auch der Hersteller „Privilège“ bemüht sich, eine Lösung zu finden. Es ist Hochsaison auf den Werften in der Karibik, alle Firmen haben sehr viel zu tun.

Wir machen uns nun auf den Weg nach Martinique, hier auf Guadeloupe scheint es keine Möglichkeiten zu geben.

Ich komme mir vor, wie im Spiel „Monopoly“: wir haben die Karte gezogen „gehe zurück auf LOS!“ Diese Karte habe ich schon immer gehasst, alles läuft gut und plötzlich läuft alles wieder anders!

Wir hatten uns so sehr auf die British Virgin Island und auf die Bahamas gefreut, es war zum Greifen nah…!!

Wie auch immer, wir lassen uns nicht unterkriegen! Unsere Reise geht weiter, wenn auch in abgeänderter Form!

Resümee:

  • Wie gut, dass es die Küstenfunkstellen und die Seenotretter gibt!
  • Das absolvierte Sicherheitsseminar in Elsfleth war in dieser Situation sehr wertvoll! Vielen Dank an das Maritime Kompetenzzentrum Elsfleth!
  • Wir werden Guadeloupe in Zukunft nicht nur mit Melonen in Verbindung bringen…!
  • Wir haben als Ehepaar gemeinsam Schiffbruch erlitten und sind noch immer glücklich verheiratet, wer kann das schon von sich behaupten? 🙂
Mojito ohne Rigg und ohne Reling

Guadeloupe

In zwei Tagen müssen wir auf Guadeloupe sein, unser Sohn Neels kommt zu Besuch, juchu! Doch zunächst müssen wir uns bei einer Windstärke von 7 Beaufort und 4 m Welle, hart am Wind durch die ungemütliche See kämpfen. Wir beschließen die Nacht auf halber Strecke, auf den Iles Des Saintes, zu verbringen. Leider ist dies nicht so einfach wie zunächst gedacht. Zwischen den einzelnen Inseln pfeift der Wind gewaltig und nimmt noch einmal richtig Fahrt auf. Es gibt nur Mooring-Bojen-Felder, die aber alle schon belegt sind. Obwohl es genügend Platz gibt, ist das Ankern innerhalb dieser Felder nicht erlaubt, man wird sofort abgewiesen. Außerhalb dieser Bojen-Felder nimmt die Wassertiefe rapide zu und der steinige Grund ist sehr schlecht haltend. Zahlreiche Segler fahren, wie wir, verzweifelt von einer Bucht zur nächsten und versuchen erneut ihr Glück mit dem Ankern. Nach mehreren Versuchen scheinen wir endlich Glück zu haben, der Anker greift, was für eine Freude! Doch in der Nacht  driften wir langsam, Gerrit hält Ankerwache während ich tief und fest schlafe und von der heiklen Situation nichts merke. Früh morgens lichten wir den Anker und erkennen nun den Grund für das nächtliche Driften: ein großer Felsbrocken hängt vorne am Anker, ausgebrochen aus dem Ankergrund. Ein Krebs sitzt auf dem Felsbrocken und wundert sich bestimmt über das helle Licht, war er doch gerade eben noch in 20 Meter Tiefe! Es ist erstaunlich, dass unsere Ankerwinsch diesen Koloss nach oben hieven konnte, aber schlimmer ist die Frage: wie werden wir ihn wieder los. Der Felsbocken ist so im Anker verkeilt, nichts bewegt sich. Nach längerer Überlegung und ein paar Tricks, werden wir ihn zum Glück wieder los, der Felsbrocken rauscht gemeinsam mit dem Krebs wieder zurück in 20 m Tiefe. Was der Krebs wohl dabei gedacht hat?

Wir haben erst einmal genug von den Iles Des Saintes, auch wenn es eigentlich ganz schön aussieht, aber wir haben ja unseren Termin auf Guadeloupe.

Mit Guadeloupe habe ich bisher nur die leckeren Melonen, die es in Deutschland oft zu kaufen gibt, in Verbindung gebracht. Nun werden wir tatsächlich auch diese Insel kennenlernen, ich bin gespannt!

Guadeloupe hat aus der Luft betrachtet die Form eines Schmetterlings und ist landschaftlich sehr vielseitig: die Basse-Terre ist mit ihren Vulkanen gebirgig und mit dichtem Regenwald bewachsen. Der andere Teil, die Grande-Terre, lockt mit feinen Stränden und schönen Buchten. Wir ankern zunächst zwischen den beiden Inselteilen, direkt an einer kleinen Palmeninsel, gegenüber der Hauptstadt Pointe-à-Pitre, um Neels an Bord zu nehmen. Wir geben Neels zwei Tage zum Eingewöhnen, und steuern zunächst einmal nette Badebuchten auf Grande-Terre an. Baden, Sonnen, so kann man sich vom Studentenleben erholen, die harte Zeit der Klausuren ist Vergangenheit!

Ilet Du Gosier
Karibik spüren

Nach der Eingewöhnungsphase segeln wir zur kleineren Insel Marie-Galante mit ihren feinen weißen Stränden und türkisblauem Wasser. Dort möchten wir uns Motorroller mieten, doch dies erweist sich fast als „mission impossible“! Da sind wir wieder in der französischen Service-Wüste, wir machen hier die gleiche Erfahrung wie bereits auf Martinique: „Hilfe, Kunde droht mit Auftrag!“ Mit viel Mühe und nach unzähligen Telefonaten ergattern wir die letzten zwei Motorroller der Insel und brausen los. Es ist ja Hochsaison, wird uns erzählt, daher der Engpass. Aha.., das ist Hochsaison: menschenleere Dörfer, Kilometerlange einsame Strände, wir versuchen uns die Nebensaison vorzustellen, haha! Nach kurzer Strecke wissen wir weshalb die beiden Motorroller noch zu haben waren: es sind die letzten Gurken! Jeder Berg bringt sie an den Rand der Belastbarkeit, daher muss ich, als Soziofahrer, den Berg hinauflaufen. Eine schweißtreibende Angelegenheit, hoffentlich bringt es das Hüftgold wenigstens zum Schmelzen! Trotzdem sind wir sind uns einig: Marie-Galante ist ein Abstecher wert!

Hochsaison Marie Galante! Haha!
Menschenleere Strände – Hochsaison
Beachball am Strand

 

Türkisblaues Wasser! Anse Canot, Marie Galante
alte Zuckerfabrik mit Herrenhaus
Marie Galante
ein kühles Bier am Beach
Mangroven
Mangroven

Neels hat das „Angelfieber“ gepackt. Gleich am ersten Tag fängt er zwei kleine Fische, einen Tag später eine schöne Makrele. Doch danach scheint ihn sein Angelglück verlassen zu haben, trotz unermüdlicher Versuche!

Abends beim Geschirrabtrocknen sehen wir sie plötzlich, und sie uns:     Eine Kakerlake!! Sie verharrt kurz in ihrer Bewegung und hofft noch, nicht entdeckt zu werden, zu spät! Eine Kakerlake an Bord trotz aller Vorsichtmaßnahmen: keine Kartons, Schuhe werden penibel nach jedem Landgang gesäubert, Obst wird abgebraust…! Nach unserer kurzen Panikattacke greift Gerrit beherzt zum Lappen und versucht sie zu zerdrücken. Dies misslingt, da ihr Panzer sie tatsächlich gut schützt, sie entkommt. Der erste Punkt geht an sie, doch wir sind vorbereitet. Da wir diesen Besuch bereits erwartet haben, haben wir uns schon in Spanien mit einem Arsenal an Mittelchen ausgerüstet. Haha…, wer zuletzt lacht….! Wir verteilen die kleinen Kakerlaken-Hotels in verschiedenen Ecken und glaubt man der Illustration auf der Packung, so ist es eine totsicherere Sache. Wir haben sie noch nicht wieder zu Gesicht bekommen, hoffen wir mal, dass sie keine Großfamilie hatte!

Zurück auf Guadeloupe geht es weiter entlang der Küste von Basse-Terre. Wir bekommen deutlich zu spüren warum dieser Teil der Insel so begrünt ist: es regnet sehr häufig und sehr stark und die starken Fallwinde schleudern Mojito um seinen Anker! Nach zwei Tagen am Anker zeigt unser GPS 8 sm Strecke an, d.h. 15 Km nur am Anker!

Wir möchten die Wasserfälle und den Regenwald besuchen und vielleicht auch den aktiven Vulkan besteigen, doch zunächst heißt die schwierigste Hürde: ein Auto zu mieten! Nach unzähligen Telefonaten ergattern wir ein Auto, doch nur für einen halben Tag! Okay, besser als nichts, den Vulkan schaffen wir nicht mehr, schade!

Wir laufen verschiedene kleine Wanderstrecken durch den vom Regen aufgeweichten Regenwald, zu den Wasserfällen. Leider ist hier das Baden nicht mehr erlaubt, es gab nach dem Hurrikan Gerölllawinen. Doch wir hören von einer warmen Vulkanquelle zum Baden und machen uns auf dem Weg. Es ist recht abenteuerlich, der Boden ist aufgeweicht und glitschig, es geht über Baumwurzeln bergauf und bergab, am Flusslauf entlang durch den Regenwald. Tatsächlich erreichen wir eine Stelle am Wasserlauf, in der bereits drei Männer sitzen. Wir gesellen uns dazu und tatsächlich, es ist ca. 30-35 Grad warmes Wasser, durch den Vulkan aufgeheizt. Die Situation ist schon komisch: da sitzen wir bei 27 Grad Außentemperatur im Warmwasserbecken, mitten im Regenwald, und genießen die Wärme wie in der Sauna! Die Naturkulisse um uns herum ist spektakulär, was für ein Ambiente!

Grand Etang, Guadeloupe
Wandern durch den aufgeweichten Regenwald
warme Quellen mitten im Regenwald
Wasserfall

Weiter geht es zur nächsten Bucht, Ilets Pigeon, ein Naturreservat. Jacques Cousteau hatte dieses Revier als eins der schönsten Tauchreviere erkoren und erreichte, dass es unter Schutz gestellt wurde. Wir schnorcheln hier ausgiebig und bestaunen die bunte Unterwasserwelt.

Am nächsten Tag nimmt der Wind stark zu und wir ankern nun bei Windstärke 7, in Böen 8. Hui, da dauert es nicht lange und die ersten Yachten gehen auf Drift. Pech für die amerikanische Yacht neben uns, sie scheint genau in Strömungsrichtung zu liegen. Die erste Yacht treibt längsseits gegen ihren Bug, zum Glück scheint kein größerer Schaden entstanden zu sein. Zwei weitere Yachten geht es ebenso, sie driften gefährlich nah vorbei. Die Anspannung auf den Yachten ist groß, welcher Anker wird wohl als nächster aufgeben?

Windstärke 8 im Ankerfeld! Oha!

Wir sind mit unserem neuen Rocna-Anker sehr zufrieden, wieder einmal erweist er sich als zuverlässig.

Unser Problem ist ein anderes: Neels hat heute seinen Abreisetag und muss irgendwie mit Gepäck an Land gebracht werden. Der Koffer wird in Müllsäcke Wasserdicht verpackt, trockene Wechselkleidung ebenso. Während ich zur Ankerwache an Bord bleibe, kämpfen sich Gerrit und Neels mit dem Dinghy durch die Bucht und erreichen völlig durchnässt das Land! Traurig müssen wir uns von Neels verabschieden, die Tage sind so schnell verflogen.

Auch von Guadeloupe müssen wir uns verabschieden, wir müssen weiter, da das Ersatzteil für unseren Generator auf Sint Maarten wartet.  Wir werden Guadeloupe als die windigste, regenreichste, teuerste, abwechslungsreichste und europäischste Insel in Erinnerung behalten. Doch  auch als die Insel mit dem schlechtesten Telefon- und Internetnetz aller karibischen Inseln, dicht gefolgt von Martinique. Ein schwaches Bild, finden wir, dafür dass wir Europäer uns stets für so innovativ halten!

Weiter geht es nun nach Montserrat!

Pelikane halten eine Siesta in Deshaies

 

Dominica – Maria war vor uns da, ein Bild der Verwüstung

Dominica war die grünste und wildeste Insel, eine Naturschönheit, überwuchert von einem dichten Dschungel. War…! Bis Maria im September des letzten Jahres ihr Unwesen auf der Insel trieb, nun ist nichts mehr wie es war. Maria war ein Hurrikan der Kategorie 5, d.h. „absolut zerstörerisch“ und wütete mit einer Windgeschwindigkeit von über 260 Km/h über 9 Stunden über die Insel. Diese Insel wurde im Jahr 2015 bereits hart vom Hurrikan „Erika“ getroffen. Die Menschen waren schon vorher sehr arm, aber danach haben sie das Wenige, das sie besaßen, auch noch verloren!

 

Portsmouth, kaum ein Haus, das nicht beschädigt wurde
eine Hotelanlage kurz vor der Fertigstellung, nun schwer beschädigt
von weitem ist die geschundene Natur zu erkennen

 

Wir hörten schlimme Geschichten, von Überfällen auf Seglern, und waren verunsichert diese Insel überhaupt zu besuchen. Doch dann hörten wir viele positive Berichte von anderen Seglern, die von Dominica kamen und erzählten wie wichtig es für die Menschen auf Dominica ist, dass wenigstens die Segler wiederkommen. Der übrige Tourismus liegt brach, die Kreuzfahrtschiffe sind rar.

Von weitem sehen wir die geschundene Landschaft, aber es ist auch wieder etwas Grün zu sehen.

In der Prince Rupert Bay gibt es seit einigen Jahren eine hervorragende Organisation der Boatboys, die „PAYS“ (Porthmouth Association of Yacht Service/Security). Es gab früher unangenehme Vorkommnisse mit aggressiven Boatboys, die sie zum Umdenken bewegt haben. Sie haben ihr Logo, man kann sie erkennen und sie bieten jeden Service an, der gewünscht wird, ohne aufdringlich zu sein, und jeder Mitarbeiter wird für seine Aufgaben geschult. Sie weisen ausdrücklich darauf hin, dass das „S“ in ihrem Namen sowohl für „service“ als auch für „security“ steht. Wir fühlen uns in der Prince Rupert Bay absolut sicher, wie an vielen anderen Orten der Karibik auch.

Wir ordern über Funk eine Mooring-Boje. Eigentlich ankern wir lieber, aber hier machen wir eine Ausnahme, die Menschen sollen etwas durch uns verdienen. Jerome kommt mit seinem Boot angerauscht und ist uns mit den Leinen behilflich. Wir laden ihn an Bord ein und er erklärt uns die nötigen Gegebenheiten, wie das Einklarieren usw.

Wir können nur zwei Nächte auf Dominica bleiben, unser Sohn Neels kommt auf Guadeloupe zu Besuch, wir müssen rechtzeitig dort sein.Gerne würden wir die Insel besuchen, kein Problem, Jerome organisiert einen Fahrer für den nächsten Tag. Was für ein Service!

Am nächsten Tag treffen wir unseren Fahrer Dilon, er fährt uns mit seinem ramponierten Kleinwagen. Jedes Auto ist durch „Maria“ beschädigt, die Scheiben oft mit Plastikfolien notdürftig zugeklebt, die Karosserie verbeult.Noch schlimmer sind die Häuser: kaum ein Haus hat noch sein Dach, einige sind bereits neu gedeckt. Viele Häuser sind komplett zerstört, es fehlt an Baumaterial für die Reparaturen.

Dilon erklärt uns, dass „Maria“ eine Kombination aus Hurrikan und Tornado war, dadurch wurden die Bäume nicht nur geknickt, sondern auch gedreht und dadurch komplett entlaubt, sogar die Äste sind abgerissen. Nach „Maria“ standen nur noch nackte Baumstämme auf der Insel, nun, vier Monate später, sprießt es wieder zaghaft. Das was nicht weggeflogen ist, wurde von den Flüssen mitgerissen, es ist ein Bild der Zerstörung. Noch immer ist die Stromversorgung unterbrochen, die Telefonleitungen liegen teilweise auf der Straße. Es gibt kein fließendes Wasser, die Menschen waschen sich und ihre Wäsche in den zahlreichen Flüssen.

die Palmen sind entlaubt, von unten sprießt die Natur wieder
es muss noch viel weggeräumt werden
dies war ein kleines Restaurant…
ein trauriger Anblick

Wir besuchen eine kleine Schokoladen-Manufaktur. Sie haben dieses Jahr einen Totalausfall, keine Kakaobohnen, die Plantage ist zerstört, und auch keinen Strom für die Maschinen. Wir kaufen aus Mitleid Schokolade, auch sie müssen so viel wiederaufbauen. Ein Mann erzählt uns, er käme ursprünglich aus Florida, „Maria“ war der 16 Hurrikan in seinem Leben, doch so etwas hat er noch nicht erlebt. Er hat alles verloren, erzählt er, aber er lacht als er sagt: „… aber ich habe überlebt!“ Diese Worte hören wir so häufig an diesem Tag…!

die kleine Schokoladen- Manufaktur wird wieder aufgebaut
die Blumen erholen sich schneller als die Bäume. Sie sind sehr wichtig für die Kolibris.

 

die roten Felsen konnten Maria trotzen
Dilon zeigt uns Blumensamen, die sich zu Schmuck oder Musikinstrumenten verarbeiten lassen
Dilon kennt sich aus in der Natur und zeigt uns die Vielfalt die sie trotz Maria noch bietet

Nachmittags machen wir mit Johannes und Angelika, ein Seglerpaar aus Kiel, eine Bootstour über den Indian River. Jerome fährt uns und lacht sarkastisch als er sagt, wir könnten ja nun den Himmel sehen, das wäre früher bei dieser Tour nicht möglich gewesen. Früher bildeten die Bäume einen grünen Tunnel über den Fluss.

der Indian River und das was davon übrig ist
Jerome fährt uns

die einstige Schönheit lässt sich nur noch erahnen

Im Indian River wurden Teile des Films „Fluch der Karibik 2“ gedreht. Das Hexenhaus, eine Requisite aus dem Film, liegt zerstört am Ufer.

Gruppenbild mit Jerome, Angelika und Johannes

Dominica hat kein reiches Mutterland, sie sind zwar Mitglied des British Commenwealth, doch das bringt ihnen keine Unterstützung aus Groß Britannien. Ihre sozialistische Regierung tut sich schwer mit der Unterstützung, die Menschen sind auf sich gestellt.

Ein deutsches Seglerpaar war so erschüttert über diese Katastrophe und die Machtlosigkeit der Menschen. Sie haben ihre Freunde in Deutschland angeschrieben und um Geldspenden gebeten. Mit dem Geld wird die örtliche Schule wiederaufgebaut, wie lobenswert!

Über Funk kündigt die Organisation „PAYS“ ein Barbecue am Strand für den  Abend an. Diese Veranstaltung gab es vor „Maria“ jeden Sonntag. Heute findet sie zum ersten Mal wieder statt, es soll ein Zeichen sein, sie möchten Maria trotzen.

Es wird Fisch und Huhn gegrillt, es gibt Reis und Salat und natürlich Rumpunch. Der DJ mischt die Musik und anschließend wird ausgelassen zur Reggae-Musik gemeinsam am Strand getanzt. Die Einheimischen strahlen und freuen sich über die Segler, ein Stück Normalität kehrt für sie zurück. Aus der Musikanlage klingt ein Reggae-Song über „Maria“, die Menschen singen lauthals mit. Es klingt trotzig, besonders der Refrain: „we survive!“ Dabei heben sie die Arme kämpferisch in die Luft, die Stimmung ist sehr emotional und gleichzeitig herzlich und familiär.

Dominica und ihre Menschen haben uns sehr beeindruckt und werden noch lange in unserer Erinnerung bleiben und wir wünschen ihnen so sehr, dass so schnell keine weiteren „bad ladies“ die Insel aufsuchen!