Unser Mastbruch ist nun mehr als zwei Wochen her, und viel weiter sind wir leider nicht gekommen!
Am Tag unseres Unglücks, der 13. Februar(!), haben wir unverzüglich unsere Versicherung darüber informiert. Diese hat die Firma B&T in Bremen mit der Abwicklung des Schadenfalls beauftragt. Die Firma B&T hat uns gleich kontaktiert und versprochen, „uns mit ihrem weltweiten Netzwerk an Sachverständigen zu unterstützen“, Haha! Außer ein paar nette, warme Worte ist leider nichts passiert!
Zuerst wurde uns ein Experte zur Begutachtung in Aussicht gestellt, doch nach zwei Tagen hielten sie es dann doch nicht für nötig, wir hätten den Schaden ja hervorragend dokumentiert, okay…! Wir wundern uns, dass sie trotz der zu erwartenden, nicht unerheblichen Schadenhöhe auf ein Gutachten verzichten wollen, aber gut!
Sie wollen noch überlegen, ob wir Richtung Antigua fahren sollten, oder 100 sm südlich nach Le Marin auf Martinique (es ist Freitag, das Wochenende in Sicht…) Diese Entscheidung haben wir dann schließlich selbst getroffen, sonst würden wir noch heute auf Guadeloupe in der Ankerbucht sitzen. Antigua haben wir für uns ausgeschlossen: die Werften sind dort nach den Hurrikans überlastet und der Kurs gegen Wind und Welle erschien uns in dem jetzigen Zustand des Schiffes nicht ratsam – also Martinique.
Außerdem hat die Firma B&T auch eine Verschiffung nach Frankreich in Erwägung gezogen und wenn, dann sollte diese von Le Marin starten.
Also los, Zähne zusammenbeißen, das Wetter ist stürmisch und ungemütlich. Diese Reise war wahrlich kein Spaziergang: bei 25 Knoten Wind und seitlicher Welle gegen den beschädigten Rumpf, da fühlt man sich nicht wirklich gut! Es waren mehrere Kaps zu passieren, dort gibt es immer wieder unangenehme Böen. Während dieser Fahrt haben wir und Mojito mehr Salzwasser geschluckt als während der gesamten Atlantiküberquerung.
Die Stimmung an Bord war, zugegeben, etwas angespannt, da erreicht uns zwischen Guadeloupe und Dominica ein Funkruf (Gerrit hatte notdürftig eine Antenne zusammengebaut, wir hatten wieder Funk!). Eine fremde Yacht rief uns über Funk und fragte , ob wir das Schiff „ Mojito“ wären, das seinen Mast verloren hat?
Ja, das sind wir! Aber, wer seid ihr? Ihre Antwort: sie sind Pete und Bamboo aus der Schweiz mit ihrem Katamaran „Salty Walter“ und sie haben am Unglückstag unser Funkgespräch mit der Seenotrettung mitgehört und haben mit uns mitgefiebert und mitgefühlt. Nun haben sie heute unser AIS-Signal gesehen und sind in unserer Nähe. Sie wollen nur fragen, ob alles soweit gut ist oder ob wir irgendetwas brauchen.
Wir sind sprachlos und gerührt, wie nett! Nein, danke, im Moment brauchen wir nichts, aber es ist schön, sie in unserer Nähe zu wissen. Sie fahren die gleiche Route wie wir und peilen für die erste Nacht die gleiche Ankerbucht auf Dominica an. Abends sitzen wir dann bei einem Glas Wein zusammen und bedanken uns für ihre Anteilnahme!
Dieses mal ankern wir in Roseau auf Dominica. Auch hier sehen wir ein Bild der Verwüstung nach dem Hurrikan „Maria“. Wie klein ist da doch unser Problem!
Ein Boatboy begrüßt uns und fragt: „hey, ihr seid doch ein Segelboot und wo ist euer Mast?“ „weg…! Aber ihr habt auch viel verloren“. Er lacht und antwortet: „c´est la vie..!“ Es ist erstaunlich mit welcher Gelassenheit die Menschen auf Dominica ihr Schicksal ertragen.
Wir verbringen zwei nette Abende mit Pete und Bamboo, lachen viel, es ist so nett! Begegnungen wie diese machen unsere Reise so reich! Schon fühlt sich die unbequeme Reise zurück nach Martinique gar nicht mehr so schlimm an.
Zurück zu Mojito: in Le Marin angekommen klappern wir alle erforderlichen Firmen ab, vereinbaren Termine, holen Angebote ein. Wir haben noch nirgends eine so gut vernetzte und organisierte Marina gesehen wie hier, Hut ab! Die Firmen sind sehr bemüht, alles zeitnah abzuarbeiten, die Zeit drängt um eine Entscheidung zu treffen. Wir erfahren, das unser Mast eine Fertigungs- und Lieferzeit von 8-10 Wochen hat ,upps! Die Zeit sitzt uns im Nacken: laut Versicherungsvertrag müssen wir bis Ende Mai die Karibik verlassen haben. Auch für die anstehende Atlantiküberquerung Richtung Europa wird es knapp für uns. Eigentlich startet man von Martinique ab Mitte Mai, spätestens im Juni. Wir können jedoch den Mast nicht ordern ohne Freigabe durch die Versicherung und wir müssen bei der Bestellung den Auslieferungsort wissen. Für die Verschiffung in die Karibik wird der Mast nämlich zweiteilig gefertigt. All das teilen wir der Firma B&T mit, doch die verharrt weiterhin in Passivität.
Der alternative Rücktransport nach Europa per Schiff müsste zeitnah gebucht werden, da auch diese Plätze sehr begrenzt sind.
Da wir in der Zwischenzeit das Vertrauen zu dieser Firma B&T verloren haben, haben wir einen Gutachter beauftragt, den Schaden aufzunehmen und eine Expertise zu erstellen und die vorliegenden Angebote zu prüfen. Das wäre eigentlich die Aufgabe der Versicherung, nicht unsere! Überall ernten wir Kopfschütteln über die Vorgehensweise unserer Versicherung. Ein Franzose sagt:“…und ich dachte, ihr Deutschen seid gut organisiert!“
Derweil zaubert B&T nicht nur unglaubliche Fantasiepreise für die Reparatur in Deutschland aus dem Hut (sie haben den Preis für einen Mast und einen Baum erfragt und denken damit hätten sie das gesamte Rigg! Sehr kompetent, das schafft Vertrauen!!) Nein, sie denken auch darüber nach, einen Skipper zu engagieren, der unser Schiff im April von Lorient durch die Biskaya und den Englischen Kanal nach Norddeutschland bringt (angeblich für 1000,-€) und das ohne Rigg und mit beschädigten Rumpf. Dabei hatten wir die Weiterfahrt auf eigenem Kiel für das Schiff ausgeschlossen. Unsere Meinung dazu: dann können wir Mojito gleich hier versenken, das spart die Verschiffung nach Europa! Kann man diese Firma noch ernst nehmen?
Wir haben nun unseren Versicherungsmakler in Emden kontaktiert, auch er hat kein Verständnis für diese Vorgehensweise und unterstützt uns best möglichst.
Mal sehen, was der morgige Tag bringt! Es bleibt spannend, zermürbend und kräftezehrend. Wir wären doch jetzt lieber, wie geplant, auf den British Virgin Island, seufz!
Hier in Le Marin treffen wir wieder viele alte Bekannte und lernen weitere kennen. Wir treffen Leidensgenossen, die ebenfalls den Mast verloren haben, und tauschen uns mit ihnen aus.
Wir verbringen viele schöne Stunden mit netten Menschen.
Trotz aller Widrigkeiten haben wir unsere Reise nicht einen Tag bereut.