Die Ostsee-das haben wir uns alles ganz anders vorgestellt!

Große Erwartungen hatten wir keine, Vorurteile, wie sich unsere „Ostseezeit“ gestalten würde, hatten wir dafür genügend!

Nach unseren Jahren im Mittelmeer und in der Karibik, waren wir uns sicher, dass uns nun vornehmlich kalte Temperaturen erwarten würden. Dementsprechend packten wir viele warme Pullover ein, Funktionswäsche und warme Decken, frieren wollten wir nicht!

Zum Glück haben wir dann doch auch noch ein paar Sommersachen mitgenommen, nur für den Fall vielleicht in den Genuss ein paar  Sommertage zu kommen. 

Was wir jetzt erleben, haben wir uns in unseren kühnsten Träumen so nicht vorgestellt:

Perfekte Sommertemperaturen! Wir tragen meist Shirts und Shorts, laufen barfuß und können wieder täglich morgens schwimmen, das Wasser ist herrlich!

Die Temperaturen werden nie so heiß, dass man sich nicht mehr bewegen möchte. So können wir ausgedehnte Fahrradtouren unternehmen und die Landschaft bei schönstem Sommerwetter erkunden.

Nachts fallen die Temperaturen angenehm ab und damit steht einem erholsamem Schlaf nichts im Wege.

Was für ein Kontrast zu den letzten Jahren in teilweise brütender Hitze im Mittelmeer und der Karibik.

Eine weitere Befürchtung waren die Möglichkeiten zu Ankern.

Wie bereits mehrfach erwähnt, ankern wir am liebsten und sind nicht so gerne in Häfen. Ein Katamaran eignet sich dafür perfekt und für Häfen sind wir häufig zu sperrig. Wir hatten große Zweifel, ob wir in der Ostsee überhaupt Ankermöglichkeiten finden würden. Wie würde es dann in den Häfen aussehen, bekommen wir überhaupt einen Platz?  

In der Ostsee haben wir perfekte Ankermöglichkeiten vorgefunden und bislang nur eine Nacht im Hafen verbracht (und das nur um bequemer proviantieren zu können!). 

Zum Ankern finden wir immer passende Stellen, wir liegen meistens alleine oder in weitem Abstand mit ein paar Booten. Es ist kein Problem mit dem Dinghi an Land zu fahren und entweder an Stegen festzumachen oder am weitläufigen Strand an Land zu ziehen.

Gerrit hatte Sorge, ob das Ostseewasser für unseren Wassermacher tauglich wäre. Die Nordsee, besonders das Wattenmeer, ist dafür nicht tauglich, da viel zu viele Schwebteile vorhanden sind, die dann die Filter verstopfen.

In der Ostsee finden sich, außer in den Bodden oder stellenweise bei übermäßiger Algenblüte, immer wieder geeignete Stellen. Aufgrund des niedrigen Salzgehaltes in der Ostsee rauscht das Wasser blitzschnell durch, die Ausbeute an Trinkwasser pro Stunde ist  groß. Im Mittelmeer hat der Wassermacher, aufgrund des hohen Salzgehalts, dagegen richtig arbeiten müssen und viel länger gebraucht um die gleiche Wassermenge zu produzieren.

Wir fürchteten uns vor den zahlreichen Mücken, von denen wir schon im Vorfeld viel gehört hatten.

Eigentlich sind die Mücken nur mein Problem, Gerrit wird selten gestochen. Dazu kommt, dass ich auf Mückenstiche ziemlich heftig reagiere, wie auch auf Quallenstiche. Schlimme Erinnerungen sind für mich die Kap Verden, Griechenland und Martinique, wo ich Antihistaminika einnehmen musste, um überhaupt wieder die allergische Reaktion in den Griff zu bekommen.

Es gibt in der Ostsee überall sehr viele Quallen, doch sie tun nichts. Man kann gefahrlos an ihnen vorbei schwimmen und eigentlich finde ich Quallen dann auch ganz hübsch.

Mücken gibt es manchmal sehr viele (besonders in den Bodden) und manchmal gar keine. Aber auch die Mücken scheinen hier nur selten zu stechen, oder sie mögen uns nicht . Sie sind nur etwas unangenehm weil sie dauernd um uns herum schwirren. Wir sind vorbereitet und zünden unsere mitgebrachten Räucherspiralen aus Italien an, das zeigt Erfolg, viele Mücken verschwinden.

Aber der größte Pluspunkt, den die Ostsee sich verdient: man kann hier wunderbar segeln!!

Der Wind bleibt beständig aus einer Richtung, nimmt mal eine Windstärke zu oder ab. Keine Winddreher oder plötzliche Fallwinde wie im Mittelmeer oder noch schlimmer – überhaupt keinen Wind mehr. Bislang konnten wir jeden Törn von Anfang bis Ende wirklich segeln, ein Genuss.

Kurzum: die Ostsee überzeugt und wir sind froh es so zu spüren und zu erleben. Die Ostsee macht wirklich Lust auf weitere Törns, wer hätte das gedacht!

Trotz all der positiven Überraschungen, warten in der Ostsee auch neue Herausforderungen auf uns, aber sie sind auch die Würze im Seglerleben.

Die Fehmarnsundbrücke hat eine ausgewiesene Durchfahrthöhe von 21 Meter, je nach Pegelstand auch mal etwas mehr. Unser Schiff ist 21.60 Meter hoch, das heißt für uns, wir müssen Fehmarn umrunden, den längeren Weg auf uns nehmen. Nun ja, es gibt schließlich schlimmeres!

Wir hören den Notruf eines festgefahrenen Seglers irgendwo an der Küste. Die Seenotretter schleppen ihn wieder frei. Für uns eine Erinnerung die Wassertiefen noch mehr im Auge zu behalten, denn einmal festgefahren, gibt es in der Ostsee kein Hochwasser, wie in der Nordsee, das einen wieder aus der misslichen Lage befreit. 

Unser Weg führt uns zunächst von Warnemünde in Richtung Barther Bodden unterhalb von Zingst. Ein wunderschöner Segeltörn entlang der Ostseeküste, mit ihren endlosen Stränden. Die Ansteuerung schlängelt sich zwischen Hiddensee und Zingst und schon erblicken wir einen imposanten Seeadler, der über uns seine Runden zieht um sich dann im Naturschutzgebiet der Südspitze von Hiddensee niederzulassen. Was für ein beeindruckender Anblick!

Nicht weit davon steuern wir unseren Ankerplatz an, eine ausgewiesene Reede unterhalb des Naturschutzgebietes von Zingst. Aus der bewaldeten Fläche sind viele unterschiedliche Vogelstimmen zu hören und um uns herum schwimmen zahlreiche Schwäne, teilweise ganze Familien mit Babyschwänen.

Rund herum sind ausgewiesene Naturschutzflächen mit Betretungsverbot, dementsprechend reich gestaltet sich hier die Tierwelt. Es gibt viel zu sehen und zu hören und wir mitten drin!

Am nächsten Tag geht es weiter hinein ins Boddengewässer, Richtung Barther Bodden, vorbei an zahlreichen Landschaftsschutzgebieten. Wir können uns nicht sattsehen an weitläufige Uferbereiche mit einzelnen Häusern und immer wieder große Sandbänke mit vielen unterschiedlichen Vögeln auf Nahrungssuche.

Das getonnte Fahrwasser ist eng, besonders bei Gegenverkehr, meine Nerven sind etwas angespannt und ich bewundere mal wieder Gerrits Ruhe. Im Barther Bodden finden wir einen perfekt geschützten Ankerplatz, den wir auch brauchen, denn es ist viel Wind und Starkregen für die Nacht vorhergesagt. Die geringe Wassertiefe von etwas mehr als 2 Meter bereitet uns  Sorge, damit haben wir nämlich nur 0,7 Meter Wasser unterm Kiel. Das ist eigentlich nicht genug um viel Wind abzuwettern. Sollte sich eine größere Welle aufbauen, könnte es für Mojito zu einer Grundberührung kommen. Es ist abends, eine Alternative zum Ankerplatz bietet sich nicht, also bleiben wir, ein mulmiges Gefühl haben wir dennoch, doch wir trösten uns, denn es ist ja nur weicher Schlick. Nachts schüttet es wie aus Eimern, es ist so laut, dass wir beide keinen Schlaf finden, doch die befürchtete Wellenbildung bleibt zum Glück aus. 

Am nächsten Tag ist der Spuk vorbei, das Wetter ist wieder sommerlich, wir hören im Radio, dass es infolge des Starkregens (80 l/qm!!!) einige Küstenabbrüche auf Rügen gab.

Wir bringen mit unserem Dinghi unsere Fahrräder an Land und erkunden Barth, Prerow, den Darß und Zingst. Barth, Prerow und der Darß gefallen uns besonders gut: schöne Wege durch ausgedehnte Wälder, dazwischen immer wieder der Blick auf die Ostsee. In Prerow bewundern wir schöne reetgedeckte Häuser mit teilweise bunten Darßer Türen. Diese bunten Türen stammen aus dem 18 Jhdt. und zeugen von dem einstigen Wohlstand der Bewohner und waren zur damaligen Zeit eine Art Visitenkarte.

Ankern im Barther Bodden. Das Dingi ist an Land gezogen, wir bauen unsere Fahrräder zusammen
mit dem Fahrrad nach Prerow
Ostseestrand auf Darß
Darßer Türen mit Symbolen der Antike, die aufgehende Sonne als Glückssymbol, der Lebensbaum in Form eines Tulpenstraußes
Seemannskirche von Prerow

Trotz Hochsaison herrscht hier eine sehr angenehme Atmosphäre. Die Menschen sind wunderbar entspannt, es gibt keine laute Gruppen, alles sehr unaufgeregt. Wir essen ein leckeres Fischbrötchen auf einer Bank und genießen den Moment.

Weiter geht es für uns nach Hiddensee, wieder eine schöne Ankerbucht im Bodden unterhalb von Neuendorf. Wieder ankern wir direkt neben einem Naturschutzgebiet im Süden der Insel, fünf Minuten Fußmarsch quer über die Insel und man hat einen herrlichen einsamen Ostseestrand vor sich. Auch hier nehmen wir unsere Fahrräder mit dem Dinghi an Land und fahren  bis nach Dornbusch, der Nordspitze von Hiddensee. Die Insel verzaubert uns, hier kann man die Seele baumeln lassen und die Zeit vergessen. Das tun wir und bleiben ein paar Tage, fahren immer wieder mit dem Dinghi an Land und baden ausgiebig am herrlichen einsamen Ostseestrand. Hiddensee überzeugt, wir könnten auch einfach hier bleiben, aber die Neugierde treibt uns doch weiter.

Landgang auf Hiddensee, Mojito am Anker
Weg vom Ankerplatz nach Neuendorf auf Hiddensee
Leuchtfeuer Gellen auf Hiddensee
Abendstimmung Strand Hiddensee
Dorfstraße von Neuendorf
Blick von Dornbusch hinüber nach Rügen
Pause am Hafen von Kloster auf Hiddensee

Wir fahren weiter nach Rügen, in den Wieker Bodden. Zu Zeiten der DDR war dies teilweise  Militärsperrgebiet, dadurch ist eine herrliche Natur erhalten geblieben. Wir beschließen in der Nähe von Dranske zu ankern, damit wir im Ort frisches Gemüse einkaufen können. Ich habe in einem Buch gelesen, Dranske ist ein Ort für ausgesprochene Naturliebhaber, „Nachts hört man gar nichts, außer es wird ein Tier erlegt“. Bei uns ist es kein Tier das wir abends hören, bei uns ist es die Dransker Jugend, die Abends beschließt eine kleine aber laute Beachparty direkt vor unserem Ankerplatz zu veranstalten! Erst nehmen wir dies noch mit Gelassenheit hin, doch die Beats aus den Boxen nehmen mit jeder weiteren Abendstunde an Lautstärke zu (ein exponentielles Wachstum!!) und so beschließen wir kurz vor der völligen Dunkelheit unseren Ankerplatz zu wechseln, die Freiheit besitzen wir, zum Glück!

Wir ankern schließlich neben der verlassenen Militäranlage, lauschen den Vogelstimmen und genießen wieder die Ruhe. Keine dröhnende, monotone Beats mehr, statt dessen wünschen sich hier Fuchs und Hase eine gute Nacht, wie wohltuend!   

Wir erfahren, dass Investoren genau hier einen großen Ferienkomplex planen, mit 2000 Betten und großer Marina. Oh je, das wäre sehr schade. Hoffentlich lässt sich das verhindern! Rügen würde sich damit eher schaden, schließlich besteht schon jetzt ein Überangebot an Betten.

In Dranske gestaltet sich die Einkaufsmöglichkeit sehr bescheiden, so beschließen wir doch noch Wiek anzulaufen. Wir möchten eigentlich nur nachsehen, ob wir überhaupt eine Chance haben im Hafen von Wiek einen Platz zu bekommen. Der sehr freundliche Hafenmeister unterbricht für uns seine Mittagspause und winkt uns heran damit wir längsseits anlegen können. Ein netter kleiner Hafen mit einem ebenso nettem Ort, das alles zu einem sehr moderatem Liegegeld und ohne Katamaranzuschlag.

Wir nutzen die Gelegenheit, dass wir unsere Fahrräder so bequem an Land bekommen können und erkunden die weitläufige Landschaft von Rügen bei wunderschönem Abendlicht. 

perfekte Fahrradstrecke durch endlose Getreidefelder auf Rügen
Blick über den Breeger Bodden auf Rügen
Breege auf Rügen

Wind und Wetter sind perfekt, wir überlegen nun spontan doch noch nach Schweden zu segeln. Über Schweden liegt ein stabiles Hoch, der Wind passt auch, also los! Den Wecker auf 5 Uhr morgens stellen, kurzes Frühstück und los geht´s. 

Wir müssen erst 12 sm (2 Stunden Fahrt) aus dem Bodden rausfahren um dann in die Ostsee zu kommen. Das Fahrwasser ist eng, die morgendliche Stimmung wirkt gespenstisch. Plötzlich geht ein starker Ruck durchs Boot, Mojito steht, wir haben uns festgefahren, upps. Zum Glück nur mit einer Kufe, nach einigem hin und her kommen wir wieder frei, ist noch mal gut gegangen!

Es ist doch mehr Wind als gemeldet, statt Bft 4-5 sind es 5-6. Das sind die Momente in denen uns unser innerer Schweinehund ins Ohr flüstert:„ eh, bleib doch einfach hier. Hier ist es schön und safe. Was willst du draußen in der Welt?“

Nein, trotz aller Verlockung, wir hören nicht auf den inneren Schweinehund und werden dafür belohnt.

Mojito kämpft sich mit Bravour durch das launische Wetter, die Segel sind vorsorglich gerefft und wir „fliegen“ nach Simrisham, eine hübsche kleine Stadt in Südschweden, mit einem perfekten Ankerplatz direkt vor dem Strand.

Ankunft in Simrishamn, Schweden
Abendspaziergang
erstes Ankern in den Schären von Karlskrona, vor Flakskär
Komposttoilette für Besucher der Insel
einfache Mietunterkünfte für Kanuten oder Bootfahrer auf Flakskär
Die Ölandsbron, die Brücke nach Öland war lange Zeit die längste Brücke Europas ( 6 Km)

Wir denken natürlich wieder mal „deutsch“ und suchen am nächsten Tag gleich einen Geldautomaten damit wir in den Besitz von schwedischen Kronen kommen. Den einzigen Automaten, den wir erblicken ist ein ATM, doch den wollen wir aufgrund der hohen Gebühren nicht. Wir finden eine Bank, doch ohne Geldautomaten!? Eine Nachfrage bei Google gibt des Rätsels Lösung: in Schweden bezahlt man überall mit Karte, auch Kleinbeträge, das sei schließlich viel hygienischer. Stimmt! Tatsächlich können wir das Gemüse auf dem Wochenmarkt mit Karte bezahlen, auch ein kleines Eis ist kein Problem. Jeder macht es so, wie praktisch. Warum tun wir uns in Deutschland damit so schwer? Und dann denken wir auch noch, wir wären so innovativ!? I

In Schweden überzeugt auch mal wieder das gute Mobilfunknetz. Egal wo wir sind, ob in den entlegensten Schären oder in Stadtnähe, überall haben wir ein hervorragendes Netz. Diese Erfahrung haben wir bereits in anderen Ländern gemacht, nur Deutschland kann da nicht mithalten.

Es wartet schon wieder eine weitere Herausforderung auf uns: die schwedischen Schären. Wunderschön aber tückisch. Hier gibt es Untiefen, die eine Unaufmerksamkeit nicht verzeihen, denn hier ist es kein weicher Schlick oder Sand, hier sind es Felsen. Wir wagen uns hinein in das Schärengebiet und sind wieder einmal etwas angespannt. Es klappt gut, wir finden einen schönen Ankerplatz und wie so oft beim Segeln – ab dem zweiten Mal wird es fast Routine!

Wieder sind wir überrascht von der ausgestrahlten Ruhe und das mitten in der Hochsaison. Wir finden wunderschöne Ankerplätze in den Schären und besuchen anschließend die Stadt und das Schloss Kalmar. Hier ankern wir direkt vor dem Schloss und erfahren später, dass dies der Hauptankerplatz aller Handels- und Kriegsschiffe im Mittelalter war. Das zu fühlen ist immer ein besonderer Moment, wenn man sich vorstellt, was sich hier, an unserem jetzigen Ankerplatz, alles abgespielt hat. 

Im Schloss Kalmar treffen wir unerwartet auf eine Verbindung nach Ostfriesland, auf Katharina Wasa. Sie lebte im 16. Jhdt und war die älteste Tochter des König von Schweden, der sie nach Ostfriesland verheiratete. Katharina Wasa hat die Burg in unserem Heimatdorf Pewsum erbauen lassen. So klein ist die Welt! Wir besichtigen das Schloss und begeben uns auf Katharinas Spuren. Das Schloss ist hervorragend restauriert und die Ausstellung ist die beste, die wir je in einem Schloss gesehen haben. Man hat das Gefühl, die Bewohner sind nur kurz aus dem Raum gegangen. Im Kamin lodert ein künstliches Feuer, die Festtafel ist reichlich gedeckt und dekoriert, man hört im Hintergrund leise Stimmen und Musik. In der Hofküche brodelt die Suppe auf dem Feuer, man riecht angenehme Essensgerüche. Am liebsten möchte man eine von den frischen Pasteten stibitzen, sie sehen täuschend echt und lecker aus, doch leider sind sie aus Plastik. 

Wir bekommen eine Vorstellung in welch einem Luxus das Königshaus lebte. Die Wasa-Könige liebten das Feiern und zelebrierten ausschweifende Essen. In einem Monat benötigten sie:

  • 63 Ochsen, 28 Kälber, 298 Schafe und Lämmer, 26 Hasen, 63 Gänse, 980 Hühner und Hähnchen, 950 Wildvögel, 858 Lachse und Hechte, 6 Fässer gesalzenen Fisch, Schinken usw. dazu viel Bier und Wein (den sie importieren mussten)
Schloß Kalmar
Mojito am Anker vor Schloß Kalmar
luxuriöser Anlegesteg in Kalmar
die Festtafel auf Schloß Kalmar ist gedeckt, wie nett
in der Schlossküche wird scheinbar fleissig gearbeitet
Catharina Wasa, die schwedische Verbindung nach Pewsum

Kalmar präsentiert sich als hübsche, kleine Stadt. Nach zwei Tagen an diesem schönen Ankerplatz zieht es uns weiter in das nächste Schärengebiet, die Bla Kusten, zwischen Oskarhamn und Nyköping. Wir ankern mitten im Schärengebiet, umgeben von lauter Sommerhäuschen, eins schöner als das andere. Es duftet nach Nadelbäumen und aus einzelnen Häusern hört man leises Gemurmel. Wir fühlen uns sofort pudelwohl, hier könnten wir für immer bleiben. So stelle ich mir Bullerbü vor.

Anwohner kommen mit dem Boot vorbei und grüßen freundlich, suchen manchmal das Gespräch. Eine Frau entschuldigt sich, dass sie so nah vorbei fährt. Dabei sind wir es doch, die vor ihrem Haus ankern!

Die Schweden sind so freundlich und zurückhaltend, es ist einfach nur schön.

Als es Abends dunkel wird, sieht man von den Häusern einzelne Lichter um uns herum und wir mitten drin! Es wirkt heimelig und es fehlt nur noch, dass wir uns alle eine gute Nacht wünschen!

Abendstimmung in den Schären – kitschig schön
manche Durchfahrten sind auch eng und abenteuerlich
noch ein Ankerplatz in den Schären

Wir verbringen noch einige Tage in diesen wunderschönen Schären und erleben unseren ersten Regentag mit starkem Wind. Es hat den positiven Effekt, dass Mojito wieder sauber gewaschen wird.

Start in die Ostsee, anders als ursprünglich geplant

Das Jahr 2021 ist ein merkwürdiges Jahr, das ist es wohl für uns alle.

Bei unserem Start in Spanien, im vergangenen Jahr, hatten wir uns dieses Jahr  ganz anders vorgestellt. Die große Ostseerunde war geplant, hinauf in den Botnischen Meerbusen, dort wollten wir Mitsommer erleben. All das haben wir uns in den schönsten Farben ausgemalt, doch dann kam Corona und veränderte die Welt und unsere Pläne!

Mojito hat den Winter in Norddeutschland an Land verbracht, zwar mit herrlichem Blick auf die Insel Norderney, aber dafür dem norddeutschen Wetter erbarmungslos ausgesetzt. Wenn wir während der Wintermonaten nach Mojito schauten, bot sich (für uns) ein trauriges Bild: die seltenen Sonnentage und die niedrigen Temperaturen ließen  Mojito nur selten trocknen, an vielen Stellen zeigte sich schon Grünspan. „Oh je, das bekommen wir nie wieder hin!“ – so unsere Befürchtung.

Das Frühjahr 2021 lässt lange auf sich warten, doch so bald die Temperaturen es zulassen, arbeiten wir unermüdlich am Schiff. Auch das Team der Störtebeker Werft in Norddeich ist, wenn es gebraucht wird, verlässlich und immer sehr freundlich zur Stelle.

Zunächst muss noch einmal der Mast gelegt werden, um die Mastplatte neu zu fertigen. Die alte Mastplatte war zu klein und bot für den Mast keine ausreichende und zuverlässige Standfestigkeit. Leider wurden nach unserem Mastbruch einige Arbeiten unbefriedigend erledigt. Nun endlich ist auch dieser Fehler beseitigt. Die Störtebeker Werft fertigt uns eine neue Platte an, mit Sachverstand und fachmännischem Geschick, genau nach Gerrit´s Vorstellung.

Der Mast wird abgebaut, eine kniffelige Angelegenheit. Die Elektrik im Mast und die Wanten müssen abgebaut werden.

Mojito ohne Mast

Der alte Grundplatte unter dem Mastfuß ist zu klein. Für uns keine vertrauenserweckende Konstruktion

Die neue Mastplatte sieht doch viel Vertrauenserweckender aus!

Der Mast wird wieder montiert

Es werden noch einige Gelcoat-Arbeiten erledigt, Gerrit und ich spucken uns in die Hände und streichen das Unterwasserschiff neu. Da wir hier das spezielle Coppercoat auftragen, eine Kupfer-Epoxy-Mischung, bedeutet das, es müssen fünf Schichten aufgetragen werden, ohne dass sie zwischendurch durchtrocknen. Sprich: morgens früh anfangen und bis spät abends streichen. Das ist der Moment indem man sich doch ein Einrumpf-Boot wünscht!! Am folgenden Tag schmerzen alle Muskeln und die Knie, doch die Mühe war es wert, nun haben wir hoffentlich für zehn Jahre Ruhe.

Mojito ohne Mast, das Unterwasserschiff ist angeschliffen und zum Streichen vorbereitet

Nun wird gestrichen

Fertig!

Wir sind mit dem Ergebnis sehr zufrieden

Zum Schluss noch ein paar Polierarbeiten und dann kommt der lang ersehnte Moment:  der Kran hebt Mojito  wieder ins Wasser!

Mojito muss über eine öffentliche Straße zum Wasser

Der lang ersehnte Moment: es geht wieder ins Wasser

Jetzt noch das Teakdeck schrubben, das übrige Deck wachsen und Mojito strahlt wie lange nicht mehr! Keine Spur mehr vom Grünspan und von den schwarzen Regenstreifen, wer hätte das gedacht.

Damit wir nicht verhungern wird noch proviantiert. Ich muss mich bremsen: es geht nur in die Ostsee, nicht über den Atlantik! Es droht keine Hungersnot, auch an der Ostsee gibt es Supermärkte!

Endlich geht es los Richtung Ostsee. Leider nicht die geplante große Runde, nur eine kleine Runde, wir machen keine Pläne mehr, wir werden sehen was geht.

Die erste Nacht liegen wir vor Anker unter Juist und genießen die herrliche Stimmung im Wattenmeer, umgeben von Seehunden, die sich faul auf der Sandbank wälzen und zahlreichen Vögeln, ein Traum.

Am nächsten Tag stellen wir den Wecker auf 5 Uhr, wir wollen das auflaufende Wasser  und die damit verbundene Strömung nutzen um nach Cuxhaven zu kommen. Die morgendliche Stimmung im Wattenmeer ist unbeschreiblich, leichte Nebelschwaden ziehen an uns vorbei, die Tierwelt erwacht. Ein schöner Tag auf dem Wasser, leider ohne Wind, dafür eine platte Nordsee,  wie man sie selten erlebt. Wir fühlen uns wie im Mittelmeer.

Zum Glück die Ausnahme: Hafenliegen in Cuxhaven

Wir sind gespannt auf unsere erste Passage durch den Nord-Ostsee-Kanal. Natürlich haben wir uns belesen und hoffen alles richtig zu machen. Als wir uns Brunsbüttel nähern, hören wir im Funkverkehr, dass einige Sportboote schon über eine Stunde vor der Schleuse warten und der Schleusenwärter sie um eine weitere Stunde vertrösten will. Eine Seglerin lässt nicht locker und fragt noch einmal nach, entnervt verkündet der Schleusenwärter nun die Sportboote doch schon zu schleusen. Perfekt für uns, wir können ohne Wartezeit direkt in die Schleuse fahren, Glück muss man haben! Wir haben Mojito gut abgefendert und erwarten, wie in anderen Schleusen, unangenehme Strudel. Doch gefühlt passiert nichts und nach kurzer Zeit öffnet sich das zweite Tor. Das war alles?? Und dafür wird geschleust? Egal, wir sind im Nord-Ostsee-Kanal, unglaublich. Die Landschaft ist schön, wir fühlen uns ein bisschen wie in Holland, das Wetter ist sommerlich, so kann es weiter gehen. Wir ankern Nachts im Flemsee, ein idyllisches Plätzchen am Rand des Kanals.

Einfahrt in den Nord-Ostsee-Kanal

Festmachen im Nord-Ostsee-Kanal

Nord-Ostsee-Kanal

Über Nacht ankern im Flemsee, ein schöner Platz am Rand des Nord-Ostsee-Kanal

Am nächsten Morgen geht es weiter nach Kiel und nach einer weiteren perfekten Schleusung (wieder ohne Wartezeit!) werden wir in die Ostsee ausgespuckt. Nun noch bezahlen, so steht es in der Broschüre, in den aktuellen Handbüchern und auch im Internet. Der Bezahlautomat am Ufer in Holtenau ist schnell ausgemacht, doch die Anlegestege sind alle belegt, na toll!

Die Boote scheinen hier nicht nur zum Bezahlen zu liegen, die Crews verlassen ihre Boote mit Einkaufstaschen. Und wie sollen wir nun bezahlen??? Einfach weiterfahren ohne zu bezahlen – nein, das tun wir nicht. Ein Steg ist mit Flatterband gesperrt, anlegen ist hier verboten. Mit mir kann man grundsätzlich nichts verbotenes tun, da bin ich sehr strikt, doch hier sehe ich entnervt ein, hier bin ich doch bereit für eine Ausnahme. Wir legen unter widrigen Umständen an, machen so gut es geht fest, Gerrit klettert über das Absperrband an Land und hechtet zum Bezahlautomat. Ein Segler fährt vorbei und macht mich darauf aufmerksam, dass wir hier nicht anlegen dürfen. Ich weiß, entgegne ich, wir wollen nur bezahlen, wir sind gleich wieder weg. Er klärt mich auf, dass das Schleusen im Jahr 2021 für Sportboote kostenlos ist. Wie schön! Noch schöner wäre es, wenn es zumindest im Internet vermerkt wäre. Na ja, nun wissen wir es auch! Gerrit kann wieder an Bord, wir können die Leinen lösen und direkt in die Kieler Förde, in die nächste wunderschöne Ankerbucht. Weiter östlich soll es, laut Wetterbericht, unwetterartige Gewitterzellen geben. Da bleiben wir lieber hier, gehen endlich wieder ausgiebig schwimmen und sehen dem regen Treiben in der Kieler Förde zu. Herrlich!

Ankerbucht in der Kieler Förde

Abendstimmung in der Ankerbucht der Kieler Förde

Da wir die bescheidene Infrastruktur der Nordseeküste kennen, beschließen wir die gute Infrastruktur  der Kieler Förde zu nutzen und fahren die nächste Tankstelle an, gemäß dem Motto: „was man hat, das hat man!“

Wie wählen jene Tankstelle aus, die laut Handbuch, die am besten anzusteuernde Tankstelle der gesamten Kieler Förde ist. Das klingt sehr gut!  Wir wissen schon, dass es hier nicht sehr viele Katamarane gibt und dass die Vielzahl der Ostseeboote eher klein ist und wir eher überdimensioniert sind. Wir sind zuversichtlich, dass sich alles meistern lässt. Doch als wir die Tankstelle ansteuern, bekomme ich Schweißperlen auf der Stirn. Eins ist sicher: wenn wir tanken, passt kein zweiter hierher! Ich bewundere Gerrit´s Ruhe.

Nun kommt der Moment, den wir beide nicht mögen: wenn ich die Leine aus der Hand gebe, bin ich demjenigen der sie annimmt gnadenlos ausgesetzt! Deshalb gebe ich stets die klare Anweisung, mir doch bitte die Leine gleich zurückzugeben, sie nur einmal um die Klampe oder Poller zu legen, biiitte!  In der Karibik und auch im Mittelmeer ist das kein Problem, dort kennen sie sich mit Katamaranen aus und wissen wie sie festmachen müssen, damit wir in die Leine „eindampfen“ können und uns problemlos an den Steg ziehen können. Der Tankwart fordert die Leine für sich, lieber würde ich sie selbst um die Klampe legen, dann hätte ich sie nämlich weiterhin in der Hand! Doch ein echter Kieler Tankwart lässt sich von einer Frau nichts sagen, schaut er doch auf einer langen Erfahrung mit Segelbooten zurück. Er denkt überhaupt nicht daran mir die Leine wiederzugeben, nein, er wählt zum Festmachen auch noch die vordere Klampe am Steg, so kann Gerrit unmöglich anlegen! Der Steg ist nach vorne durch ein Segelboot an seinem Liegeplatz begrenzt und von hinten wuselt ein Gruppe Jollensegler dicht an uns vorbei. Nun schwindet, zu recht, Gerrit´s Gelassenheit, er weist mich scharf an, Mojito an der hinteren Klampe festzumachen. Ich flehe den Tankwart an, mir die Leine zurückzugeben, doch er denkt überhaupt nicht daran. Statt dessen kommt etwas machomäßig: „nun beruhig dich mal, ich mach das schon“. Tatsächlich löst er nun die Leine von der Klampe, kurz habe ich die Hoffnung, dass er doch die hintere Klampe am Steg belegt. Doch da werde ich enttäuscht, nun versucht er den Katamaran mit Muskelkraft zu sich zu ziehen. 11 Tonnen mit zwei Rümpfen, oh je! Als Gerrit und ich kurz vorm Herzinfarkt sind, sieht der Tankwart es endlich ein und belegt die hintere Klampe. Endlich, warum nicht gleich so! Mein Blutdruck ist wahrscheinlich nicht mehr messbar! Gut dass die Ostsee nicht so viel Strömung hat wie die Nordsee und dass der Wind heute sehr wohlwollend ist. Puh, alles nochmal gut gegangen!

Wir verbringen ein paar weitere Ankertage in der Kieler Förde und sind sehr angenehm überrascht. Die Landschaft ist schön, das Wasser lädt wieder zum morgendlichen Schwimmen ein, so kann es weiter gehen. Und tatsächlich, nach einem perfekten Segeltag (ohne ständig wechselnde Winde wie im Mittelmeer!) finden wir die nächste schöne Ankerbucht vor Heiligenhafen und wechseln nach wunderbaren Tagen hinüber nach Fehmarn. Auch hier traumhafte Ankerbedingungen, wow, das hatten wir nicht erwartet. Wir sind von der Ostsee sehr angenehm überrascht.

Wir verlassen den Ankerplatz vor Heiligenhafen

Beim Landgang im gemütlichen Hafen Orth auf Fehmarn geraten wir in die Dreharbeiten der Krimi-Reihe Nord-bei-Nordwest. Ach, Schwanitz ist eigentlich Orth?! Tatsächlich, wir erkennen zahlreiche Requisiten. Mal sehen, ob wir in den nächsten Filmen irgendwo Mojito im Hintergrund ausmachen können, draußen in der Ankerbucht. Schließlich hat es Mojito schon einmal als Wetterbild in die Tagesschau geschafft, vielleicht jetzt im Krimi, wer weiß!

Fehmarn in Sicht

Ankern vor Fehmarn

Der gemütliche Hafen Orth auf Fehmarn

Landfall bei Warnemünde

Ostseestrand oder vielleicht doch die Karibik?