Endlich geht es los! Die Anspannung ist allen Teilnehmern anzumerken. Eigentlich haben alle das Gefühl nicht alles geschafft zu haben. Manchmal funktioniert die Technik nicht, oder bestellte Ersatzteile werden nicht geliefert.
Wir hatten noch mit unserem Satelliten-Telefon zu kämpfen, das Senden der Emails wollte aus unerklärlichen Gründen nicht funktionieren. In jeder morgendlichen Funkrunde der Atlantik-Odyssey kam die Ermahnung: „es fehlt die Test-Email von Mojito..“ Zum Glück gab es Unterstützung durch andere Teilnehmer, so kam Johan aus Schweden, von der Segeljacht „Rubicon“, an Bord um uns zu helfen. Die Ursache konnte er auch nicht finden, aber dann funktionierte es letztendlich irgendwann doch, warum auch immer..!!
Obwohl es sich bei dieser Odyssey nicht um ein Rennen handelt, werden im Vorfeld schon die Favoriten ausgemacht. Als Favorit gilt, so erzählt man sich, die Segelyacht Akoavi, eine Pogo, mehr Racing-Yacht als Touren- Boot. Sie ist spärlich ausgestattet, sie hat nicht mal Türen – das Gewicht muss minimiert werden, wenn man schnell sein will! Schluck…., ich denke an die zahlreichen Kisten mit Vorräten, die ich an Bord geschleppt habe! Überhaupt hat Mojito an Gewicht zugelegt. Das erste Mal im Kran wog er noch 11 Tonnen, ein Jahr später waren es schon 12 Tonnen! Gefühlt ist nun noch bestimmt eine Tonne dazu gekommen..! Pah.., wer will denn schon als erster ankommen. Es soll uns schließlich an nichts mangeln, gut essen ist auch wichtig für die gute Laune an Bord, so!!
Außerdem weisen Jimmy und Doina darauf hin, dass es keinen Preis für die schnellste Yacht gibt, dafür soll es einen Preis für den größten, gefangenen Fisch geben und zwar einmal für die Kinder und einmal für die Crews.
Alle Crews treffen sich zum Abschied, wir wünschen uns „fair winds“, herzen uns noch einmal und dann geht es eilig zu den Booten, die Leinen werden gelöst und los geht´s…
20 Minuten nach dem Start meldet sich Johan von „Rubicon“ über Funk und verkündet stolz: „ an alle Teilnehmer der Odyssey – der Fischpreis geht an mich, ich hab einen Thunfisch an der Angel!“ Unglaublich, was haben die denn für einen Köder, wahrscheinlich ein schwedisches Spezialmodell. Wir mühen uns seit Monaten ab, und kaum ein Fisch beißt, und da kommen die Schweden und fangen einfach so einen Thuna…!!
Kurz nach dem Start hören wir über Funk Traffic Control Teneriffa mit einer Securite-Meldung, in der sie vor der Atlantik-Odyssey Ralley warnen! Im Mittelmeer kannten wir diese Meldungen über gesichtete Flüchtlingsboote und nun waren wir es, vor denen gewarnt wurde.
Es ist so schön wieder auf See zu sein! Diese wunderbare, reine Luft und in der Nacht dieser unbeschreibliche Sternenhimmel und die Meeresleuchten im Fahrwasser! Wir haben Wale neben uns, deutlich können wir das Ausblasen erkennen und dann eine Schwanzflosse aus dem Wasser, bevor sie wieder weiter ziehen. Fliegende Fische kreuzen immer wieder unseren Weg und eine große Delfinschule von 50 bis 100 Tieren begleitet uns ein ganzes Stück.
Ein unbeschreibliches Gefühl auf See: die Zeit scheint gleichzeitig stehen zu bleiben und zu fließen. Die Tage auf See vergehen unglaublich schnell, gleichzeitig spielt Zeit keine Rolle – man passt sich dem Rhythmus der Natur an.
Am zweiten Tag gibt es leider nur sehr wenig Wind, das muss man dann auch mal aushalten können. Dafür fangen wir auch mal einen Fisch, eine wunderschöne Goldmakrele. Leider verliert sie ihre leuchtend gelbe Farbe sobald ihr Leben erlischt, das ist schon grausam. Abends räuchern wir sie auf dem Grill, hm…köstlich! Meine moralischen Bedenken sind da ganz schnell vergessen.
Am nächsten Morgen meldet sich Martin von dem Katamaran „Tamouré“ über Funk. Das ist die Deutsch-Französische Familie mit ihren drei zuckersüßen Kindern. Sie sind ein Tag später gestartet, weil sie noch auf eine nicht erfolgte Lieferung warten mussten. Unglaublich, dass wir sie hören können, sie sind mehr als 120 sm entfernt. Die Kinder sind ganz aufgeregt und berichten über ihre gefangene, große Goldmakrele. Die Goldmakrele hatte noch selbst eine Anchovie im Mund als sie dann selbst gefangen wurde. Nun hoffen die Kinder damit den „alternativen Fotopreis“ zu gewinnen!!
Wie bekommen einen unerwarteten Gast, ein kleiner, erschöpfter Vogel. Ich hatte ihn schon am Vortag bemerkt, er flog unser Boot zur Backbordseite an. Er hat uns kurz in Augenschein genommen, um sich dann doch zum Weiterfliegen zu entscheiden. Ein Tag später hat er sich gedacht, „okay, bevor ich im Ozean ersaufe, komme ich dann doch lieber an Bord“, für ihn wohl eine Entscheidung zwischen Pest und Cholera! Er will sich gleich im Salon einnisten, am liebsten hinter den Gardinen. Die Idee finden wir nicht so toll, haben wir doch noch den letzten geretteten Vogel in Erinnerung: noch in Torrevieja fischten wir einen Spatz aus dem Wasser, er war mehr tot als lebendig. Wir nahmen ihn an Bord, haben ihn getrocknet, gaben ihm zu fressen. Als er wieder zu Kräften gekommen war, flog er los, aber vorher hat er noch zum Dank unsere Polster vollgeschissen….!
Das sollte dieses Mal anders gehen, aber der kleine Vogel flog dann lieber ganz weg – entweder Salon oder gar nicht! Nun plagten mich die Gewissensbisse: armer, kleiner Vogel, alleine über dem Meer. Das nächste rettende Ufer 120 sm entfernt, und das alles nur weil wir Sorge um ein bisschen Vogeldreck hatten, mir war zum Heulen!
Aber dem kleinen Vogel ging es wohl ähnlich, er ist in sich gekehrt um dann festzustellen, dass ihm wohl keine Wahl bleibt und wir vielleicht doch nicht so übel sind! Wir haben einen Kompromiss gefunden: wir haben ihm einen Korb ausgepolstert, mit einem Handtuch zugedeckt und ihm allerlei Köstlichkeiten gereicht: Wasser, selbstgebackenes Brot, Maisgries und aus unserem Kräutertopf Grünzeug. Über Funk haben wir dann beratschlagt, ob wir ihn schon hier wieder frei lassen oder lieber in Landnähe. Da er sich scheinbar ganz wohl fühlt, entscheiden wir uns ihn mitzunehmen. Doch in der zweiten Nacht liegt er tot in seinem Korb, oh! Es folgt eine Seebestattung, und während wir ihm hinterher blicken, trösten wir uns mit den Gedanken, dass er satt war und ein weich gepolstertes Bett hatte und nicht alleine war…, doch traurig ist es schon☹
Wir finden unseren Rhythmus, auch die Wache in der Nacht spielt sich wunderbar ein. Am vorletzten Tag auf See funkt Sabine: „ also, ich weiß nicht wie es euch geht, aber von uns aus könnte es so weitergehen!“ Genau das Gleiche haben wir auch gerade gesagt! Der Gedanke an die Enge in der Marina behagt uns nicht. Aber wir freuenuns auf den Erfahrungsaustausch mit unseren Mitseglern und darauf, die Kap Verden zu entdecken!
Die letzte Nacht auf See ist leider sehr windstill, morgens um 4.00 Uhr müssen wir aufgrund von Windmangel den Parasailor bergen und die Motoren anstellen. Bis dahin konnten wir aber den Parasailor drei Tage und Nächte stehen lassen, er hat uns sehr gute Dienste geleistet. Kurz vor den Kap Verden nimmt der Wind wieder zu, zum Glück, so können wir doch noch die letzte Strecke segeln. Die Windverhältnisse auf den Kap Verden sind speziell, zwischen den Inseln kann der Wind plötzlich auf Sturmstärke beschleunigen. Deshalb ist die Anspannung groß, wir beobachten das Wasser ganz genau, damit wir dann das Segel sofort bergen können. Aber der Wind meint es heute gut mit uns, er bleibt moderat und wir können bis in die Bucht von Mindelo reinsegeln. In der Marina erwarten uns Luc von Cornell Sailing, drei Yachten sind schon da, wir machen als vierte Yacht fest und sind einfach nur glücklich hier zu sein!
Unser erster Eindruck von Mindelo: eine spannende, freundliche Stadt. Eine völlig andere Welt. Wir fühlen uns stark an Kuba erinnert, sind positiv überrascht und freuen uns dieses Land näher kennen zu lernen!
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