Auf dem Weg von Guadeloupe nach Montserrat passierte das, was kein Segler sich wünscht: Mastbruch!
Bei einer Windstärke 5-6 Beaufort und 3-4 m Welle segelten wir Richtung Montserrat. Das Großsegel und die Fock hatten wir gerefft, der Wind sollte kein Problem für Mojito sein. Der erste Squall kam schnell und brachte uns ein paar Böen auf Windstärke 6 bis 7, doch auch das ist nichts Ungewöhnliches. Nach dem ersten Squall kam nach kurzer Zeit der zweite, aber dieser nur mit einer Stärke von 6 Beaufort. Eigentlich waren wir ganz entspannt, bis es plötzlich knallte! Der Baum landete auf dem Cockpitdach, der gebrochene Mast lag im Wasser und alles war noch durch die Wanten, Schoten und Segel miteinander verbunden, ein Albtraum! Nach dem ersten Schock haben wir uns zunächst gesammelt und die weiteren Schritte überlegt. Während ich mit Hilfe unseres Handfunkgerätes (ohne Mast kein Funk!) versuchte Kontakt mit der Küstenfunkstelle aufzunehmen, machte sich Gerrit ein Bild über das Ausmaß des Schadens.
Tatsächlich meldete sich nach einiger Zeit die Seenotrettung, es tut so gut in so einer Situation Kontakt zu haben, das stabilisiert die Psyche ungemein! Danke an alle Seenotretter!!!
Die Dame am Funk hatte eine sehr angenehme und besonnene Stimme und fragte all die Schäden ab, sehr professionell! Nach dem ersten Schreck stellten wir dankbar fest: wir schwimmen noch, die Bilgen waren trocken – kein Wassereinbruch, soweit so gut! Hilfe vor Ort, durch die Seenotretter, konnten wir so rasch nicht erwarten, es würde ca. zwei Stunden dauern. Zwei Yachten werden gebeten Kurs aufzunehmen. Der gebrochene Maststumpf war gefährlich, direkt unter der Wasseroberfläche, und schlug durch die Wellenbewegung immer wieder an den Schiffsrumpf. Nach Absprache mit den Seenotrettern mussten wir das Rigg so schnell wie möglich loswerden, um das Schiff zu retten. Gerrit begann die Bolzen der Wanten zu lösen, die Stagen abzuschrauben und die Schoten durchzutrennen. Nach und nach konnten wir so alle Verbindungen kappen, das komplette Rigg liegt nun in 1000 Meter Tiefe, es tat in der Seele weh!
Endlich konnten wir gefahrlos die Motoren starten, es waren keine Leinen mehr im Wasser, wir waren nun wieder manövrierfähig und konnten unter Maschine zurück nach Guadeloupe fahren, immer in Funkbegleitung der Seenotrettung.
Wir haben viele GFK-Schäden am Rumpf und an Deck, die gesamte Reling auf Backbord ist zerstört und wir haben kein Rigg mehr. Ein später bemerktes Leck konnten wir zum Glück provisorisch abdichten, nun warten wir auf die Versicherung und den Hersteller um das weitere Vorgehen abzustimmen.
Warum der Mast gebrochen ist, können wir uns nicht erklären, es gab keinen Grund. Wir sind nun 10 000 Seemeilen gemeinsam mit Mojito gesegelt und waren immer von dessen Stabilität überzeugt. Wir hatten uns im Vorfeld viele unverhoffte Vorkommnisse auf See ausgemalt, aber einen Mastbruch, ohne jegliche Vorwarnung, hätten wir niemals erwartet! Doch wir sind froh, dass es nicht Mitten auf den Atlantik passiert ist.
Im Gespräch mit anderen Seglern wird uns erst bewusst wieviel Glück wir gehabt haben. Wäre der Mast, statt auf der Leeseite ins Wasser zu fallen, auf das Cockpitdach gefallen, hätte er uns beide erschlagen. Wir wissen nun auch, dass wir Segeltechnisch keine Fehler gemacht haben, das zeigt, wie der Mast gefallen ist und dass keine Wanten oder Segel beschädigt waren, sondern einfach der Mast im unteren Drittel weggeknackt ist.
Wir waren sehr gerührt von all der Unterstützung und dem zahlreichen Zuspruch, den wir von befreundeten Yachten erfahren durften.
Jeremy und Tatiana und ihre beiden Jungs von der Yacht „Infinity“ sind in unsere Ankerbucht eingelaufen, was für eine Freude diese Familie wieder zu treffen. Mit ihnen konnten wir all die negativen Erlebnisse aufarbeiten, gemeinsam eine Tafel Schokolade verspeisen, Seelenfutter! Jeremy und Tatiana machen uns sprachlos, als sie uns ernsthaft vorschlagen, unsere Reise gemeinsam mit ihnen auf „Infinity“ fortzusetzen. „Euer Traum ist nicht zu Ende,“ so Jeremys Worte „kommt mit uns, setzt eure Reise fort!“ Was für ein Geschenk, so liebe Menschen kennengelernt zu haben. Wir werden darüber nachdenken, doch zuerst möchten wir eine Lösung für unser Debakel.
Meine kleine Freundin Leonie (6 Jahre) von der befreundeten Yacht „Luna Bay“
diktiert ihrer Mutter folgende Nachricht für uns: „Hallo, ich finde es traurig und ungerecht, weil ich euch so nett finde. Ihr fehlt uns!“ Wir sind gerührt, danke liebe Leonie!
Dank all der lieben Menschen wird die Situation erträglicher. Abends haben wir sogar unseren Humor wiedergefunden. Wir müssen ja wieder einklarieren; auf dem Fragebogen steht: Schiffstyp: „Segelyacht“; Anzahl der Masten? Aus Gewohnheit trägt Gerrit die Zahl „1“ ein, überlegt und löscht es wieder, nun steht dort eine „0“!! Gemeinsam mit der zuständigen Dame können wir darüber lachen – Humor ist, wenn man trotzdem lacht!
Die Versicherung ist sehr bemüht eine passende Lösung zu finden. Auch der Hersteller „Privilège“ bemüht sich, eine Lösung zu finden. Es ist Hochsaison auf den Werften in der Karibik, alle Firmen haben sehr viel zu tun.
Wir machen uns nun auf den Weg nach Martinique, hier auf Guadeloupe scheint es keine Möglichkeiten zu geben.
Ich komme mir vor, wie im Spiel „Monopoly“: wir haben die Karte gezogen „gehe zurück auf LOS!“ Diese Karte habe ich schon immer gehasst, alles läuft gut und plötzlich läuft alles wieder anders!
Wir hatten uns so sehr auf die British Virgin Island und auf die Bahamas gefreut, es war zum Greifen nah…!!
Wie auch immer, wir lassen uns nicht unterkriegen! Unsere Reise geht weiter, wenn auch in abgeänderter Form!
Resümee:
- Wie gut, dass es die Küstenfunkstellen und die Seenotretter gibt!
- Das absolvierte Sicherheitsseminar in Elsfleth war in dieser Situation sehr wertvoll! Vielen Dank an das Maritime Kompetenzzentrum Elsfleth!
- Wir werden Guadeloupe in Zukunft nicht nur mit Melonen in Verbindung bringen…!
- Wir haben als Ehepaar gemeinsam Schiffbruch erlitten und sind noch immer glücklich verheiratet, wer kann das schon von sich behaupten? 🙂
Hallo
Man habt ihr da Glück gehabt. Toll wie ihr die Situation gemeistert habt und wieviel Unterstützung und Trost ihr bekommen habt. Wünsche Euch alles Gute und hoffentlich eine schnelle Reperatur.
Gruß
Heiko Bauer
Ihr Lieben, ich wünsche Euch noch alles Gute und hoffe für Euch auf eine mögliche Weiterfahrt. Bitte meldet Euch, wenn wir helfen können – auch wenn ich mir nicht wirklich vorstellen kann wie, aber wer weiß. Moralische Unterstützung schicken wir gedanklich in die Karibik
Liebe Grüße
Christine&Thomas