Gefangen in Cadiz

Wir hatten uns so sehr auf Cadiz gefreut, wir mögen die schöne Altstadt sehr. Doch niemand konnte ahnen, wie schnell die Dinge einen anderen Lauf nehmen sollten. Als wir vor einer Woche in Cadiz einliefen, merkten wir schnell, dass Corona die Dinge verändert, wie sehr, das war uns damals noch nicht so bewusst.

Wir ändern unseren ursprünglichen Plan, Cadiz ausgiebig zu besuchen und beschließen so schnell wie möglich Richtung Portugal zu segeln. Wir stellen uns den Wecker um früh zu starten, es liegen schließlich 80 sm vor uns. Das Wetter ist schlechter als gemeldet, es regnet sehr stark und es herrscht starker Wind. Keine idealen Bedingungen um zu starten! Während wir noch zögern, lesen wir die Nachricht, dass Portugal seit heute Morgen die Grenzen geschlossen hat. 

Unter diesen Voraussetzungen beschließen wir lieber nicht abzulegen. Es stürmt draußen, sollten wir nicht in portugiesische Gewässer einlaufen dürfen, dann haben wir bei dem Wetter ein großes Problem. Möglich, dass uns dann auch keine spanische Marina mehr akzeptiert, das Risiko ist groß. Hier liegen wir einigermaßen gut geschützt, wir wissen nicht was uns dort erwartet.

Im Laufe des Tages teilt uns die Marina mit, dass sie offiziell geschlossen ist. Wir dürfen zwar mit unserem Schiff hier liegen, dürfen aber die Marina nicht verlassen, nur zum Einkaufen und dann nur einzeln. Die sanitären Einrichtungen und das Büro sind geschlossen, wir haben nicht mal eine Schlüsselkarte für die Eingangstür, wir sollen schließlich nicht raus. Die meisten Boote sind verwaist, mit uns sind noch drei weitere Boote bewohnt. Mojito hier in Cadiz zurücklassen und mit den letzten Flieger nach Deutschland zu fliegen ist für uns keine Option. Wir wissen nicht ob und wann wir wieder nach Spanien fliegen können. Niemand ist für die Boote hier zuständig, wir können uns nirgends offiziell anmelden, der Hafen ist nur mäßig geschützt. Das Risiko ist uns viel zu groß, wir bleiben hier und stehen das gemeinsam durch. Schließlich haben wir den Mastbruch auch zusammen überstanden, dann werden wir uns doch von diesem kleinen, fiesen Virus nicht einschüchtern lassen.

Wir tun uns trotzdem schwer diese Situation zu akzeptieren und schmieden „Ausbruchspläne“. Wir sind uns der Verantwortung jedes Einzelnen in dieser Pandemie bewusst, doch wir sehen uns nicht als potentielle Gefährder, schließlich brauchen wir nicht an Land. Wir haben genügend gebunkert und können uns locker vier Wochen selbst versorgen. Am Anker haben wir keine Berührungspunkte mit anderen Menschen, also perfekte Voraussetzungen für uns und für die anderen.

Wir recherchieren über Internet, doch die Aussagen für uns Segler sind schwammig, man kann sie so oder so auslegen. Gerrit kontaktiert einen deutschen Segler, den wir auf AIS vor der portugiesischen Insel Culatra ankern sehen. Doch auch er ist von der Polizei angewiesen worden, sein Boot nicht zu verlassen, nicht einmal zum Einkaufen, schreibt er uns. Dagegen sind wir ja noch in einer komfortablen Situation. Nur das Wetter ist an der Algarve schöner als hier, das macht neidisch. Wir haben hier leider sehr viel Wind, Regen und Gewitter, das ist nicht so toll für die Laune an Bord. Dafür haben wir eine nette französische Familie als Nachbarn mit einer zuckersüßen kleinen Tochter, das ist wieder schön. Ab und zu treffen wir uns zum morgendlichen Kaffee und tauschen uns aus, von Schiff zu Schiff mit viel Wasser dazwischen (das Virus kann ja zum Glück nicht schwimmen). 😉

Wir geben aber noch  nicht auf und gehen zunächst Einkaufen, um noch mehr Vorräte einzukochen, wir müssen autark sein. Die Stadt zeigt sich von der schönsten Seite, die Bäume und Blumen blühen in allen Farben, die schönen Fassaden strahlen im Sonnenlicht. Die Stadt ist leer und still, vereinzelt sieht man Menschen vorbeihetzen, man geht sich aus dem Weg, niemand möchte Kontakt.

Im Supermarkt wird man nur einzeln eingelassen, nur mit Handschuhen, die meisten Menschen tragen Mundschutz. Alle verhalten sich sehr diszipliniert, niemand meckert. Ich habe mir ein Tuch vor Mund und Nase gezogen, hoffentlich ist das Vermummungsverbot nun ausgesetzt. Da bekommt man doch eine ganz andere Sichtweise auf den Tschador! 😉

 Ich vermisse die spanische Lebensfreude, die Gespräche im Supermarkt fehlen. Jeder ist konzentriert mit seinen Besorgungen beschäftigt, bloß nicht zu viel Zeit hier verbringen. Mehl und Hefe sind ausverkauft, es scheinen noch andere ihr Brot selbst zu backen, Mist!

In der Stadt patrouillieren  Polizisten und fragen jeden nach dem Grund, weshalb er sich draußen bewegt. Wir werden nicht gefragt, doch unser „Hackenferrari“ zeigt es schließlich unmissverständlich.

Zurück an Bord werden Paprika und Tomaten zu Peperonata verarbeitet und in Gläser eingekocht.

Wir versuchen eine Erlaubnis als Transit-Yacht zu bekommen, schließlich sind wir auf dem Weg nach Deutschland. Wir würden auch je nach Wetter zügig weitersegeln, Sightseeing ist dieses Jahr eh nicht angesagt, das haben wir nun  verstanden. Gerrit kontaktiert die Deutsche Botschaft in Malaga und bekommt zügig eine freundliche Antwort vom Konsul persönlich. Soweit er weiß, schreibt er uns, gilt das Verbot für Freizeitschiffe auch für uns Deutsche auf Heimreise, wir dürfen uns derzeit in Spanien also nicht bewegen.

Wir stellen fest, die einzige Möglichkeit für uns wäre, die 12 sm-Zone zu verlassen und außerhalb der Hoheitsgewässer direkt nach Deutschland zu segeln. In dieser Jahreszeit ist das für uns aber keine Option, also fügen wir uns dem Schicksal.

Wir sitzen fest, wie so viele andere auch, daran lässt sich erst einmal nichts ändern. Doch genau betrachtet, ist es ein Luxusproblem: wir sind gesund, wir haben auf dem Catamaran genügend Platz, wir haben wahrlich genug zu essen an Bord und ein paar Flaschen Wein sind auch noch da. Also machen wir das beste daraus. 🙂

Menschenleere Promenade von Cadiz
Menschenleere Straßen, am Ende wacht die Guardia Civil
Anstehen vor dem Supermarkt mit großem Abstand
Mojito im Hafen von Cadiz

Eine Antwort auf „Gefangen in Cadiz“

  1. Liebe Mojitos
    Da vergehen uns unsere Ausbruchplaene vom Land aufs Meer. Wir hören ähnliche Stories von Crews, die in der Südsee feststecken oder gar die Karibik wegen der Huricane Season demnächst verlassen muessen und nicht wissen wohin.
    Dann schon lieber in Cádiz hängen bleiben – auch wenn die Marina nicht die schönste ist.
    Wir haben auch noch einen spanischen Wein im Schrank. Den machen wir heut Abend auf und trinken auf euch – so von Haus zu Boot. Alkohol soll dem Virus ja nicht so gut bekommen.
    Viele Grüße und haltet die Schiffsmoral hoch!
    Eure Luna Crew

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