Den Jahreswechsel verbringen wir auf Bequia in der Admiralty Bay. Wir fühlen uns hier sofort wohl, in dieser großen Ankerbucht. Sie wirkt malerisch mit ihren weißen Sandstränden, dahinter üppiges Grün mit Palmen und am Ufer verteilt, die pastellfarbenen Häuser im Gingerbreadstil. Überall gibt es Anlegestegs für die Dinghys, die Insel hat sich perfekt auf die Segler eingerichtet. Diverse Dienstleistungen werden in der Bucht angeboten, es fahren umgebaute Boote den die Bucht ab und liefern auf Wunsch Diesel, Trinkwasser und entsorgen den Müll. Andere bringen Obst, Gemüse und Brot und wieder andere nehmen die Schmutzwäsche entgegen, um sie am gleichen Tag gewaschen und getrocknet wieder zu bringen!
Am Strand gibt es zahlreiche nette Strandbars, dort trifft man immer bekannte Gesichter.
An Silvester gibt es einen Sundowner auf Jajapami, ein Katamaran aus der „Sail the Odyssee“-Gruppe. Zum Sundowner trifft man sich zwischen fünf und sechs Uhr abends, jeder bringt etwas zu trinken oder zu knabbern mit und nach einer oder zwei Stunden löst sich alles wieder auf. An diesem Abend sind wir 21 Erwachsene und 12 Kinder, alle auf einem Boot, und es ist wie immer sehr nett. So viele unterschiedliche Nationen auf einem Boot: Frankreich, Großbritanien, Australien, Neuseeland, Puerto Rico und Deutschland. Die Zeit verfliegt, an Gesprächsstoff mangelt es nie!
Den weiteren Abend verbringen wir mit den beiden französischen Familien. Wir bereiten zusammen unser Menü zu und haben viel Spaß dabei. Erst gibt es Foie Gras mit Mangochutney und Brioche, danach gegrillte Lobster. Dazu haben sich die Franzosen einen „deutschen Kartoffelsalat“ gewünscht. Den Wunsch erfüllen wir ihnen gerne und müssen schmunzeln. Dazu gibt es einen guten französischen Rotwein, ein wahrer Genuss! Es ist ein wunderbarer Abend in netter Gesellschaft, es gibt ein schönes Feuerwerk und wir bemerken, dass es unser erstes Silvester barfuß und in Shorts ist
Wir möchten nicht Bequia verlassen ohne die Insel gesehen zu haben, so mieten wir uns gemeinsam mit Allan und Maria von „Lady Jane“ ein Taxi und fahren zur privaten Schildkröten-Aufzuchtstation. Unterwegs gibt es viele schöne Buchten, herrliche Aussichten von den Bergen und alte Plantagen zu bewundern. Die Aufzuchtstation wird von einem Deutschen betrieben, der aber leider nicht anwesend ist. Daher ist die Information etwas spärlich, doch wir können die unterschiedlichen Schildkröten bestaunen. Die Schildkröteneier werden am Strand eingesammelt, ausgebrütet und dann werden die kleinen Schildkröten aufgezogen, bis sie eine Überlebenschance im Meer haben. Die Aufzuchtbecken mit den Babyschildkröten sind entzückend, wir können uns nicht satt sehen. Dieser „Kindergarten“ mit lauter kleinen, wuseligen Schildkröten – einige schlafen an der Wasseroberfläche, andere starten Tauchversuche, die nicht immer gelingen wollen, herrlich!
Am nächsten Tag geht unsere Reise weiter, eigentlich nach St. Vincent, doch vorher wollen wir noch unseren Besuch auf Mustique nachholen! Mustique ist die exclusivste Insel zum Wohnen, möchte man sich hier einmieten, so muss man ab 40.000 € pro Woche bezahlen. Es ist eine Bilderbuchinsel und zum Wohnen ist es die teuerste. Wir haben da das Sparmodell: für umgerechnet 70,-€ dürfen wir hier max. drei Tage ankern und diese herrliche Insel genießen. Auf dieser Insel gibt es keine Kriminalität. Gefürchtet sind hier nur die Paparazzi, werden sie erwischt, so droht ihnen ein lebenslängliches Betretungsverbot. Die Insel ist sehr gepflegt, das Wasser ist türkisblau und das Riff eignet sich hervorragend zum Schnorcheln. Es gibt ein Dorf für die 500 Menschen, die hier arbeiten, mit einer Schule, einer Kirche, einer Polizeistation (das ist sicher der langweiligste Job auf der Insel!). Wir machen Strandspaziergänge und gehen ausgiebig am Riff schnorcheln und bestaunen die zahlreiche Korallen. Die Menschen auf Mustique sind entspannt und sehr freundlich, es ist schon fast unwirklich. Ich frage mich, ob die Kinder, die hier aufwachsen, überhaupt fähig sind woanders zu leben. Die kennen doch keine bösen Menschen! Am liebsten wollen wir dieses Paradies nicht wieder verlassen! Gerrit überlegt kurz die Bucht zu verlassen und wieder einzulaufen, vielleicht merken sie es ja nicht und wir hätten drei Tage Verlängerung! 😉
Gerrit freut sich über all die gut funktionierenden Systeme an Bord und spricht es laut aus. Das sollte man nie tun….! Einen Tag später, haben wir die Retourkutsche!
Da wir Wasser machen wollen, lässt Gerrit schon mal den Generator laufen. Kurze Zeit später gibt der Generator komische Geräusche von sich, es folgt ein verdächtiges Knistern, es riecht verschmort. Zum Glück schaltet Gerrit den Generator aus und begibt sich auf Ursachenforschung. Hatten wir gehofft, dass der Impeller der Verursacher sei, so müssen wir leider feststellen, dass der Schaden größer ist. Die Steuerungsanlage für den Generator ist verkohlt, die Platine vollkommen verschmolzen, die Kabel sind verschmort. Als wir den Schaden betrachten, wird uns ganz mulmig. Hätte Gerrit nicht so schnell reagiert, hätte es vermutlich einen Kabelbrand gegeben. Upps! Das mag man sich nicht weiter ausmalen!
Und dann bei den Mietpreisen auf Mustique, oh je! Aber vielleicht hätte Mick Jagger Mitleid gehabt und uns Quartier gegeben! 😉
Nun fängt für uns das Problem erst an, wir können kein Wasser mehr machen und wir müssen Ersatz für die Steuerungsanlage bekommen. Unseren Wassertank können wir zum Glück noch auf Mustique füllen. Der Generator ist noch keine zwei Jahre alt und das von der Firma vollmundig versprochene „weltweite Händlernetz“ erweist sich als Farce! Wir werden sehen!
Weiter geht es erst einmal nach St.Vincent. Wir steuern die Keartons Bay an, südlich der Wallilabou Bay. In der Wallilabou Bay wurde der Film „Pirates of Caribbean“ gedreht, sie ist in Verruf geraten als vor zwei Jahren ein deutscher Segler überfallen und erschossen wurde. Die gesamte Insel wird von den Seglern gemieden, auch wir hatten es ursprünglich vor. Drei Boote aus der Odyssee – Gruppe waren bei Rosi in der Keartons Bay und hatten sie weiter empfohlen.Wir funken das Rock Side Café an, das sind Rosi und ihr Mann Orlando, sie haben drei Mooringbojen in der kleinen Bucht. Rosi ist Deutsche und lebt seit 15 Jahren auf St.Vincent und betreibt dieses Café/Restaurant in ihrem Haus. Rosi antwortet prompt, ja, wir können eine Boje bekommen. Das klappt alles prima, wir liegen fest an einer Boje, neben uns eine Charteryacht mit deutschen Gästen und die dritte Boje bekommt Michel aus Quebec. Wir blicken in die Bucht und müssen erst einmal schlucken! Heute Morgen waren wir noch in der „Hochglanzwelt“ von Mustique, nun ist es der krasse Gegensatz. Wir blicken auf einfache Häuser und Wellblechhütten, die Boatboys tragen zerschlissene Kleidung, alles wirkt sehr ärmlich. Kinder spielen auf dem schwarzen Strand ausgelassen Fussball, dazwischen Hunde und Hühner. Haben wir die Boje bei Rosi für zwei Tage gebucht, so kommen uns nun Zweifel, ob es richtig war. Hinzu der zweifelhafte Ruf von St. Vincent, also am liebsten würden wir die Boje wieder verlassen! Aber, gebucht ist gebucht, da müssen wir nun durch. Rosi fragt, ob wir bei ihnen zu Abend essen möchten, dann wäre die Boje kostenlos. Gerne nehmen wir das Angebot an und lassen uns Abends in privater Atmosphäre von Orlando bekochen und genießen das drei Gänge Menü unter der Pergola im Garten gemeinsam mit Michel aus Quebec. Er ist froh, dass er den Abend nicht allein verbringen muss und wir genießen seine humorvolle Gesellschaft. In der gesamten Umgebung ist ein lautes Geräusch zu hören, eine Mischung aus Vogelgesang und Grillenzirpen. Auf unsere Frage erklärt uns Rosi, dass es die kleinen Baumfrösche sind, die dieses melodische Konzert veranstalten. Eine wunderbare, familiäre Atmosphäre und unsere schlechten Gefühle vom Nachmittag sind verschwunden. Rosi versichert uns , dass sie Tag und Nacht über Funk erreichbar sind, das gibt uns ein sicheres Gefühl. Wir lernen auch unsere Nachbarn bei Rosi kennen, eine Chartergruppe aus Deutschland und erfahren dass sie für den nächsten Tag eine Inselrundfahrt planen. Es ist noch Platz im Taxi und wir können uns anschließen, so ein Glück!
Rosi hat für diese Rundfahrt Garry organisiert, er will uns einen Teil der Insel zeigen. Er fährt einen Minibus, in Deutschland wäre er für acht Personen zugelassen, Garry hat Platz für 14 Personen! Gerrit bemerkt dass ein Reifen sehr wenig Luft hat, außerdem fehlen ein paar Radmuttern. Das mit der Luft sieht Garry ein und wir fahren zur Tankstelle, die fehlenden Radmuttern sind für ihn kein Problem! Garry hat einige Jahre in den Staaten gelebt und gearbeitet, doch er möchte lieber auf St. Vincent leben und betreibt hier eine kleine Landwirtschaft. Er baut Obst und Gemüse an und natürlich Marihuana, wie es viele auf der Insel tun.
Wir fahren durch die nächste Bucht, dort werden gerade in Gemeinschaftsarbeit zehn kleine Wale am Strand zerlegt. Sie wurden in der letzten Nacht erlegt und das Fleisch wird nun zum Trocknen aufgehängt, kein schöner Anblick!
Die Menschen in den Dörfern wirken teilnahmslos, stetig liegt der schwere Marihuanageruch in der Luft. Überall sieht man Männer die ihren Joint rauchen, viele wirken bekifft oder betrunken.
Garry erzählt auch unverblümt, dass das für ihn ein Grund war die Staaten zu verlassen – dort ist das Marihuana zu teuer! Okay!
Aber die Insel zeigt uns ihre wunderschöne Natur, man kommt sich vor wie in einem botanischen Garten. Garry zeigt uns die unterschiedlichen Bananen, Mangos, Brotfrüchte, Muskatbäume, Tamarindenbäume. Die, so erklärt er uns, sind prima wenn es mit dem Nachwuchs nicht klappen sollte. In diesem Fall soll der Mann sich daraus einen Tee kochen, dann klappt es garantiert. Als er uns danach erzählt, dass sein Onkel 38 Kinder mit 6 Frauen hat, fragen wir uns, ob er es wohl übertrieben hat, mit dem Tamarindentee!!
Auf St. Vincent gibt es sehr viel Armut. Menschen hausen in baufällige Hütten oder schlafen auf der Straße. Einige Bewohner waschen sich und ihre Wäsche im Fluss.
Weiter geht es zu den Wasserfällen, was für ein Erlebnis! Schade, dass die Insel ihr Potenzial nicht nutzt und den Tourismus fördert!
Wir müssen heute noch ausklarieren, wir wollen morgen die Insel verlassen und weiter nach St.Lucia segeln. In Chateaubelair gibt es eine Ausklarierungsbehörde, wir finden das Gebäude am Strand. Es ist ein kleines Einfamilienhaus, ein Schild zeigt dass wir hier richtig sind. Der zuständige Beamte wird gerufen und schließt uns auf. Wir staunen als wir das Büro betreten, es sind zwei abgetrennte Bereiche: Custom (Zoll) und Immigration (Einwanderungsbehörde) in einem wellblechartigen Schuppen, der Beamte wechselt nach Bedarf von einem Bereich zum nächsten. Wieder einmal ist viel Papierkram zu erledigen, alles in dreifacher Ausführung!
St. Vincent hat uns sehr beeindruckt und wir sind froh, dass wir die Insel besucht haben!