Das sommerliche Wetter lässt noch auf sich warten. Wir machen das beste daraus und wollen zunächst Seemeilen „schrubben“. Ist das Wetter schlecht, gibt es mehr Wind und wir haben dann beste Bedingungen zum segeln. Also…, ist das Wetter gar nicht so schlecht!
Unser Weg führt uns zunächst durch das Wattenmeer nach Norderney, dort haben wir am nächsten Tag morgens den perfekten Startpunkt um möglichst viel Strecke zu schaffen. Wir brauchen nicht nur den passenden Wind, sondern auch die richtige Strömung. Also starten wir mit auflaufendem Wasser, die Rechnung geht auf, wir segeln mit 7 bis 9 Knoten Geschwindigkeit entlang der ostfriesischen Küste. Perfekt vor dem Kipppunkt der Strömung erreichen wir die Elbmündung, der Wind nimmt kräftig zu und schon rauschen wir, getragen vom jetzigen Tidestrom, mit 10 Knoten Geschwindigkeit über die Elbe. Etwas weniger wäre auch genug!
Schneller als gedacht kommt Brunsbüttel in Sicht, nun heißt es Segel einholen und weiter zur Schleuse. Über Funk hören wir, dass die Sportboote bereits Einlass bekommen, schade, wir schaffen es nicht rechtzeitig bis vor die Schleuse, also stellen wir uns auf eine längere Wartezeit ein. Doch als wir die Schleuse erreichen, sehen wir an der zweiten Schleuse das weiße Licht, das Zeichen bedeutet: Sportboote dürfen einfahren. Wir wollen es nicht recht glauben, wir sind das einzige Sportboot weit und breit, nur für uns wird die Schleuse geöffnet? Das haben wir noch nie erlebt! Wie es so häufig ist im Leben, anstatt sich einfach darüber zu freuen, suchen wir den Haken an dieser Sache und beschließen lieber über Funk nachzufragen. Wir hätten einfach hineinfahren sollen, denn, wie soll es anders sein, wir bekommen eine sehr unfreundliche Antwort und unsere allgemeine Kompetenz wird von dem Schleusenwärter in Frage gestellt. Wir stellen mal wieder fest, die NOK-Schleuse Brunsbüttel ist nicht die freundlichste aller Schleusen. Auf der anderen Seite, in Holtenau, ist es anders, dort sind die Schleusenwärter immer freundlich. Egal, wir können sofort schleusen, heute läuft es „wie geschmiert“!
Für uns geht es weiter durch den NOK bis zur Gieselauschleuse, hier können wir festmachen und die Nacht verbringen, immer wieder ein schöner Ort. Wir können es kaum glauben, wir haben heute genau 100 sm zurückgelegt inklusiv der Schleusung, das ist Rekordverdächtig!
Zunächst geht es nach Dänemark, bei angenehmem Segelwetter erreichen wir erst Nysted um dann am Folgetag die Insel Möns anzulaufen. Möns empfängt uns mit einer steifen Brise und Regen. Es gibt nur einen Platz für uns im Hafen und dafür müssen wir seitwärts gegen den Wind anlegen, der es uns mit 25 Knoten nicht einfach macht. Es gibt keinen Steg, wir müssen an der Hafenkaje anlegen, ohne Klampen, nur einige Poller, die bei diesen Windverhältnissen für uns, von Bord aus, nicht erreichbar sind. Zum Glück hilft uns eine niederländische Seglerin, die zufällig vorbei spaziert. Mit viel Mühe schaffen wir es schließlich mit vereinten Kräften, puh!
Meine Laune ist im Keller. Klintholm erfüllt nicht meine Erwartungen, das Wetter ist schlecht, was machen wir hier!? Gerrit muss meine Übellaunigkeit aushalten und verspricht am nächsten Tag gleich weiter zu segeln. Am nächsten Morgen scheint die Sonne, oh, vielleicht ist es hier doch nicht so schlecht, vielleicht sollten wir noch bleiben…!
Also packen wir kurzerhand unsere Fahrräder aus und fahren zu den berühmten Kreidefelsen. Wir fahren durch eine wunderschöne Landschaft, vorbei an entzückenden Häusern, über seichte Hügel die immer wieder den Blick auf das Meer freigeben. Es ist Traumhaft! Die Kreidefelsen sind beeindruckend schön, das Meer ist hier türkisblau und erinnert an die Karibik. Wir kaufen uns Kannebullars, die unglaublich leckeren Zimtschnecken, und sind wieder wohlgestimmt, vergessen ist die gestrige schlechte Laune!
Zur Krönung besuchen wir abends das kleine Restaurant „ND 122“ und speisen vorzüglich. Geboten wir uns ein sensationelles, saisonales Menü, unglaublich lecker und raffiniert. Durchaus auf Sterneniveau! Das alles in einem einfachen, familiärem Ambiente ohne Schnickschnack, dafür mit dänischer Behaglichkeit, was für ein schönes und genussvolles Erlebnis!
Unsere erste Station in Schweden ist die Stadt Ystad im Süden. Eine sehr sympathische Stadt mit einer netten Marina und einer hervorragenden Fischräucherei. Lecker!
Wir besuchen die gemütliche Stadt und wandeln auf Kurt Wallanders Spuren, waschen Wäsche und wettern zum Schluß noch ein ordentliches Regentief sicher im Hafen ab.
Am Abend, nach dem Gewitter mit heftigen Windböen, meint Gerrit noch die Gunst der Stunde nutzen zu wollen. Heute abend, meint er, sei der Wind perfekt um das südliche Kap zu umrunden und die Ostküste zu erreichen. Morgen schon sieht es anders aus, dann müssten wir uns gegen Wind und Welle ankämpfen. Ja, das leuchtet ein, obwohl mein innerer Schweinehund mir ins Ohr flüstert, doch einfach wohlig in der Marina von Ystad zu bleiben. Der Abend ist regenverhangen, die Ostsee zeigt sich unfreundlich grau, alles nicht wirklich einladend, was soll´s. Wir verlassen die Marina und rauschen 15 sm „um die Ecke“ nach Skillinge, der perfekte Startpunkt um dann weiter nach Kalmar zu kommen. Ich muss zugeben, der Wind passt perfekt, wir können durchgehend segeln, ist gar nicht so schlimm! Skillinge hat einen kleinen netten Hafen für die Nacht. Mojito wirkt ein wenig überproportioniert, doch wir finden Platz, zum Glück ist noch wenig los, es ist noch keine Saison.
Weiter geht es über Kalmar in nördlicher Richtung durch den Kalmarsund. Hier ankern wir vor dem kleinen smaländischen Ort „Pataholm“ und fühlen uns wie in einer anderen Zeit. Umgeben von Äckern und Wiesen liegt die kleine Perle wie ein verwunschener Ort inmitten einer verträumten Natur. Rund um den Marktplatz stehen stolze Kaufmannshäuser, die eine goldene Vergangenheit erahnen lassen. Früher wurde hier Holz verschifft, es gab eine Werft und die örtlichen Kaufleute betrieben regen Handel. Heute wohnt eine Handvoll Menschen in dem sehr gepflegten Ort und genießt das ruhige Küstenleben. Die Einwohner von Pataholm sind stolz auf ihre Häuser, das spürt man in jeder Gasse. Idylle pur!
Wie so oft fällt es schwer von so schönen Orten Abschied zu nehmen, doch der Wind weht perfekt und nimmt uns die Entscheidung ab.
Die Insel Gotland ist unser nächstes Ziel, zunächst geht es nach Visby.
Mein erstes Pony „Wilko“ war ein Gotlandpony, daher bin ich besonders gespannt auf diese Insel und hoffe dort auch tatsächlich Gotlandponies zu finden.
Gotland nimmt seit jeher eine strategisch wichtige Position in der Ostsee ein. Im Mittelalter war Visby Teil der Hanse, viele deutsche Kaufleute ließen sich hier nieder. Visby präsentiert sich wie ein Freilichtmuseum, gefühlt wandelt man durch das Mittelalter, wirklich beeindruckend. Wir können uns nicht satt sehen an den zahlreichen Fischerhäuschen in unterschiedlichen Farben. Wenn wir glauben alles gesehen zu haben, entdecken wir weitere verträumte Gässchen, mit malerischen Häuschen. Immer wieder begegnet uns ein satter Teergeruch. Teer galt im Mittelalter als schwarzes Gold von Gotland. Es wurde aus Holz hergestellt und zum Abdichten der Häuser und der Schiffe genutzt. Der typische Teergeruch begleitet uns durch die Gassen von Visby, zahlreiche Häuser sind damit gestrichen um sie gegen Feuchtigkeit zu schützen. Es bleibt uns ein Rätsel, ob man sich als Bewohner eines solchen Hauses tatsächlich an den Geruch gewöhnt?!
Geschmückt werden die kleinen Häuser von einer Vielzahl an Rosen und Stockrosen, angeblich wurden diese einst gepflanzt, um den Gestank der Fische mit betörendem Duft zu überdecken. Kein Zweifel, Visby ist eine wunderschöne Stadt.
Visby diente auch als Filmkulisse der Pippi Langstrumpf-Filme. Hier entdeckten die findigen Filmemacher Ende der 60er Jahre die Villa Kunterbunt, sie wurde kurzerhand rosa gestrichen und steht noch heute zur Besichtigung in einem Ferienpark nahe Visby. Pippi ritt im Film auf ihrem Pferd „Kleiner Onkel“ durch die Gassen von Visby und durch das Stadttor der beeindruckenden mittelalterlichen Stadtmauer, begleitet von ihrem Affen „Herr Holgerson“ und ihren Freunden Annika und Tommi. Ach, da werden doch die Kindheitserinnerungen wach und auch das Interesse an die wunderbare Astrid Lindgren. Daraufhin lese ich ihre Biographie und staune was für eine beeindruckende Frau sie war. Mit ihren Kinderbüchern revolutionierte sie die bisherige Kinderbuchliteratur, stellte viele althergebrachte Doktrinen in Frage. Statt Kindern stets mit dem erhobenen Zeigefinger zu begegnen und ihnen Angst zu machen, ermunterte sie Kinder, durch liebevolle Zuneigung und durch Verständnis, stark zu machen. Mit ihrer Figur Pippi Langstrumpf ermutigte Astrid Lindgren Kinder zur Selbstbestimmung, insbesondere Mädchen. Pippi ist stark, eine „Rotzgöre“ und kümmert sich nicht um Autoritäten.
Astrid Lindgrens Bücher „Wir Kinder aus Bullerbü“ oder „Michel aus Lönnerberga“ sind nur ein kleiner Teil ihrer verfassten Bücher. Schweden ist für mich stets ein wenig Bullerbü und Astrid Lindgren eine interessante und revolutionäre Frau.
Das Wetter ist schlecht, der Wind passt nicht zu unserem Vorhaben, er kommt aus nördlicher Richtung, d.h. er weht für uns genau von vorne, also müssen wir einen Tag in Visby verlängern. Zähneknirschend lässt sich der Hafenmeister darauf ein, eigentlich gibt es keine Plätze, da die alljährliche Politikerwoche ansteht. Hier trifft sich alles was Rang und Namen hat, aus Politik, Wirtschaft, Medienvertreter usw. Es werden Zelte aufgebaut, die Straßen gesichert, es scheint ein wirklich großes Ereignis zu werden.
Bei dieser Gelegenheit plaudert Gerrit mit dem Hafenmeister und erfährt von dessem persönlichen Lieblingsort „Lauterholm“ auf der Nachbarinsel Farö. Das passt gut, unser Weg führt nach Norden, wir sind neugierig und segeln am nächsten Tag mit passendem Wind dorthin.
Dort gibt es die Option in einer weitläufigen Bucht zu ankern oder aber in dem kleinen Hafen an einem Steg längsseits festzumachen. Wir möchten die Fahrräder auspacken, das ist am Steg deutlich einfacher, also entscheiden wir uns für den Hafen.
Was für ein schöner kleiner Hafen auf einer wunderschönen Insel, wir fühlen uns sofort wohl und möchten am Liebsten schon wieder hier bleiben. Wir erkunden die Insel mit dem Fahrrad und entdecken die bizarren Steinskulpturen der Rauken, Überbleibsel eines tropischen Korallenriffs vor 400 Millionen Jahre. Eine schöner als die andere erheben sie sich aus dem Meer, man kann sich nicht satt sehen, die Fantasie schweifen lassen und verschiedene Figuren an den vielfältigen Rauken erkennen.
Einfach nur am Strand sitzen, den Blick über die wunderschönen Rauken und über das Meer schweifen zu lassen, das ist wie Meditation. Ein Stück weiter, die Straße entlang, stehen alte Fischerhütten aus einer längst vergangenen Zeit, damals als das Leben einem nichts schenkte. Hier zu leben war fern jeglicher Romantik. Heute ein verträumter Ort, als wären die letzten Bewohner gerade ausgezogen.
Wir fahren weiter durch die wunderschöne Landschaft, die uns erstaunlicherweise häufig an Landschaften in Südfrankreich oder Spanien erinnert, seltsam. Es gibt Trockenmauern wie im Süden, Windmühlen wie in Griechenland und dazwischen immer wieder die typischen Gotlandschafe, silbrig grau mit lockiger, weicher Wolle.
Auch der hiesige Hafenmeister erzählt uns von seiner Lieblingsinsel Insel, 20 sm nördlich von Farö: Gotska Sandön.
Gotska Sandön war einst ein Unterschlupft für Piraten, Schmuggler und Robbenjäger. Heute ist es ein weit abgelegenes Naturreservat, ein Paradies für Flora und Fauna. Die Insel wird dauerhaft von vier Rangern bewohnt. Im Sommer kann man hier zelten oder eine einfache Hütte mieten, man muss aber seine Vorräte selbst mitbringen, kaufen kann man hier nichts. Die Gäste werden mit einer kleinen Fähre zum Strand gebracht, einen Anleger gibt es nicht. Dann heißt es mehrere Kilometer laufen, zunächst beschwerlich durch tiefen Sand, später bequemer über Waldwege. Man sollte also sein Gepäck bezüglich seines Gewichtes kritisch überdenken und vielleicht nur Nudeln einpacken.
Wir ankern zwei Tage vor den weiten Naturstränden von Godska Sandön und fühlen uns wie in der Karibik, abgesehen von den Temperaturen! Eine Wanderung über die Insel ist beeindruckend, wir schaffen nur einen kleinen Teil der gut gekennzeichneten Wege, es gibt hier noch viele weitere Wege durch eine unberührte Natur. Doch der Wind frischt auf, die Dünung nimmt zu, es gibt keinen ausreichenden Schutz für Mojito vor der Insel, das heißt wir müssen nach 2 Tagen weiter segeln, schade!
der Sand ist tief, das Laufen manchmal beschwerlich. Das gibt einen straffen Po!!
Der Kurs Richtung Festland ist unangenehm, wir müssen vor dem Wind segeln, das ist nicht Mojito´s Königsdisziplin und definitiv nicht mein Lieblingskurs. Wir kreuzen um voranzukommen, haben aber dann die Welle unangenehm von der Seite, das macht keinen Spaß, aber es gibt leider keine Alternative. Also, Zähne zusammenbeißen und durch!
Der Wind nimmt ordentlich zu, als wir am Ende des Tages die äußersten Schären Stockholms erreichen. Die Zufahrt in das Schärengebiet ist nicht getonnt, überall sind Felsen an denen sich die Brandung bricht und die Gischt unheilvoll hochspritzt. Am Liebsten würde ich den Rückzug antreten, was ich augenblicklich beim Skipper anspreche.
Gerrit ist wortkarg, antwortet nicht auf meine hervorgebrachten Zweifel, manövriert uns aber sicher durch die bedrohlichen Felsen zu einer wunderschönen kleinen Bucht, windgeschützt durch rundgeformte Felsen, eine wahre Oase nach diesem Tag! Um uns herum lauter rund geschliffene Felsen, einer schöner als der andere. Lautstarke Seeschwalben fliegen um uns herum, eine Schwanenfamilie zieht vorbei. Diese Idylle schien noch vor einer halben Stunde undenkbar! Heute habe ich Geburtstag, nun kann ich es auch genießen!
In den nächsten Tagen arbeiten wir uns stetig, aber ohne Eile, durch die wunderschöne Schärenlandschaft in Richtung Stockholm vor. Wir legen einige Stopps ein, wie z.B. in der Gärdersviken und besuchen die Artipelag Kunsthalle. Dieses gelungene Bauwerk inmitten einer Schärenlandschaft wurde von dem segel- und kunstinteressierten Ehepaar Jakobsen finanziert. Eine wirklich gelungene Komposition von Kunst, Architektur und Natur.
Es gibt Anlegestege für Boote, sie sind kostenlos, man darf 24 Std. bleiben, wow!
Wir staunen über die schönen Wanderwege, inklusive Skulpturen und besuchen schließlich in der Kunsthalle die aktuelle Ausstellung „Imagine van Gogh“. Eine wirklich gelungene Multimedia-Show, untermalt durch klassische Musik, jedes Stück auf das jeweilige Gemälde hervorragend abgestimmt.
Was für ein beeindruckendes und nachhallendes Erlebnis!
Unsere Freunde, Per-Eric und Lotta, mit denen wir 2017 gemeinsam mit der Gruppe „Sail The Odyssey“ von Teneriffa über die Kap Verden, den Atlantik, und schließlich nach Barbados gesegelt sind, erwarten uns. Sie schreiben: „there will be two blond old Marineros meeting you in Wasahamn“. Wir freuen uns riesig über das Wiedersehen, und tatsächlich, wir sind alle vier kaum älter geworden! 😊.
Obwohl wir uns sechs Jahre nicht gesehen haben, können wir direkt an unsere gemeinsame Zeit anknüpfen. Es ist sooo schön die beiden wieder zu sehen. Es ist viel geschehen, und, wir sind uns einig, es war eine super schöne gemeinsame Zeit. Wir sind dankbar, dass wir das alles erleben durften.
Wir verbringen gemeinsame Tage in Stockholm, es gibt reichlich Gesprächsstoff, einfach nur schön! Gemeinsam besuchen wir das Wasa-Museum und haben eine Menge Spaß im Abba-Museum, eine Zeitreise in die 70er Jahre.
Stockholm ist eine schöne Stadt und die Marina eignet sich perfekt für eine Stadtbesichtigung. Leider sind wir am Außensteg dem Schwell der vielen vorbeifahrenden Schiffe und Fähren ausgesetzt, das macht die Sache nicht sehr komfortabel. Zudem grenzt ein großer Freizeitpark mit zahlreichen Attraktionen, wie Achterbahn, verschiedene Falltürme usw. unmittelbar an der Marina. Die lauten Schreie der Fahrgäste bis Spätabends sind nervtötend und wir fragen uns, ob es wirklich Spaß macht, was sie da tun?!
eine schöne Holzkirche mit beeindruckender Deckenmalerei
Lustigerweise treffen wir in der Marina zufällig Peter und Bille von Juist und wir verbringen einen sehr kurzweiligen und lustigen Abend mit ihnen, bevor es für uns alle am nächsten Tag weiter geht.
Die beiden wollen durch den Göta-Kanal zurückfahren, bestimmt ein tolles Erlebniss. Für uns ist es nicht machbar, „Mojito“ ist dafür zu breit.
Wir entscheiden uns weiter für den Stockholmer Schärengarten, ein schier unendliches und wunderschönes Segelrevier. Per-Eric hat uns einige sehenswerte Ankerbuchten genannt. Unser Wunsch ist es, eine typische Sauna zu besuchen. Die finden wir, durch die Anweisung von Per-Eric, in einer Ankerbucht und machen uns gleich auf den Weg, um mal richtig skandinavisch zu saunieren. Es qualmt durch den Schornstein, angeheizt ist sie also, wir legen mit unserem Dinghy direkt an dem Sauna-Steg an und gehen hinein. Ein schwedisches Paar begrüßt uns freundlich, wir kommen ins Gespräch. Der Holzofen heizt ordentlich ein, Holz ist genügend vorhanden, unser schwedischer Mitsaunierer geizt nicht mit dem Aufguss, es zeigt Wirkung, wir kommen ordentlich ins Schwitzen. Nur keine Schwäche zeigen, da halten wir auch als Nicht-Skandinavier noch locker mit! Nun geht der Mann hinaus, um kurz darauf mit zwei Drinks für uns wieder herein zu kommen. Lächelnd reicht er Gerrit eine Dose Bier und ich bekomme eine Dose Gin Tonic. Holla, und das in der Sauna! Wir möchten nicht unfreundlich erscheinen, also trinken wir tapfer unsere spendierten Drinks auf, die Wirkung setzt unverzüglich ein! Nun schnell in die kalte Ostsee, hoffentlich ein geeignetes Gegenmittel. Die beiden Mitschwitzer sitzen schon eine ganze Weile in der Sauna und haben, wie wir draußen sehen, bereits eine beachtliche Anzahl an Dosen geleert. Respekt! Da können wir nicht mithalten und sind froh, als die beiden erst einmal ihre Bordkatzen suchen wollen. Wir schwitzen derweilen noch schnell eine Runde ohne Alkohol und machen uns dann rechtzeitig aus dem Staub, damit wir bei der nächsten Runde nicht dabei sind!
Es war trotz Alkohol ein super Erlebnis und das schwedische Paar war sehr nett!
Das Stockholmer Schärengebiet hat unendlich viel zu bieten und lässt uns immer wieder in Begeisterung schwelgen. Besonders gefällt uns die schwedische Gastfreundschaft. Alle sind freundlich und zuvorkommend. Die Infrastruktur ist großartig. Es gibt Komposttoiletten in den meisten Ankerbuchten, dazu selbstverständlich überall Müllentsorgung. Zum Einkaufen darf man selbstverständlich kostenlos in der örtlichen Marina anlegen, was für ein Service!
Wir fühlen uns wirklich willkommen, das macht Freude.
Schweden ist, im Gegensatz zu Deutschland, hervorragend digitalisiert. Bargeldloses bezahlen ist genauso unkompliziert wie online einen Hafenplatz zu reservieren und zu bezahlen oder ein Restaurant zu buchen, so einfach. Schade, dass wir Deutschen uns damit so schwer tun!
Das Segeln zwischen den Schären fällt uns immer leichter, Untiefen sind gut gekennzeichnet, unsere „traumatische“ Felsberührung in Norwegen gerät zunehmend in Vergessenheit. Unsere vorerst letzte Station in Schweden ist die Insel Arholma, eine wunderschöne Naturschutzinsel wie aus einer anderen Zeit, und…, tata.., mit einer Sauna, die wir gleich ausgiebig nutzen, dieses Mal ohne „Sauna-Schluck“!
Bull-August-Gard, hier kann man einfach und unglaublich idyllisch bred and breakfast buchen. Und die Sauna direkt am Wasser!
die wunderbar runden Felsen laden zum Verweilen ein
Der Wind ist gut für die Passage nach Aland, eine Insel-Gruppe zwischen Schweden und Finnland mit einer bewegten Vergangenheit. Mal gehörten sie zu Russland, mal zu Schweden, heute zu Finnland. Sie haben eine eigene Flagge, die schwedische Währung und sprechen Schwedisch, aber auch Finnisch. Unser erstes Ziel ist Mariehamn, dafür müssen wir erst einmal bei 4-5 Beaufort durch die äußeren Schären manövrieren, um dann mit 5 Beaufort durch die alte unangenehme, wieder (!) seitliche Welle in Richtung Aland zu brausen. Diese seitliche Welle ist der unangenehmste Kurs für einen Catamaran und damit, wie bereits erwähnt, auch für mich! Eine Kufe hängt gefühlt in der Luft, während die Welle unter das Deck knallt. Dann fühlt es sich an, als würde man es mit einem Vorschlaghammer traktieren. Ein Vorteil ist, wir sind sehr schnell unterwegs, dadurch schaffen wir die Strecke in vier Stunden. Der Nachteil ist, dass wir so schnell sind, denn wir krachen unsanft durch die beachtlichen Wellen. Die aufkommende „Köddeligkeit“ versuche ich mir damit schön zu reden, dass wir auch „bald“ das Ziel erreichen. Leider erweist sich die ersehnte Küste als unwirtlich, überall bricht sich die See an bedröhlichen Unterwasserfelsen. Der Wind bläst erbarmungslos und nimmt an Stärke zu, das Wetter ist grau und unfreundlich. Wie aus dem Nichts erscheinen riesige Fähren, die mit großer Geschwindigkeit durch das relativ enge Fahrwasser rauschen. Denen möchte man nicht an enger Stelle begegnen, denn sie beharren stets auf ihr ungeschriebenes Vorfahrtsrecht.
Endlich kommt die Marina von Mariehamn in Sicht, was für eine Erleichterung. Den Platz haben wir bereits online gebucht, wir brauchen nicht zu suchen und können am angewiesenen Platz gleich anlegen. Geschafft, hurra!!
Bevor wir die Stadt besichtigen, möchte ich noch gerne die Waschmaschine nutzen und wir fragen im Hafenbüro nach. Wir stellen fest, die Aländer sind eher wortkarg, dagegen ist der gemeine Ostfriese eine echte „Quasselstrippe“! Schließlich schaffen wir es, dem jungen Mann die Worte einzeln zu entlocken und buchen gleich zwei Waschmaschinen und Trockner zu einem beachtlichen Preis, was soll´s, Hauptsache wir können waschen.
Hafenmuseum Mariehamn
Nun haben wir Zeit die Umgebung zu erkunden, die Stadt mit ihrer bezaubernden Holzarchitektur und natürlich die beeindruckende „Pommern“ zu besichtigen, der letzte original erhaltene Frachtensegler der Flying-P-Linern der Hamburger Laeisz Reederei. Alleine für dieses Schiff lohnt sich der Besuch der Stadt Mariehamn! Die Viermastbark gehörte dem alandischen Reeder Eriksson und fuhr mehrfach um die Welt. Als die Pommern nicht mehr rentabel betrieben werden konnte, wurde sie der Stadt Mariehamn übergeben, mit der Bedingung sie im Originalzustand zu belassen. Das Schiff ist vorbildlich erhalten und die Ausstellung ist bildhaft und interaktiv dargestellt, wirklich gelungen. Man bekommt einen Eindruck von dem Leben der Mannschafft an Bord dieses beeindruckenden Schiffes. Gemessen an das harte Leben der Matrosen ist mein Jammern über die unangenehme seitliche Welle lächerlich!
Nach drei schönen Tagen wollen wir weiter das Archipel erkunden. Leider wechselt das Wetter in ein unfreundliches Grau, der Wind bläst mal wieder lebhaft. Es gibt nur wenig Häfen, für uns sind sie alle zu klein. Auch die Ankerbuchten sind rar, bieten wenig Schutz, die Wassertiefen entsprechen nicht den Angaben in den Seekarten. Bis jetzt haben wir zum Glück größere Tiefen als angegeben, doch schafft es kein Vertrauen zu den Angaben. Das Aland Archipel ist nicht unser Lieblingsrevier und so beschließen wir relativ zügig die nächst passende Wetter-Gelegenheit zu nutzen, um wieder zurück nach Schweden zu segeln. Es reicht, dass wir in Norwegen einen nicht kartierten Felsen entdeckt haben, das brauchen wir hier nicht noch einmal. Unser Entdeckerambitionen halten sich diesbezüglich in Grenzen.
Zurück geht es über eine glatt gebügelte Ostsee, mit perfektem Wind, endlich wieder ein richtig schöner Segeltag bei schönstem Sonnenschein. So könnte es immer sein!
Der segelbare Kurs bringt uns ein wenig südlicher als unser vorheriger Startpunkt. Perfekt um das nächste Gebiet der Stockholmer Schären kennenzulernen. Wir wechseln die Ankerbuchten, entdecken reizende Orte, erkunden die Schärenlandschaft zu Fuß über kleine Wege und schlagen uns immer wieder den Bauch voll mit wilden Blaubeeren. Wir sind begeistert von der schwedischen Mentalität, immer freundlich und aufgeschlossen dabei gleichzeitig höflich distanziert. Wir gewöhnen uns an die Temperaturen und tragen, ganz skandinavisch, stets Shorts und Tshirt und schwimmen jeden Morgen ungeachtet der aktuellen Wassertemperaturen unsere Runden um Mojito. Der Rekord liegt bei 10,5 Grad Wassertemperatur, das strafft ungemein das Gewebe!
Per-Eric beobachtet uns über Marine Traffic und gibt uns immer wieder wertvolle Tipps, so auch als wir im Norden der Insel Högmarsö ankern. Er schreibt uns, doch noch die Südseite der Insel zu besuchen und wir befolgen seinen Rat. Es erwartet uns ein beachtliches Werftgelände, welches teilweise noch betrieben wird und teilweise in ein Restaurant umgebaut ist. Es gibt zahlreiche freie Stege, wir legen an und es dauert nicht lange bis der Werftchef uns freundlich begrüßt. Er erklärt uns, dass das Anlegen kostenlos ist und dass seine Tochter das Restaurant betreibt und wir überall herzlich willkommen sind.
Zunächst erkunden wir den reizenden Ort, kaufen im kleinen örtlichen Kaufmannsladen ein paar Vorräte und wollen natürlich im Restaurant noch eine Kleinigkeit essen. Zwischenzeitlich haben sich die Stege beachtlich gefüllt, zahlreiche Boote haben hier angelegt. Das Restaurant ist gut besucht, Reggae-Musik schallt aus den Lautsprechern, Kinder spielen auf dem weitläufigen Gelände, die Leute genießen die Sonne und das Essen an einfachen Tischen auf dem Werftgelände. Was für ein toller Ort!
Nach dem Essen spazieren wir über das übrige, weitläufige Werftgelände, was bei Gerrit immer wieder Begeisterungsstürme auslöst, wenn er das eine oder andere „kleines Schätzchen“ aus vergangenen Tagen entdeckt, eine wahre Fundgrube. Ohne Frage könnte ich ihn hier den ganzen Nachmittag lassen und selbst noch einmal das Restaurant besuchen! ;_)
Wir segeln immer wieder kurze Distanzen, von Bucht zu Bucht, erkunden die jeweilige Insel und staunen über die schöne Natur, die reizende Orte und diese unaufgeregte, schwedische Lebensart.
Unser Weg südwärts führt uns schließlich auch durch St.Anna Skärgard und Gryts-Skärgard, weitere wunderschöne Schärengebiete mit unzähligen Inseln. Es fällt schwer den Überblick zu behalten und sich all die Namen zu merken.
Gerrit mahnt mit Hinblick auf den langen Rückweg, stetig Strecke zu bewältigen, damit uns nicht die Zeit wegläuft. Bei vornehmlich westlichen Winden wird der Rückweg nach Ostfriesland beschwerlich werden, so seine Mahnung. Tatsächlich kündigt sich eine Starkwindwetterlage an, vornehmlich aus West, wir müssen unser Plan ändern. Eigentlich wollten wir nach Kopenhagen, das ist bei diesem Wind unmöglich, also entscheiden wir uns kurzerhand für Bornholm. Hier müssen wir fünf Tage abwettern, der Wind bläst stark und drückt Mojito erbarmungslos gegen die Betonpier. Die Hafengebühr ist beachtlich, die Gegebenheiten sind bescheiden, es gibt keine Alternative. Wir platzieren ausreichend Fender, die allesamt hart strapaziert werden, einige werden regelrecht plan geschmirgelt. Derweil bleibt uns genügend Zeit Bornholm ausgiebig zu erkunden. Wir nehmen uns eine Tour von 60 km vor und fahren gefühlt entweder bergauf oder gegen den Wind oder bergauf und gegen den Wind!! Puh, da haben wir uns aber abends ein leckeres Bornholmer Softeis verdient!
Am nächsten Tag beschließen wir den Bus zu nutzen, dieses Vorhaben erweist sich dann als „anders“ anstrengend. Die Website ist leider nur auf Dänisch, für uns nicht alles zu verstehen. Die Busfahrerin ist übellaunig und erklärt uns, dass man nicht mit Karte bezahlen kann. Nicht? So eine Aussage ist in Dänemark unüblich. Wir fragen, ob sie Euro akzeptiert, mürrisch nickt sie und als wir ihr das Geld geben wollen, merkt sie, dass sie keine Tickets hat und winkt uns wirsch durch. Es bleibt den ganzen Tag spannend den passenden Bus zu finden und sich durch die teilweise undurchsichtigen Fahrpläne zu arbeiten. Die absolute Steigerung ist der Busbahnhof von Rönne. Dort stehen zahlreiche von der Fähre ankommende Touristen, die genauso ratlos rumstehen wie wir. Es gibt weder gekennzeichnete Haltestellen, noch Fahrpläne. Die Busse fahren einfach und man muss sehen dass man irgendwie den richtigen erwischt. Das System erinnert mich ein wenig an Afrika. Irgendwann kann man es mit Humor nehmen.
Am darauffolgenden Tag ziehen wir doch lieber wieder das Fahrrad vor, sicher ist sicher!
Der Wind dreht, wir können weiter in Richtung Westen segeln, zurück nach Klintholm. Kopenhagen geht leider immer noch nicht, vielleicht nächstes Mal. Also geht noch zum Abschluss durch die Dänische Südsee, immer wieder schön!
Es gibt ein gutes Wetterfenster um zur Kieler Förde zu segeln, kräftiger Wind, gereffte Segel, alles passt. Wir haben die Kieler Förde in Sicht und sehen eine Wetterfront aus der Eckernförder Bucht auf uns zurollen. Von einem Moment zum nächsten haben wir 46 Knoten wahren Wind, d.h. Windstärke 9. Der Regen peitscht, der Himmel ist dunkelgrau, die See türmt sich wild vor uns auf. Wir holen schnell das Vorsegel ein und sausen mit (zum Glück!) gerefften Großsegel mit 11,5 Knoten Geschwindigkeit in die Förde. Wir versuchen abzufallen um den Druck aus dem Segel zu nehmen, doch das bringt uns in Richtung Hauptfahrwasser der großen Schiffe. Durch die raue See und den starken Regen haben wir fast keine Sicht, das macht das Ganze sehr unentspannt. Nach einer gefühlten Ewigkeit ist der ganze Spuk vorbei, wir können aufatmen, endlich das angesammelte Wasser aus unseren Schuhen laufen lassen und schließlich am ersehnten Ankerplatz unsere Sachen zum Trocknen aufhängen. Den Schreck müssen wir erst einmal verdauen.
Das aktuelle Wetter treibt uns weiter, eine stürmische Wetterlage ist vorhergesagt. Mit Glück passt unser Timing genau mit dem vorhergesagten, segelbaren Wind an der Nordseeküste zusammen. Danach geht für ein paar Tage erst einmal nichts. Also zügig durch den NOK nach Cuxhaven, so der Plan. Hier warten schon zahlreiche holländische Segler, die alle den passenden Wind nach Westen nutzen wollen. Im Pulk segeln wir Frühmorgens los, mit dem ablaufenden Elbstrom hinaus, es läuft perfekt. Nach zwei Stunden erreichen wir die alte Weser und der Kampf beginnt. Hier begegnet uns die alte Welle der vergangenen stürmischen Tage, dazu dreht der Wind weiter auf Südwest. Für uns als Catamaran ist es nicht mehr segelbar, auch mit Motor kommen wir nicht gegen die Welle an. So bitter es ist, wir erkennen, wir müssen zurück nach Cuxhaven. So ein Ärger!
In Cuxhaven müssen wir drei Tage abwarten, erleben noch einen kurzen, heftigen Sturm, bevor wir endlich perfekt nach Hause segeln können. In diesen Tagen haben sich so viele Segler in Cuxhaven gesammelt, dass wir mit ca. 60 Booten in Richtung Norderney segeln.
Wir erreichen den Greetsieler Hafen und sind glücklich aber auch traurig, dass unsere diesjährige Reise beendet ist. Wir waren fast drei Monate unterwegs und es war fantastisch. Wir haben es wirklich genossen und sind dankbar für die schöne Zeit und die wunderbare Art des Reisens, die uns Mojito ermöglicht.
Nun können wir den Herbst in Ostfriesland geniessen, bevor Mojito an Land gesetzt wird und wir den Winter dafür nutzen, um neue Reisepläne zu schmieden.