Griechenland – die Ionischen Inseln

Wir starten von Leuca (Apulien) einen Tag früher als ursprünglich geplant, die Windvorhersage klingt erwartungsvoll, schließlich möchten wir segeln!

Der Wind nimmt stetig zu, bis zu 25 Knoten, eigentlich herrlich, wenn da nicht diese unangenehme, seitliche Welle wäre. Die Welle ist hoch und heftig, direkt aus der Adria, volle Breitseite für uns! Wir beschließen die Segel zu reffen, um so den Druck abzubauen und damit das Schiff und die Crew zu schonen. Mir wird bei dieser unangenehmen Schiffsbewegung zunehmend mulmig, ein Gefühl von aufkommender Seekrankheit, das ich lange nicht mehr kannte. Zum Glück haben wir eine gut bestückte Reiseapotheke, da lässt sich ein geeignetes Gegenmittel schnell finden. Die Entscheidung zum Reffen war richtig, die Schiffsbewegungen werden angenehmer. Ein befreundeter Katamaran-Segler beschreibt es so: „ein Katamaran ist ein Autist, er spricht nicht mit dir, wie es ein Einrumpf-Segelboot tut. Ist zu viel Druck im Segel, wird er sich nicht zur Seite neigen. Deshalb ist es wichtig, dass du es rechtzeitig fühlst und dementsprechend handelst“. Damit hat er das Problem eines Katamarans sehr treffend beschrieben.

Abends erreichen wir Griechenland, geplant ist die Nacht auf Othonoi zu verbringen, die kleine Insel nordwestlich von Corfu. Wir wollen am nächsten Tag weiter nach Corfu, um dort die nötigen Anmeldeformalitäten zu erledigen. Uns fällt gleich die  erste Bucht ins Auge, westlich vom Hafen. Das Wasser ist kitschig türkisfarben, der Strand leuchtet weiß, das wollen wir uns näher ansehen. Die Bucht gehört einer großen Vogelkolonie, die von unserem Erscheinen nicht begeistert ist. Wir lassen uns vom lauten Vogelprotest nicht abschrecken und betreten zum ersten Mal griechischen Boden. Was für eine Natur, nur die Vögel und wir. Die Vögel beruhigen sich schnell wieder, hier möchten wir bleiben – „ein Wohlfühlort“. Solche Ankerplätze lieben wir! Der erste Eindruck von Griechenland fällt sehr positiv aus!

unsere erste Ankerbucht in Griechenland

Am nächsten Tag segeln wir, dank achterlichem Wind, mit unserem Parasailor  durch die Meerenge zwischen Corfu und Albanien. Die Bergwelt von Albanien bietet uns ein imposantes Panorama. Albanien ist sicher auch ein lohnendes Ziel, vielleicht beim nächsten Mal.

Dieser herrlicher Segeltag versöhnt uns wieder mit dem Segelalltag, die unangenehme See von gestern ist vergessen, was für ein herrlicher Tag.

In der Bucht von Gouvia, auf Corfu, erwarten uns bereits bekannte Crews aus Licata – Zarazoe und Va´a, ein nettes Wiedersehen!

Gouvia ist ein Port of Entry, hier kann man einklarieren.  Alain und Fabiola, unsere französischen Freunde vom Katamaran Va´a, klären uns über die Gegebenheiten auf. Obwohl sie schon einen Tag früher hier angekommen sind, haben sie noch nichts erreichen können. Die neu eingeführte, griechische Steuer scheint die offiziellen Behörden stark zu beanspruchen, sie benötigen ca. eine Stunde Bearbeitungszeit pro Boot, heißt es. Also morgens früh aufstehen und gleich als erster beim Polizeibüro sein – das ist der Plan.

Tatsächlich sind Fabiola und Alain schon vor uns da, für Franzosen nicht schlecht! 😉 Dafür verweigert ihre Bank die Überweisung nach Griechenland, ein Problem das scheinbar viele französische Crews haben. Es gibt auch keine Möglichkeit bar zu bezahlen, ein großes Dilemma. Unsere Bank hat zum Glück die Überweisung akzeptiert, wir können uns weiter durch die Bürokratie kämpfen. Die Zollbeamtin verlangt unsere Passports, wir reichen unsere Personalausweise. „Das sind keine Passports“ kritisiert sie! Nein, in der Tat, die liegen gut versteckt an Bord. „Aber“, kontere ich „wir sind doch in Europa, da reichen doch die Personalausweise?“ Sie schaut uns verunsichert an und gibt mir schließlich Recht. Puh, zum Glück. Sonst hätten wir alles noch einmal von vorne machen können. Es folgen unzählige Fotokopien unserer und Mojito´s Dokumente (wo bleiben all diese Papiere? Werden die vielleicht wieder geschreddert oder tatsächlich ordentlich abgeheftet?), mehrere abgestempelte Zettel und die letzte zu zahlende Gebühr. Die letzte Gebühr wird fällig, wenn man über das Ausland nach Griechenland einreist. Hm! Wie soll man denn sonst einreisen, wenn nicht über das Ausland? Vom Himmel fallen vielleicht? Egal, keine überflüssigen Fragen, wir wollen nur unsere abgestempelten Papiere. Wir reichen ihr einen 20,- € Schein, aber die Zollbeamtin hat kein Wechselgeld. Auf unsere Frage ob wir denn mit Bankkarte bezahlen können, lacht sie uns aus. Okay, ich erkläre mich bereit durch den Hafen zu laufen um Wechselgeld zu organisieren und um die fälligen 15,- € zu bezahlen. Draußen warten mehrere Segler, kein Wunder dass die Bearbeitung so lange dauert! Schließlich erhalten wir  die ersehnten und abgestempelten Papiere, Mojito hat  drei Monate Aufenthaltsrecht in Griechenland. Dass man sich über solche Kleinigkeiten so freuen kann, auch das gehört zum Seglerleben! Nun haben wir uns den Kaffee am Hafen verdient und treffen uns mit Alain und Fabiola, um eine Lösung für ihr Problem zu finden. Wir beschließen  ihre Gebühren von unserer deutschen Bank zu überweisen und es klappt wie erhofft, sie sind erleichtert. Da denkt man wir sind in Europa, aber da gibt es doch noch Unterschiede. Trotzdem erweist sich Europa für uns immer wieder als wertvolles Gut, das es unbedingt wert ist zu erhalten. Ich mag mir diese bürokratischen Hürden nicht vorstellen, wenn es Europa nicht gebe.

Abends gehen wir gemeinsam mit Alain und Fabiola essen, und sind froh, diese erste Hürde gemeistert zu haben!

In Corfu nehmen wir unsere Tochter Amei an Bord, wir freuen uns mit ihr gemeinsam die Ionischen Inseln zu erkunden. Noch ist es ziemlich kalt, wir müssen Amei mit einer Fleecejacke aushelfen und machen uns Abends einen norddeutschen Grog mit unserem letzten karibischen Rum aus  Martinique (eine gelungene Kombination, schmeckt hervorragend). Zum nächtlichen Ankern verlegen wir lieber auf die kleine, unbewohnte  Insel vor Corfu. Der Besuch von Corfu-Stadt konnte uns nicht überzeugen – eine reine Touristenstadt, nicht wirklich sehenswert. Landschaftlich wirkt die Insel Corfu sehr schön: grün bewachsen mit zahlreichen schönen Stränden und ohne große Hotelburgen. 

Amei, noch mit Fleece-Jacke

Amei fliegt in 10 Tagen wieder von Patras nach Deutschland, in dieser Zeit wollen wir die Ionischen Inseln erkunden, also los!

Scheinbar hat Amei den von uns ersehnten Sommer aus Deutschland mitgebracht, denn endlich steigen die Temperaturen. Der Sprung ist aber gewaltig, es geht gleich auf 30 Grad, puh, das geht auf den Kreislauf.

Unser erstes Ziel ist die Insel Paxos, mit ihrer Traumbucht Lakka – türkisblaues Wasser und ein netter kleiner Ort. Die Bucht ist sehr gut besucht, aber  jeder findet einen Ankerplatz, das Panorama ist reizvoll, hier lässt es sich aushalten. Endlich lohnt es sich unsere Standup-Paddelboards aufzupumpen, die Saison kann beginnen!

Lakka, Traumbucht auf Paxos
.. als würde man schweben
Tauchen gemeinsam mit Alain. Unter Wasser gibt es keine Sprachbarriere
Abendessen mit Blick auf die Ankerbucht

Unser Weg führt uns weiter über  die kleine Nachbarinsel Antipaxos nach Lefkas. Hier wollen wir in den Kanal von Lefkas und müssen dafür die  schwimmende und drehbare Brücke passieren. Diese Brücke bildet  die Verbindung zwischen der Insel Lefkas und dem Festland. An dieser Stelle gibt es viel Wind, da  hier der Kap-Effekt und der Wind aus dem Abrakkischen Golf vorherrschen. Zum Glück sind wir das einzige Segelboot, es gibt genügend Platz zum Festmachen, so können wir recht entspannt die stündliche Öffnungszeit abwarten. Für unsere Breite muss sich die Brücke nicht nur öffnen, sondern auch drehen, ein imposantes Schauspiel.

durch die Gaios-Bay auf Antipaxos
die Schwimmbrücke bei Lefkas
weite Lagunenlandschaft im Kanal von Lefkas

Der Kanal von Lefkas zieht sich durch eine lagunenartige Landschaft, die früher zur Salzgewinnung diente. Die Landschaft erinnert uns stark an Friesland, weitläufige Wiesen und Flachwasserzonen glitzern in der Abendsonne. Wir steuern die Ankerbucht bei Nidri an, doch wir sind uns schnell einig das Weite zu suchen. Die Ankerbucht ist überlaufen, der Ort wirkt von weitem wie ein reiner Touristenort. Wir bevorzugen kleine Ankerbuchten und werden auch fündig, zum Glück! 

Viele Anlegestellen sind kostenlos, aber es wird erwartet, dass man in der dazugehörigen Taverne essen geht. Wir mögen lieber draußen ankern, so können wir nach Lust und Laune schwimmen gehen. Möchten wir essen gehen, können wir uns die Taverne frei aussuchen. Zusätzlich gibt es, ähnlich wie auf Sizilien, eine schlecht organisierte Müllentsorgung und damit verbunden ein Rattenproblem. Deshalb vermeiden wir eine Verbindung über Leinen zum Festland – eine Ratte an Bord ist wirklich das Letzte was man sich wünscht!

zwei reizende Damen in Spartochorion auf Meganisi
Dorfkirche

Eine Abwasserleitung ist verstopft, Gerrit muss sie ausbauen und austauschen, dafür muss er tiefer als üblich in die Bilge kriechen. Und siehe da, er fördert eine voll bepackte und vergessene Proviantkiste  zu Tage. Sie gehört noch zum Proviant unserer Atlantiküberquerung, upps. Also…, Dosentomaten, Kichererbsen, Nudeln und Reis brauchen wir nun erst einmal nicht mehr zu kaufen, die gibt es nun reichlich an Bord!

Sollte ich eines Tages als Tier wiedergeboren werden, wäre das Eichhörnchen das passende Tier für mich – ich sorge ständig vor für schlechte Zeiten und ab und an vergesse ich, wo ich etwas versteckt habe! 

Das Licht im Ionischen Meer fasziniert uns immer wieder aufs neue. Die Landschaft ist sehr schön und es gibt auf jeder Insel schöne Ankerbuchten und entzückende Orte.

Die Menschen hier leben meistens vom Tourismus, die ortsansässigen kleinen Fischer fangen kaum noch Fische, das Meer ist restlos überfischt. Dabei ist die Saison im Tourismus sehr kurz, sie fängt nun im Juni gerade an und endet bereits im September. Reichtümer lassen sich so nicht erwirtschaften, Griechenland hat wahrlich einen schweren Stand.

Über die Inseln Meganisi, Skorpios, Kalamos, Kastos, Athokos und Ithaka geht es schließlich zum Golf von Patras. Das Ionische Meer gefällt uns gut, was uns nicht gefällt ist der Mangel an Wind – die meiste Strecke müssen wir unter Maschine fahren 🙁   

Wandern auf Kalamos
Port Leone auf Kalamos – ein verlassenes Dorf. Ein Erdbeben 1953 zerstörte die Lebensgrundlage der Einwohner, sie wanderten aus, meist in die USA. Reste der alten Olivenölpresse
das einzigartige Licht im Ionischen Meer

Amei´s  Abflug rückt näher, wir suchen eine passende Ankerbucht in Flughafennähe.

Die erste Ankermöglichkeit ist nur 1,5 Kilometer von der Startbahn entfernt, doch leider gibt es keine Möglichkeit mit dem Dinghi anzulanden. Außerdem müssten wir mit dem Koffer über den Strand laufen, auch nicht so toll. Unsere Wahl fällt auf den nächsten kleinen Fischerort. Wir ankern außerhalb und fahren mit dem Dinghi in den Hafen. Der kleine Hafen hat sicher schon einmal bessere Zeiten gesehen, er wirkt ungepflegt wie der gesamte Ort. Unser Plan war es eigentlich in einer Taverne essen zu gehen und ein Taxi zum Flughafen für den nächsten Tag zu organisieren. In der ersten Taverne vergeht uns der Appetit und wir haben Zweifel ob der Fisch noch frisch ist, es scheinen nicht viele Gäste hier zu sein.

Der Fisch in der zweiten Taverne sieht da besser aus, die Küche macht einen sauberen Eindruck. Wir haben den Eindruck ein gutes Werk zu tun, wenn wir hier etwas Geld lassen. So endet unser letzter gemeinsamer Abend mit Amei doch noch schön, auch wenn es kein „Traumort“ ist, dafür aber authentisch, sagt Gerrit!

Das Inhaberpaar kann nicht glauben, dass wir auf einem Segelschiff wohnen. Sie sind aber sehr bemüht unsere Bitte zu erfüllen und bestellen einen befreundeten Taxifahrer für den nächsten Tag zu ihrer Taverne.

Nun heißt es Abschied nehmen von Amei – schade, es waren so schöne Tage!

Italien – wir erkunden den Fuß des Stiefels

Unser Weg nach Griechenland führt uns am Fuß von Italien entlang. 

 Die Griechen haben sich ab diesem Jahr eine weitere Steuer für Bootsbesitzer ausgedacht. Um es sich einfacher zu machen, wird immer für den gesamten Monat abgerechnet auch wenn man am Ende des Monats ankommt. Wir können ja verstehen, dass die Griechen Geld brauchen, aber unsere „Spendenbereitschaft“ hält sich doch in Grenzen. Wir haben daher beschlossen nicht vor dem 1. Juni dort einzuklarieren, so  bleibt uns auch genügend Zeit um den Fuß des italienischen Stiefels zu erkunden.

Ich erinnere mich an meine Grundschulzeit, als ich in meinem neuen, braunen Diercke Atlas blätterte und eine unglaubliche Entdeckung machte: Italien hatte die Form eines Stiefels! Ich war mir sicher, keinem war es vor mir aufgefallen und meldete es begeistert meiner Lehrerin. Doch an ihrer Reaktion merkte ich, dass ich  wohl doch nicht die erste war, diese Entdeckung zu machen. Schade!

Trotzdem behielt dieser Stiefel für mich eine gewisse Faszination und nun würden wir tatsächlich den Fuß näher kennen lernen, ich war schon sehr gespannt!

Wir starten am frühen Morgen aus der Bucht von Syrakusa, der Ätna und die barocke Altstadt im Licht der aufgehenden Sonne, was für ein Anblick! Wir hoffen auf Wind, schließlich haben wir mehr als 90 sm zu bewältigen und unter Segel sind wir meist schneller als unter Maschine. Leider erfüllen sich unsere Erwartungen nicht und wir müssen einen Großteil der Strecke motoren, wie so oft im Mittelmeer – entweder zu viel Wind oder überhaupt keinen Wind. „Im Mittelmeer segeln, heißt von Sturm zu Sturm motoren!“, sagen die Segler.

die Altstadt von Syrakusa und der Ätna im Morgenlicht

Als wir die Stiefelspitze erreichen, staunen wir über diese reich bewaldeten, hohen Berge, die bis nah ans Meer reichen. Was für eine üppige und wunderschöne Natur.

In einiger Entfernung zum Meer erkennen wir Dörfer, die sich malerisch an die Berge schmiegen. Die kilometerlangen Sandstrände wirken menschenleer, ein Paradies! Doch leider nicht wirklich für uns Segler, da es an dieser Küste keine Buchten gibt.

Man ankert zwar auf Sand, der Anker hält dadurch fantastisch, aber es gibt keinen Schutz vor Wind und Welle, da die Küste sehr gerade verläuft.

Südküste Kalabriens – 260 Km fast durchgehender Sandstrand

Abends gibt es eine kleine Meuterei an Bord, ich habe keine Lust im Dunkeln bis Roccella Ionica zu fahren, angeblich die erste geschützte Ankermöglichkeit. Also ankern wir 15 sm früher, an der offenen Küste, kochen uns Spaghettis und fallen tot müde ins Bett!

Der Schwell ist unangenehm, wir werden die ganze Nacht geschüttelt, an Tiefschlaf ist nicht zu denken. Doch den Höhepunkt dieser unruhigen Nacht bringt der nächtliche Besuch der Coastguard. Sie umrunden Mojito mit ihrem Schnellboot mehrfach und schütteln uns dadurch so richtig durch. Dazu beleuchten sie uns mit ihrem grellen Suchscheinwerfer, im Boot ist es taghell! Außerdem diskutieren sie laut und lebhaft untereinander, vielleicht: „verhaften oder versenken?“ ( kleiner Scherz! ) Wir warten derweil ab was draußen passiert und lassen uns nicht blicken. Sollen sie doch klopfen, wenn sie was wollen!

Wir fühlen uns ein wenig wie ertappte Schwerverbrecher, und überlegen ob wir vielleicht mit erhobenen Händen an Deck gehen sollen. Dabei ankern wir rechtmäßig mit 200m Meter Abstand zum Strand, also… wo ist das Problem?? Das scheinen sie nun auch zu merken, sie können uns nichts vorwerfen und nachdem sie uns ordentlich durchgeschüttelt haben, ziehen sie unverrichteter Dinge ab und lassen uns zufrieden, an Schlaf ist nicht mehr zu denken!

Am nächsten Tag geht es weiter nach Roccella Ionica, dort soll es vor der Hafeneinfahrt eine geschützte Ankermöglichkeit geben. Immer entlang dieser traumhaften Küste, die nahezu unbesiedelt ist. Früher hatten sich die Menschen aus Furcht vor Überfällen und vor Malaria von der Küste zurückgezogen. Dann wurde im 20.Jhdt. die Eisenbahn parallel zur Küste verlegt, was heute eine Ansiedlung von Hotelburgen verhindert. Dadurch wurden diese natürlichen Strände erhalten und der Tourismus ist hier zurückhaltend und angenehm.

In Rocella Ionica erwartet uns ein  netter kleiner Ort, doch der Ankerplatz bietet nur wenig Schutz vor der Welle, also geht das Schütteln an Bord weiter! Zum Glück schaukelt sich unser Katamaran nicht so hoch wie ein Einrumpf-Segelboot. Neben uns ankert Jürgen, sein Boot wirkt manchmal wie der Zeiger eines Metronoms, da bleibt sicher nichts auf dem Tisch stehen. Nach zwei Nächten gehen wir doch in die Marina, um endlich wieder ruhig zu schlafen. Auch weil wir ein Auto gemietet haben und  bei diesen Bedingungen Mojito nicht den ganzen Tag alleine am Anker lassen wollen.

Ankern vor Roccella Ionica, schöne Kulisse, doch leider unruhige See
der Strand von Roccella Ionica

Unsere Tour führt uns durch das Aspromonte, das Gebirge voller Tannen- und Buchenwälder mit blühendem Ginster und atemberaubenden Ausblicken. Wir fahren durch halbverlassene Bergdörfer, durch Olivenhaine und blühenden Wildblumenwiesen, entlang riesiger Fiumare, das sind sommertrockene, kilometerbreite Schotterflussbetten. Sie lassen uns erahnen was für Wassermassen während der Wintermonate hier durchrauschen. Eine wunderschöne Gegend, die es bestimmt wert ist erwandert zu werden!

Weizenfeld mit Wildblumen
Bergdorf in Aspromonte, im Hintergrund ein sommertrockenes Schotterflussbett
ein Fiumare, ein sommertrockenes Schotterflussbett
die wilde, weite Landschaft Kalabriens
La Cattolica – eine winzige, byzantinische Ziegelkirche aus dem 10. Jh.




Die Sommertemperaturen lassen weiterhin auf sich warten. Der Wind ist mitunter eisig kalt, beim Segeln benötigen wir gute winddichte Kleidung. „Gutes, beständiges Wetter kommt langsam!“ predigt mir Gerrit, der alte, weise Landwirt, schon seit Tagen. Es fällt mir schwer  zu glauben. Meiner Meinung nach ist das Wetter irgendwo stecken geblieben oder hat den falschen Weg genommen. Hier ist es nicht, vielleicht in Norddeutschland!?

Weiter geht es schließlich entlang der Küste, da bekommen wir in der nächsten größeren Einbuchtung, im Golfo di Squillace, wieder mal die unangenehme Seite des Mittelmeers zu spüren. Obwohl nur ein schwacher Wind gemeldet war, nimmt der Wind plötzlich bis auf 40 Knoten (Windstärke 8) zu. In solchen Momenten sind wir noch stets angespannt, aber das Vertrauen kehrt immer mehr zurück, Mojito kämpft sich tapfer durch die aufgewühlte See. Dieser Küstenabschnitt ist bekannt für seine Wetterkapriolen, ja das haben wir gespürt!

Wir werden weiterhin täglich von der Coastguard „beguckt“, sie haben uns im Blick!

Von anderen Seglern hören wir, dass sie ständig kontrolliert werden und dass schnell mal willkürlich Bußgelder verteilt werden. Jürgen, zum Beispiel, ist von der Adria bis hierher dreizehn Mal kontrolliert worden und musste über 300,- €  Bußgeld bezahlen. Davon sind wir bis jetzt zum Glück verschont geblieben!

Nun bleibt noch die Überquerung des Golf di Taranto, also vom Fuß zum Absatz, oder von Kalabrien nach Apulien. Gallipoli heißt unser Ziel.

Auch hier entscheiden wir uns ganz früh morgens zu starten, der Wind soll Nachmittags einschlafen, bis dahin können wir schon zweidrittel der Strecke geschafft haben. Wir setzen die Segel, haben halben Wind, alles läuft gut. 

Wir sehen auf unseren Plotter, dass wir ein militärisches Übungsgebiet kreuzen. Dieses Gebiet ist mehr als 20 sm breit (also etwa 40 Km) und zieht sich durch das gesamte Gebiet von Nord nach Süd. Wir lesen dass es sich um ein Schießgebiet für U-Boote handelt. „Urg“, frage ich besorgt „woher wissen wir, wann sie Schießübungen machen und wann nicht…!“ Gute Frage…!

Es dauert nicht lange, da sehen wir ein Schnellboot Kurs auf uns nehmen – entweder Piraten oder Coastguard – man weiß nicht immer was besser ist…! Es ist die Coastguard. Nun ist es wohl so weit, nun sind wir dran, denken wir.

Nein, sie informieren uns, dass heute Schießübungen stattfinden und wir bitte unseren Kurs ändern sollen. Wir sollen nun auf Kurs 340 ° gehen für 13 sm. Okay, Widerrede nützt wohl nichts. Weder bringt uns dieser Kurs an unser Ziel nach Gallipoli, noch passt der Kurs zum Segeln. Also bergen wir die Segel und nehmen Kurs 340 °, wie befohlen. Es gibt noch eine Segelyacht mit dem gleichen Kurs wie wir, 2 – 3 sm vor uns, aber ohne AIS, also elektronisch nicht sichtbar. Was ist denn mit ihr, fragen wir uns, wollen aber nicht petzen. Vielleicht sind das dann später die sogenannten Kolateralschäden?? Wir beneiden die Segelyacht für ihr ungehindertes Durchfahren, vielleicht sollten wir beim nächsten Mal das AIS ausschalten und uns kurz „unsichtbar“ machen. Die Fischer machen das auch immer wieder.

Wir haben nicht viel Zeit darüber nachzudenken, es dauert nicht lang und wir bekommen einen Anruf über Funk, von der Coastguard: wir möchten doch bitte unseren Kurs ändern und nun 90 ° nehmen. Das ist ja ein Zickzackkurs, wir fühlen uns wie bei einer Schnitzeljagd. Dieser Kurs passt aber wieder zum Wind, also wieder Großsegel hoch (da wir keine elektrische Winsch für das Großsegel haben, stählt diese Übung Gerrit`s Körper, haha!). Die Freude über das Segeln ist von kurzer Dauer, da meldet sich wieder die Coastguard um uns einen neuen Kurs zu melden, nun sollen wir 2 sm südlich und 8 sm parallel zum Militärgebiet und dann dürfen wir wieder das Militärgebiet kreuzen. „Also doch Schnitzeljagd oder finde den Kurs, irgend so ein Spiel“ meine ich. „Ne“ meint Gerrit „die brauchen ein Ziel vor ihrer Linse“. Es fällt mir schwer darüber zu lachen, denn nachvollziehbar sind ihre Anweisungen nicht wirklich. Zum Glück wird auch ein Frachter angewiesen den gleichen Kurs zu fahren, der gibt uns doch dann hoffentlich Feuerschutz, schwitz! Mittlerweile ist der Wind eingeschlafen, also Segel bergen und Motor an. Dieser Zickzackkurs hat uns einen Umweg von 10 sm beschert, heißt fast zwei Stunden mehr!!

Wir sind nun in Apulien, dem Stiefelabsatz. Das krasse Gegenteil zu Kalabrien – es ist flach und es gibt mehr Touristen. Aber die Bucht von Gallipoli lockt mit klarem Wasser, netten Stränden, gesäumt von einer dichten Macchia.

Nachdem wir die nette Altstadt besichtigt haben und genug von dem dort angebotenem Touristenkitsch gesehen haben, ändern wir unseren Ankerplatz und bleiben ein paar Tage im südlichen Teil der Bucht von Gallipoli um den heftigen Wind der nächsten Tage abzuwettern. Dies ist der einzige, geeignete Platz dafür und hier lässt es sich gut aushalten: klares Wasser, Naturstrand und ab und zu eine kleine Strandbar. Es gibt hier wenig Menschen, doch im Sommer soll es hier dem Ballermann gleichen. Gut, dass wir jetzt die Ruhe genießen können und ein paar Arbeiten an Bord erledigen können. Es gibt immer noch Arbeiten nach unserem Mastbruch, die noch abgearbeitet werden müssen. Außerdem gibt es ein Problem mit der Elektrik. Wenn wir Abends das Ankerlicht einschalten, schaltet sich irgendwann von Geisterhand die Dreifarbenlaterne an, die besagt das wir in Bewegung sind und segeln. Hat sie sich einmal eingeschaltet, lässt sie sich nicht wieder ausschalten, es sei denn wir machen das Ankerlicht aus, was aber auch nicht klug ist, weil wir dann ohne Beleuchtung für andere Schiffe sind. So hat Gerrit einiges zu tun und alle Kabeln zu messen, um den Übeltäter zu finden.

Gallipoli, eine verwinkelte Altstadt
.. mit schönen Innenhöfen
und kleinen Aperitif-Bars, direkt an der Stadtmauer
Starkwind abwettern – in dieser Bucht lässt es sich aushalten

Als der Wind nachlässt geht es weiter nach Maria di Leuca, der südlichste Punkt von Italien. Hier nehmen wir Abschied von Italien, wir genießen einen Aperitif in der Abendsonne und denken gerne an die letzten sieben Monate in Sizilien und Italien zurück. Eine schöne Zeit!

in Santa Maria di Leuca gibt es zahlreiche stilvolle Sommervillen aus den Anfängen des 20. Jhdts.
der südlichste Zipfel des italienischen Stiefels. Hier treffen sich das Ionische und das Adriatische Meer. Finis terrae – Ende der Welt


Malta und Syrakusa

Wir wollten schon längst Sizilien verlassen haben, doch das gute Wetter lässt noch auf sich warten. So beschließen wir die Ostertage noch in Licata zu verbringen. Eine gute Entscheidung, denn die hiesigen Osterprozessionen sind es wert. Vor Ostern wird erst  die Heilige der Fischer in einer Barfußprozession von einer Kirche in die andere getragen. Die Menschen die hier Abbitte leisten indem sie daran teilnehmen, haben danach oft blutige Füße. Beim Verlassen der Kirche ertönen alle Schiffshörner, das ist ergreifend. Ab Karfreitag werden Jesus und Maria in verschiedenen Prozessionen von einer Kirche in die andere getragen, alles folgt einem vorgegebenen Ritual. Die Stadt ist geschmückt, die Stimmung ist entspannt. Man trifft sich, man isst und feiert gemeinsam, die Menschen durchleben zusammen Jesus´ Leidensweg. Ein ergreifendes Spektakel, auch für Nichtkatholiken.

Osterprozession


Jesus wird mit dem Kreuz durch Licata getragen

Jesus gemeinsam mit Maria auf dem Weg zur Kreuzigung

die Kreuzigung

Christine und Thomas besuchen uns für ein paar Tage über Ostern und gemeinsam erleben wir diese eindrucksvollen Tage und haben gemeinsam viel Spaß!

Blühende Mimosen bei Licata

Wanderung mit Christine und Thomas


Blick auf die Bucht von Licata
gemeinsam genießen wir eine Granita di Limone mit Brioche, eine sizilianische Spezialität, sehr lecker!

Nun wird es ernst, wir verlassen Licata. Ein komisches Gefühl unser „heimeliges Nest“ nach sieben Monaten zu verlassen, aber auch befreiend – endlich wieder auf dem Meer hinaus, endlich wieder segeln!

Die Überfahrt nach Malta klappt gut, unsere neuen Segel sind eine Wonne, da hat die Stader Segelwerkstatt wirklich gute Arbeit geleistet und uns super beraten!

Wir laufen zunächst Gozo an, die kleine Insel nördlich von Malta.

Die Ankerbuchten, die wir uns laut Karte ausgesucht haben, erweisen sich in der Realität als unpassend, wie so oft! Also fahren wir eine Bucht nach der anderen ab, doch entweder sind sie zu eng, oder sie sind mit Bojen ausgelegt, oder der Wind weht auflandig (was kein entspanntes Ankern erwarten lässt!). Hm! Also gut, es bleibt uns nichts anderes übrig als direkt vor der Hafeneinfahrt von Mgarr zu ankern. Doof, weil hier sehr viel Schiffsverkehr mit entsprechendem Schwell herrscht, aber gut, weil wir dort relativ gut geschützt vor dem starken Wind sind. „Der Wind auf Malta ist speziell“ hatte man uns gesagt. In der Tat, der Wind hat es in sich, außerdem ist er ständig wechselnd und entspricht oft nicht der Vorhersage.

Ankern (hinten links) vor dem Hafen von Mgarr auf Gozo

Überhaupt ist Malta speziell. Wir wissen nicht viel über Malta, außer das es mitten zwischen Europa und Afrika liegt, daher die wechselnden Winde und der Regen ist angereichert mit  rotem Sand aus der Sahara. Mojito sieht nach den Regenschauern schlimm aus, der Sand saugt sich überall fest, das lässt sich leider nicht ändern, das zu beseitigen würde zu viel Wasser kosten.

Wir erkunden Gozo, so weit die Windbedingungen dies zulassen. Wenn zu viel Wind weht, wollen wir Mojito nicht alleine am Ankerplatz lassen, das ist uns zu riskant.

Per Bus geht es dann schließlich nach Victoria, der kleinen Inselhauptstadt von Gozo, eigentlich eine große Festung.

Victoria auf Gozo

Schnell wird klar, diese beiden Inseln wurden in ihrer Geschichte ständig überfallen. Gefühlt waren alle Völker einmal hier. Der arabische Einfluss spiegelt sich in der Sprache und in der Architektur wieder. Die Sprache hört sich wie Arabisch an, wird aber mit lateinischen Buchstaben geschrieben, das ist komisch zu lesen. Die Straßen heißen hier „Triq“, klingt lustig.

die Sprache klingt arabisch
die Straßen heißen „Triq“

Es gibt nicht nur unglaublich viele Festungen hier, sondern auch sehr, sehr viele Kirchen und Kathedralen. Der Einfluss der katholischen Kirche war wohl sehr stark, wahrscheinlich durch die Ritter des Johanniterordens, die sich im Mittelalter hier ansiedelten und schließlich den Malteserorden gründeten.

Später übernahmen die Briten die Herrschaft über Malta, daher wird hier Englisch gesprochen und links gefahren (was uns beim Überqueren der Straßen immer wieder in gefährliche Situationen bringt, schwitz!). Überhaupt ist alles wieder „very british“, das Essen, die Lebensart, das Publikum.

Heike und Klaus ankern neben uns und fragen, ob wir Lust haben im Ort essen zu gehen. Klar, gern!

Doch da kommt schon die Ernüchterung: das Essen ist qualitativ schlecht und preislich hoch, wir sind nicht mehr in Licata, das wird uns schmerzhaft bewusst! Aber der gemeinsame Abend wird trotzdem schön und kurzweilig. Wir sind tatsächlich die letzten Gäste, die Restaurants und Kneipen schließen schon um 22 Uhr! In Sizilien waren wir stets die ersten Gäste, da ging das Abendleben erst um 22 Uhr los!

Es dauert nicht lange, da kommen Frank und Eva auf Malta an und ankern auch neben uns, danach kommen noch Alain und Fabiola und noch zwei weitere bekannte Boote, alle sind Überwinterer aus Licata, wie nett!

Wir wechseln die Buchten und besichtigen die Ortschaften, es ist sehr touristisch, Hotelburgen überall. Die Preise sind saftig, die Malteser scheinen die Touristen während der Saison gnadenlos melken zu wollen. Das muss dann wohl für das ganze Jahr reichen!

Wir wechseln unseren Standort nach Valetta, immer auf der Suche nach windgeschützten Plätzen. Der Wind ist heftig und kalt, es ist keine Freude.

Als wir in die Bucht von Valetta einlaufen, sehen wir schon drei Kreuzfahrtschiffe an der Pier liegen, oh Schreck!

riesige Kreuzfahrtschiffe vor Valetta

Unsere Befürchtungen bewahrheiten sich in Valetta. Die Stadt ist angereichert mit Kreuzfahrttouristen, die leider immer eine große Unruhe mitbringen. Schließlich muss alles an einem Tag besichtigt werden, das Schiff läuft meistens Abends wieder aus, zum Verweilen bleibt da keine Zeit! Die Geschäftsstraßen bestehen hauptsächlich aus austauschbaren Modeketten oder Touristen-Nippes, alle sind auf das schnelle Geld aus.

Auch die Eintrittsgelder sind nicht von Pappe, da müssen wir schon mal tief durchatmen.

Aber…, Gerrit kommt tatsächlich zum ersten Mal in den Genuss der Seniorenermäßigung, hat doch Vorteile 60 zu sein! Etwas beleidigt bin ich als der Kassierer mich tatsächlich auch fragt, ob ich 60 bin…! Natürlich verneine ich entschieden. Gerrit kann es nicht fassen, dass wir nur wegen meiner Eitelkeit 4,- € mehr bezahlen müssen. Ich kann es nicht glauben, dass ich tatsächlich für 60 durchgegangen wäre, pöh!

die erste Seniorenermäßigung! „over 60“

Beeindruckt sind wir von der Sacra Infermeria, dem modernsten Krankenhaus im 16. Jhdt. Die Ritter unterhielten dieses Krankenhaus mit über 1000 Betten und erstaunlich hohen Hygienestandards. Auch wenn mir die eine oder andere Behandlungsmethode aus heutiger Sicht etwas fragwürdig erscheint. So wurden z.B. Schusswunden mit siedendem Öl ausgebrannt und als guter Chirurg galt der, der schnell operieren konnte, da es keine Anästhesie gab (schluck!). Jeder, egal ob Adeliger, Gefangener oder Moslem, wurde hier aufgenommen und behandelt. Wie edel!

Wir besichtigen auch einen der zahlreichen Bunker in den Grotten, in denen die Bevölkerung Schutz vor den Bomben der  Deutschen und Italienern während des zweiten Weltkrieges fanden. Die Deutschen wollten Malta haben. Für den Afrika-Feldzug war dies strategisch von großer Bedeutung. Für die Bevölkerung war es eine große Leidenszeit, ich mag es mir nicht vorstellen. 

Eingang zu den Bunkerhöhlen auf Malta
ein weit verzweigtes Tunnelsystem, jeder hatte 0,6 qm Platz. 6000 Menschen haben hier Zuflucht gesucht, manchmal über mehrere Tage

Heute glänzt Malta wieder, ist Unesco Weltkulturerbe und beherbergt unzählige Touristen.

Valetta
Sicht auf Valetta
Ankern vor Valetta
mindestens einmal am Tag wird hier Salut geschossen
Weizenernte auf Malta

Für uns war es interessant, aber unsere Lieblingsinsel wird Malta nicht, zu touristisch. Wir freuen uns wieder nach Südsizilien zu segeln. Das ist die passende Route um dann weiter nach Kalabrien zu segeln.

Es wird ein super entspannter Segeltag, mit wenig Wind, dafür aber passend für unseren Parasailor, unser Leichtwindsegel, perfekt für achterliche Winde.

mit dem Parasailor nach Südsizilien

Wir steuern zunächst das südliche Kap Siziliens an, das Capo Passero. Hier bekommen wir am nächsten Tag überraschend Besuch aus der Krummhörn, unserer Heimat. Hansi und Marie machen hier Urlaub und besuchen uns an Bord. Wir verbringen den Tag zusammen und haben uns viel zu erzählen. Wie schön uns hier zu treffen!

Aperitif mit Hansi und Marie in Marzamemi

Weiter geht es nach Syrakusa, eine interessante Stadt mit vielen Sehenswürdigkeiten. Doch auch hier merkt man, dass die Stadt auf Touristen ausgerichtet ist. Die Preise sind auch hier sehr hoch und die Qualität eher dürftig. Wir probieren mehrere Gelaterien aus, doch kein Eis schmeckt so gut wie in der „DolceVita“ in Licata.

Licata war wahrlich keine „Liebe auf den ersten Blick“, aber wir wissen es nun zu schätzen,  dass wir dort das authentische Sizilien und seine Bewohner  kennen lernen durften. Was für ein Glück!

Freiluftkirche in Syrakusa
die beeindruckende Piazza Duomo von Syrakusa
Barockfassaden
schöne Innenhöfe der zahlreichen Palazzis
auf dem Markt kann man sich Paninis nach Wunsch zubereiten lassen, dazu ein Glas Wein – ein Genuss!

die Grotte „das Ohr des Dionysios“. Hier konnte der Tyrann von Syrakusa 430 v. Chr. seine eingesperrten politischen Gegner abhören. Wozu braucht man heute so viel Technik??
Reste des Amphitheaters

Wir ankern in der riesigen Bucht von Syrakusa, wieder umgeben von bekannten Booten aus Licata, man fühlt sich heimisch,  sehr familiär!

In Syrakusa wird das St.Lucia-Fest gefeiert, so wie in Schweden. Dieses Fest wird sonst nirgends auf Sizilien gefeiert, nur hier in Syrakusa. Gefeiert wird im Dezember und im Mai. Unser Glück, denn wir kommen in den Genuss eines fantastischen Feuerwerkes. Dafür liegen wir in der Bucht in der ersten Reihe und können es vom Wasser aus bestaunen. Im Hintergrund die malerische Altstadt. Es ist wahrlich das schönste Feuerwerk dass wir je gesehen haben, wow!

Abschied von Sizilien, der Ätna im Morgenlicht


Die neue Saison beginnt

Das neue Jahr hat so einige Veränderungen mit sich gebracht.

Angefangen im Januar, während unseres Aufenthaltes in Ostfriesland mussten wir Abschied nehmen von Gerrit’s Mutter, die im Alter von 90 Jahren verstorben ist. Es war gut, dass wir diese Zeit Zuhause hatten und in Ruhe Abschied nehmen konnten.

Wir haben sieben Wochen in unserer alten Heimat verbracht und es war  schön Zeit zu haben, für die Familie und für Freunde. Wir haben viele schöne Stunden mit netten Menschen verbracht, die wir natürlich in der Ferne vermissen. Umso mehr schätzen wir die gemeinsame Zeit, die wir während eines längeren Aufenthaltes intensiv nutzen. Doch leider reichte die Zeit nicht ganz, um jedem gerecht zu werden. So hätten wir gerne noch mehr Zeit mit dem einen oder anderen verbracht, das nächste Mal, hoffentlich! 

Auch nutzten wir die Zeit in Ostfriesland für fällige Arztbesuche, was uns letztendlich auch veranlasst  unsere diesjährigen Reisepläne etwas zu ändern. Eine schwierige Augenoperation steht bei Gerrit an, so werden wir unsere diesjährig geplante, zweite Atlantiküberquerung um ein Jahr verschieben. Doch las ich vor kurzem einen schönen Spruch: „Du musst dir deinen Plan B so gut gestalten, das du dich freust wenn sich Plan A nicht realisieren lässt“

So ist es tatsächlich nun bei uns. Es gibt so viele Wunschziele, dass es uns nicht schwer fällt, einfach Plan B zu nehmen und einen weiteren Winter in Europa zu verbringen, vielleicht auf den Kanaren? We will see!

Unser Rückflug von Düsseldorf nach Catania hält wieder eine nette Begegnung für uns bereit. Als wir ins Flugzeug steigen und vorm Cockpit warten müssen, kommen wir ins Gespräch mit dem Piloten. Er erkennt, dass wir Segler sind und erzählt uns, dass er von genau so einem Leben träumt, wie wir es führen.“ Ein paar Jahre noch, dann möchte ich jeden Morgen in einer anderen Bucht aufwachen“, erzählt er. Später, während des Fluges, kommt der Stewart zu uns und gibt uns auf Anweisung des  Piloten einen Drink aus, wie nett! Beim Ausstieg haben wir noch ein kurzes Gespräch und tauschen Adressen aus. Vielleicht begegnen wir uns eines Tages wieder, wir würden uns sehr freuen!

Es sind Begegnungen mit so vielen netten Menschen, die uns zeigen, dass man das Gute nicht aus den Augen verlieren darf. Man neigt dazu den schlechten Menschen auf der Welt oder auch im näheren Umfeld zu viel Raum zu geben, zu viel Gewichtung. Dabei gibt es so viele nette Menschen, die man mehr wahrnehmen sollte. 

Wir sind wir seit Mitte Februar wieder in Licata auf unserem Boot und genießen das sizilianische Leben in vollen Zügen.

Die Segler hier in Licata haben eine sehr aktive Community, ich berichtete bereits darüber. So lernt man immer wieder Menschen kennen oder es gibt andere vielfältige Angebote. Langeweile bleibt ein Fremdwort.

Bereits im Herbst haben wir hier Frank und Eva aus dem Saarland kennen gelernt, sie leben, so wie wir, seit zwei Jahren auf ihrer Reincke-Alu-Yacht. Das lustige daran ist, dass wir ihr Boot „Eira“ bereits kannten bevor sie es selbst kannten. „Eira“ lag nämlich in Greetsiel, in Ostfriesland, dort haben sie das Schiff gekauft. Die Welt ist doch ein Dorf! Mit Eva und Frank verbringen wir viele schöne Stunden und machen den einen oder anderen gemeinsamen Ausflug, praktisch für uns, weil sie einen Mietwagen haben und so lieb sind, uns mitzunehmen, danke!

Scala dei Turchi (Türkentreppe), bizarre Felsformationen aus Kalkstein
die Scala dei Turchi
wandern durch das Naturschutzgebiet am Capo Bianco
mit Frank und Eva einen leckeren Cappuccino trinken

So erkunden wir gemeinsam einen Teil von Sizilien, besichtigen Städte oder wandern durch Naturschutzgebiete. Da die Straßen auf Sizilien sehr schlecht sind, kann man sich höchstens in einem Radius von 100 Km bewegen. Mehr ist an einem Tag einfach nicht zu schaffen. Der Zustand der Straßen ist wirklich abenteuerlich. Die riesigen Schlaglöcher sind noch am harmlosesten. Manchmal sind Straßenabschnitte einfach weggespült, die werden dann sehr provisorisch abgesichert, zum reparieren fehlt das Geld. Ein Großteil der Straßen ist auf Betonpfeiler gebaut, sie durchschneiden so die weitläufigen Täler majestätisch. Schaut man sich jedoch die Pfeiler genauer an, dann bröckelt das majestätische Aussehen gewaltig! Beim Anblick der maroden Bausubstanz wird einem ganz schlecht und es wundert nicht, dass es in Italien Brücken gibt, die „einfach“ einstürzen. Während unserer gemeinsamen Fahrten über eben diese Brücken, reden wir uns den Zustand einfach schön: „ sie wird doch nicht ausgerechnet heute einstürzen…!“ Sicher ist, in Deutschland wären diese Straßen gesperrt! Nun ja, vielleicht sind wir auch einfach immer noch „zu deutsch“. 

so sieht häufig der Beton auf Sizilien aus. Hier das Leuchtfeuer unserer Hafeneinfahrt
schöne alte Dörfer
Caltagirone, die Stadt der Keramik
die Keramiktreppe von Caltagirone, 142 Stufen mit unterschiedlichen Keramikfliesen

Trotzdem fühlen wir uns auf Sizilien pudelwohl. Die sizilianische Lebensart, dieses unglaublich fruchtbare Land, diese vielseitige Landschaft und die große Anzahl an Kulturdenkmälern, die all die unterschiedlichen Völker einst auf Sizilien hinterlassen haben. Und natürlich, immer wieder, die fantastische sizilianische Küche. Wir haben hier so viele neue Sachen probiert, es ist pure Lebensfreude das alles zu erleben. Die Sizilianer sind stolz auf ihr Land, auf ihre Produkte und sie essen sehr gerne. Das ist es, was uns an dieser Lebensform auf dem Boot so gut gefällt: man hat Zeit in das Land einzutauchen. Sicher kann man ein Land zügig  bereisen und alle Sehenswürdigkeiten abhaken. Aber mittlerweile gefällt es uns besonders gut, sich einfach in ein Straßencafé zu setzen, einen Cappucino zu trinken und die Atmosphäre um sich herum wahrzunehmen. Wir werden sie vermissen, die Sizilianer, die maroden und trotzdem schönen Häuser, die typischen kleinen Lastautos, die dreirädigen Ape, in all ihrer Vielfalt, die Straßenhunde (jeder eine Persönlicheit mit Stammplatz), die kleinen Gemüsehändler verteilt in den Straßen, die blühende Vielfalt der Pflanzen auch im Winter und so vieles mehr. Wahrscheinlich wären wir nie nach Sizilien gekommen, hätten wir kein Segelboot. Wenn doch, dann hätten wir nicht so viel Zeit dort verbracht und das wäre sehr schade gewesen, denn wir hätten Sizilien nicht so intensiv kennengelernt.

Gemüsekaufen in Licata
früher waren es die Eselkarren, heute sind es die Ape
die Gemüsehändler mit ihren Ape-Dreiradlastwagen

Anlässlich Gerrit´s 60. Geburtstages hatten wir uns kurzfristig entschieden die Tage in Catania zu verbringen und buchten dort ein Zimmer in einem Bed and Breakfast . Dort angekommen zeigte uns eine junge Dame unser Zimmer. Auf unsere Frage wo wir denn frühstücken können, bekamen wir als Antwort: „nein, Frühstück gibt es nicht“. Ach? Okay, also Bed and Breakfast without breakfast??? Haha! Da sieht man mal wieder, dass man das Kleingedruckte stets beachten sollte, man lernt nie aus…!

Catania präsentierte sich uns als sehr schöne barocke Stadt, immer mit dem Panorama des Ätnas. Der Ätna ist hier so präsent, hat er doch Catania mit seiner Lava mehrfach zerstört.  Er hat in der Stadt viele Spuren hinterlassen, z.B. im Benedektinerkloster, wo die einst erste Etage nun der Keller ist, da sie von einer 12 Meter dicken Lavaschicht umgeben ist. Überhaupt ist der schwarze Lavastein hier ein gebräuchliches Baumaterial, und immer in der Ferne der rauchende, imposante Ätna.

Selfie über den Dächern von Catania. Im Hintergrund der Ätna
das Wahrzeichen der Stadt, die Fontana del Elefante. Der Elefant ist aus Lavastein
Catania, Piazza del Duomo

So ließen wir es uns nicht nehmen und haben Gerrit´s Geburtstag oben auf dem Ätna in 3000 m Höhe verbracht, mit einem traumhaften Ausblick, einer merkwürdigen Landschaft, halb Schnee halb Lava und Asche, und einem wirklich eiskalten Wind (gefühlt minus 20 Grad) aber mit warmen Füßen, da der Vulkan stets aktiv ist. Ein bleibendes Erlebnis!

Gerrit fast auf dem Gipfel des Ätnas
Laufen am Rand des Kraters
halb Schnee, halb Lava und sehr kalt
ein schöner Blick bis aufs Meer
ein Haus unter Lava vom Ätna begraben
ein Glas Prosecco auf den 60.Geburtstag!

Nun bereiten wir uns auf die Saison vor. Überall in der Marina wird eifrig geputzt und gearbeitet.

Ein kurzer  Werftaufenthalt wurde nötig. Ein Borddurchlass ließ sich nicht mehr schließen, das heißt, wir mussten aus dem Wasser. 

Als Mojito im Kran hing, zeigte die Kranwaage tatsächlich zwei Tonnen mehr an. Haha, da kann ich mich diebisch freuen, geht es ihm wie uns allen auf Sizilien! Dazu meint Gerrit entschuldigend: „die haben die Waage nicht auf null gestellt, das kann nicht sein!“. Ja, das Problem kenne ich. Das sag ich mir auch immer, wenn die Waage mal wieder mehr anzeigt, ! Aber egal, um mit Eva´s Worten zu sprechen: „ jeder Kilo ist es wert!“ So!

Wir haben auf der Werft gleich alle Borddurchlässe gewechselt, da sie ja schon 10 Jahre alt sind. Zusammen mit Patrice, ein französischer Segler aus der Marina, hat Gerrit alle Arbeiten erledigen können und wir konnten bereits nach drei Tagen wieder ins Wasser. Gerrit und Patrice haben auch die Opferanoden getauscht und die Saildrives (Antriebe) überarbeitet. Ich habe während dessen das Antifouling ausgebessert. Da wir als Antifoulinganstrich Coppercoat haben, beschränkt sich die Arbeit auf die Überarbeitung. Sehr easy!

Super nett war, dass wir jeden Abend auf einem Boot zum Essen eingeladen waren, damit wir selbst nicht kochen brauchen. Das nenne ich Freundschaft.  🙂

Alles ging Hand in Hand, so konnten wir bereits nach drei Tagen wieder ins Wasser. Erleichterung, alle Borddurchlässe sind dicht, gute Arbeit Jungs!!

Vorbereitung zum Kranen
Mojito kommt aus dem Wasser
Werfttage mit Patrice
die Winschen werden gereinigt und gefettet

Unvorhergesehen mussten wir unsere Batterien austauschen. Auch hier hatten wir wieder Glück im Unglück. Hatte Gerrit sich doch gerade Abends über den warmen Fußboden gefreut, als ihm dämmerte dass da etwas nicht stimmt..! Warum ist der Fußboden warm?! Ursachenforschung! Die Ursache war schnell gefunden – eine Batterie kochte bereits und hatte sich schon völlig verformt. Gerade noch rechtzeitig bemerkt, puh!  Doch was jetzt?! Man sollte keine neue Batterie in eine drei Jahre alte Batteriebank integrieren. Überhaupt stellten wir uns die Frage, warum ist eine Batterie nach nur drei Jahren defekt? Mittlerweile wissen wir die Antwort: diese Gelbatterien sind nur für Temperaturen von bis zu 25°C geeignet. In der Karibik lagen die Temperaturen ständig deutlich höher. Leider weisen die Batteriehersteller darauf nur bedingt hin, die meisten Segler wissen es nicht. Nun ja, wir wissen es nun! 🙁

Also mussten wir überlegen, was wir nun tun. Wir haben uns für eine Umrüstung auf Lithium-Eisenphosphat Batterien entschieden. Gerrit hat die Batterien umgebaut. Nun können wir die Sonnenenergie besser nutzen und wir können mehr Energie speichern, und warmes Wasser mit der Solaranlage bereiten, was für ein Gewinn! 

Wenn noch die eine oder andere Umrüstung erfolgt ist, können wir sogar in Zukunft auf unseren Generator verzichten. Dann könnten wir den Wassermacher nur mit Solarenergie betreiben! Das wäre super, daran werden wir arbeiten!

So, jetzt bleiben noch alljährliche Wartungsarbeiten, das Polieren des Gelcoats, Segel wieder anschlagen, Gasherd austauschen und dann kann es losgehen, in die neue Saison voller neuer Abenteuer, yippieh!

Zwischenzeitlich bieten Mariella und ihr Mann Angelo wieder ein Kochevent bei ihnen Zuhause an. Gemeinsam bereiten wir frische Pasta con Brokkoli frittata zu. Ein unglaublich leckeres Gericht nach einem Rezept von Mariellas Großmutter, mit viel Olivenöl und Cadiocavallo, dem typischen sizilianischen Käse. Dazu stehen auf dem Tisch Oliven, eingelegte Artischocken und Tomaten (alles aus dem eigenen Garten), ein Ricotta-Käse und natürlich Rotwein. Hmm! Das ist ein typisches Gericht während der Fastenzeit, erklärt Mariella. Also hat Fasten gar nichts mit Hungern zu tun?? Okay, dann will ich nur noch fasten!

der Tisch ist gedeckt, lauter Köstlichkeiten
gemeinsames Kochen bei Mariella und Angelo in ihrer kleinen Küche

Es ist, wie immer, ein wunderbarer Tag. Wir sind sieben Nationen an einem Tisch, mischen die unterschiedlichen Sprachen und unterhalten uns prächtig, es wird viel gelacht, das ist gelebtes Europa!

Zur Abrundung dieses köstlichen Fastenessens hat ihre Tochter Angelica die typische sizilianische Granita di Limone (Zitronensorbet) mit selbstgebackenen Briochebrötchen vorbereitet. Auf Sizilien wird das Eis gerne im Briochebrötchen gegessen, im Sommer ein typisches Frühstück. Es schmeckt köstlich! Was für ein schöner Tag, obwohl es draußen stürmt und regnet, ein Wetter wie in Norddeutschland. Der Winter ist dieses Jahr ungewöhnlich lang, sagen die Sizilianer. Nicht einmal die Mandelbäume haben geblüht, es war zu kalt. In diesem Augenblick, in dieser netten Gesellschaft ist es mir egal, es könnte draußen schneien, das Leben ist so schön!

Ruth und ihr Mann Urli aus der Schweiz leben seit 20 Jahren auf Sizilien. Zum Abschied bekomme ich eine selbstgenähte Tasche geschenkt. Wie nett!

Wir sind nun fast zwei Jahre unterwegs und wenn ich ein Resümee ziehe über diese Zeit und mich frage: war es der richtige Schritt? Ja, das war er. Es ist nicht immer einfach, denn schließlich bedeutet  das Reisen auch immer das Verlassen der Komfortzone. Man muss die gewohnte Umgebung verlassen, man muss sich immer wieder von liebgewonnenen Menschen verabschieden, man muss immer wieder loslassen können. Doch nur so kann man frei für neue Erfahrungen und Erlebnisse sein. Ich kann nichts neues kennenlernen, wenn ich nicht bereit bin das Alte loszulassen. Vielleicht ist es auch gerade die Bereitschaft zum Abschied, das Wissen um die Endlichkeit des Augenblicks, das uns das Leben spüren lässt. Es ist ein unglaublich intensives Leben, sowohl im negativen wie auch im positiven Erleben. Wenn man manchmal die geballte Kraft der Natur zu spüren bekommt, dann wünscht man sich in die Komfortzone zurück. Aber umso schöner empfindet man den Moment wenn sich alles beruhigt, die Sonne scheint und man scheinbar am schönsten Platz der Welt ist! Deshalb ist es gut ab und zu die Komfortzone zu verlassen, erst dann weiß man die guten Momente zu schätzen.

„ Die Gewohnheit ist eine gefährliche, eitle Göttin. Sie lässt nichts zu, was ihre Regentschaft unterbricht. Sie tötet eine Sehnsucht nach der anderen…….Sie verhindert zu leben, wie man will. Weil wir aus Gewohnheit nicht mehr nachdenken, ob wir noch wollen, was wir tun.“ (Nina George)

Ich kann für mich sagen, das dieses jetzige Leben mich spüren lässt, dass ich lebendig bin. Das Leben in der Natur schärft die eigenen Sinne. Man achtet auf das Wetter, auf verdächtige Geräusche, ob vielleicht der Anker rutscht und vieles mehr.

Die uns Zuhause am häufigsten gestellte Frage ist: „wie hält man es als Paar auf so engem Raum aus?“

Zugegeben es ist nicht immer einfach. Aber ist es einfacher, wenn man mehr Raum hat?

Auch unsere Partnerschaft ist auf dem Boot eine Achterbahn der Gefühle. Es gibt wundervolle Momente und es gibt schwierige Momente. Manchmal diskutieren wir, manchmal streiten wir, aber dann gibt es auch die Momente in denen wir aufeinander angewiesen sind und funktionieren müssen, ohne Diskussion (für mich sehr, sehr schwierig!). Und besonders dann ist es toll zu merken, dass wir uns bedingungslos aufeinander verlassen können. In unserer Zweiercrew bringt jeder von uns seine eigene Stärken ein, wir ergänzen uns gegenseitig. Auch wenn ich weiß, dass es Gerrit zu Kopf steigen wird 😉 : ich kann mir für mich keinen besseren Captain an Bord vorstellen.

Dann gibt es die Momente, in einer schönen Ankerbucht, mit einem wunderbaren Essen und einem Glas Wein. Wenn beide dies zu schätzen wissen, dann ist das Glück perfekt! Aber auch das alltägliche Leben an Bord macht Spaß, da man sich oft über ganz banale Sachen riesig freuen kann.

Was aber auch sehr wichtig für uns ist, das ist unsere Familie Zuhause, die hinter uns steht, mit dem was wir tun. Besonders unsere beiden Kinder bestärken uns in unserem Tun stets positiv, das ist sehr schön. Wenn sie nicht gewisse Sachen für uns regeln würden, könnten wir dieses Leben nicht führen. Vielen, vielen Dank dafür, ihr Lieben!

Eine andere häufig gestellte Frage lautet: „wie lange wollt ihr das noch machen?“

Wir machen so lange weiter, so lange es uns beiden Freude bereitet und wir gesundheitlich dazu in der Lage sind! In unserem „alten“ Leben galt ein voller Terminkalender als eine Art Statussymbol – in unserem jetzigen Leben ist es das größte Privileg Zeit zu haben.

„Hast du die Wahl zwischen einer Truhe voller Gold und deiner Zeit, so wähle die Zeit. Hast du die Wahl zwischen einem Palast und einem kostbaren, unvergesslichen Augenblick, so wähle diesen Augenblick. Kein Gut ist wertvoller als die Zeit, kein Luxus kann je größer sein.“

Ein aufregendes Jahr neigt sich dem Ende

Ein Jahr voll gespickt mit Erlebnissen, Erfahrungen und Begegnungen mit sooo… vielen netten Menschen – was für eine Bereicherung, dass wir all das erleben durften!

Ich gebe zu, auf den Mastbruch hätten wir verzichten können, aber auch damit sind viele schöne Erlebnisse verbunden. Unvergessen unsere zweite Atlantiküberquerung mit dem Frachtschiff „Dyksgracht“ und der überaus freundlichen Crew. Wir erinnern uns gern an diese Zeit.

Dann fanden wir uns  im Mittelmeer wieder und verbringen nun den Winter auf Sizilien.

Obwohl wir keine „Marina-Lieger“ sind, sondern viel lieber am eigenen Anker in schönen Buchten verbringen, fühlen wir uns in Licata sehr wohl. Die Tage vergehen hier so schnell, dass wir schon Zeitdiebe verdächtigen, hier ihr Unwesen zu treiben.

In der Marina von Licata sind Segler aus 18 Nationen eingetroffen und verbringen hier gemeinsam den Winter. Die Community der Segler in der Marina ist großartig und die Vielzahl an Angeboten auch.

Die Stadtnähe macht das tägliche Leben sehr angenehm und die freundlichen Sizilianer sind eine Bereicherung. Immer wieder werden wir angesprochen und gefragt, aus welchem Land wir kommen. “Siamo della Germania“ – „wir kommen aus Deutschland“ ( ein paar Worte haben wir von Frater D’Agustino, unserem Italienischlehrer gelernt). Die häufige Antwort lautet dann: „Oh, Deutschland, dort habe ich einige Jahre gearbeitet!“  Wir hoffen dann, dass diese herzlichen Menschen in Deutschland ebenso nett behandelt worden sind, wie sie uns hier behandeln. Leider sind wir uns da nicht so sicher, schade!

Ich liebe diese Begegnungen mit den Menschen. Da ist z.B. der ältere Herr, der auf dem Weg zum Wochenmarkt seinen selbst gepflückten, wilden Fenchel zum Kauf anbietet. Ich kaufe ein Bund und frage ihn, wie er es zubereitet. Er erklärt es mir bereitwillig, als ein anderer Herr dazu kommt und seine Methode anpreist. Es ist so schön ihrer kontroversen Diskussion zu lauschen, welche Art der Zubereitung die beste ist.

Dann gibt es noch die Begegnung mit Mariella und ihrem Mann Angelo. Mariella ist Anwältin und Angelo Journalist in Licata. Beide sind sehr engagiert und organisieren z.B. Spaziergänge durch Licata oder gemeinsame Backnachmittage bei ihnen Zuhause, gemeinsam backen wir traditionelle, sizilianische Kekse und …., natürlich die Canollis.

Die sizilianische Küche ist grandios, es fällt schwer all den kulinarischen Versuchungen zu widerstehen.

Hinzu kommen all die unterschiedlichen Nationen in der Marina. Auch hier gibt es beim wöchentlichen Barbecue allerlei Köstlichkeiten zu probieren.

Es gibt viel auf unserem Schiff zu erledigen: Reparaturen, Verbesserungen, Wartungsarbeiten und das alltägliche Leben, wie Waschen, Einkaufen und Putzen.

So verwundert es nicht, dass die Zeit an uns vorbeirast und wir uns jeden Sonntag beim gemeinsamen Barbecue unglaublich fragen, wo die Woche geblieben ist!

Nun geht es für uns zunächst nach Deutschland, um unsere Familie und Freunde zu besuchen. Im Februar/März wird es mir den Blogberichten weitergehen. Wir planen im April Licata zu verlassen und Richtung Griechenland zu segeln. Wir sind schon sehr gespannt, was das nächste Jahr für uns bereithält. 

Wir wünschen euch, liebe Blogleserinnen und  Blogleser, schöne Weihnachtstage und ein frohes Neues Jahr!

Vielen lieben Dank für die netten Rückmeldungen und wir würden uns sehr freuen, wenn ihr uns im nächsten Jahr weiter auf unserer Reise begleitet.

Molti saluti,

Pascale & Gerrit


Wöchentliches Barbecue am Sonntag

Ländliche Umgebung von Licata

Ein wunderschöner, alter Fiat 500 – man sieht ihm seine 40 Jahre nicht an.


Orangenmarmelade kochen gemeinsam mit Eva


Aperitif mit Frank und Eva

Frühstück in der Dezembersonne


Plätzchen backen mit Mariella


Denkmal für die Arbeiter der Schwefelminen, hauptsächlich Kinder.


Eingang zum Stollen der Schwefelmine.


Straßenmusiker in Licata


Sonnenuntergang am Strand von Licata


Straße in Licata


Weihnachtsbeleuchtung


Abendspaziergang mit Angelo durch Licata mit verschiedenen Vorführungen.


… und Verkostung.

Sizilien – Licata

Licata – Liebe auf dem dritten Blick

Licata ist eine ältere, in die Jahre gekommene, einst elegante Dame. Ihre Schönheit verbirgt sich hinter einer maroden Fassade. Auf den ersten Blick wirkt Licata heruntergekommen und ungepflegt. Der Umgang der Bevölkerung mit der Müllentsorgung lässt uns unsere deutsche Nase rümpfen. Entweder liegen die Müllsäcke auf der Straße oder falls sie tatsächlich in Müllcontainern gesammelt werden, so sind diese stets geöffnet.Dies liegt aber auch an der schlecht organisierten Müllabfuhr.

Ich mag mir den Gestank während der Sommermonate nicht vorstellen…!  Die zahlreichen herrenlosen Hunde in der Stadt durchwühlen die Müllsäcke nach essbarem, dadurch fliegt der Müll ungehindert durch die Straßen. Die Sizilianer scheinen es hinzunehmen, was uns verblüfft, da die Sizilianer sehr viel Wert auf ihr Äußeres legen, stets elegant gekleidet.

Leider wird hier alles mehrfach in Plastik eingepackt und oft achtlos weggeschmissen. Wir geben uns Mühe die Plastiktüten zu verweigern und ernten entweder Unverständnis oder Lob (vielleicht schleicht sich langsam ein Umweltbewusstsein ein)

Blick auf Licata, hinten links unsere Marina

Aber zurück zu Licata: zunächst konnten wir nicht den rechten Zugang zu dieser Stadt finden, auch weil das Wetter im Oktober ungewöhnlich schlecht war. Die Einheimischen versicherten uns, so ein schlechtes Wetter hätte es hier noch nicht gegeben. In der Tat befand sich ganz Italien in einer zerstörerischen Schlechtwetterzone, mit Erdrutschen, Starkwinden und einigen Toten. Zum Glück sind wir hier in Licata vom Schlimmsten verschont geblieben, außer zahlreichen überschwemmten Straßen und Wind der Stärke 8-9, was wahrlich nicht angenehm war.

zahlreiche streunende Hunde, nicht alle sind freundlich

Nun haben wir wieder sommerliches Wetter, wodurch sich Licata bei den zahlreichen Spaziergängen in unser Herz schleicht. Der morbide Charme dieser Stadt mit den zahlreichen verfallenen Palazzos, engen Gassen und schmiedeeisernen Balkonen ist reizend.

Es gibt jeden Tag neues zu entdecken, dafür werden die Wintermonate nicht reichen.

Die Menschen in Licata sind äußerst freundlich, viele haben als Gastarbeiter in Deutschland gearbeitet und fühlen sich verbunden. Nur die deutsche Sprache fiel ihnen oft schwer, erzählen sie, wen wundert´s – uns fällt die italienische auch schwer!

wir werden von einer Familie nach der Stadtführung bekocht: Tabouleh, Pastas, selbstgepresstes Olivenöl mit Brot und Rotwein.
Nur die oberste Wohnung ist nicht bewohnt!

Die sizilianische Küche ist ein Traum, wir haben noch längst nicht alles probiert und der sizilianische Wein mundet auch…! Gleich bei der Marina um die Ecke gibt es eine der zehn besten Gelaterias Italiens, das Eis dort ist ein Genuss! Zum Glück macht sie nun Winterpause, sonst hätten unsere Hosen im Frühjahr sicher nicht mehr gepasst!

Wir genießen das sommerliche Wetter und tragen im November noch Shorts und T-Shirts. Doch seitdem ich so im Supermarkt stand und die Sizilianer mit langer Hose, Pullover, Winterschuhen und Jacken gekleidet waren, weiß ich wie sich ein Außerirdischer fühlen muß, wenn er auf der Erde landet!

Hier in der Marina laufen zum Glück all die Nordeuropäer auch so leicht gekleidet herum, da fällt man nicht auf. Die Segler, die hier überwintern sind ein bunt gemischter Haufen und alle sehr nett. Zweimal pro Woche treffen wir uns zur Happy Hour und sitzen mit kleinen Häppchen und netten Getränken zwanglos zusammen. Sonntags gibt es ein gemeinsames Barbecue und in der Woche werden Sportstunden, gemeinsames Singen und Italienischkurse angeboten. Langeweile kommt wahrlich nicht auf.

Siarra aus Australien und Felix aus Deutschland angeln Fische für ihre Katze. Siarra nimmt die Fische fachmännisch aus und schneidet sie in Stücke. Alltag der Bootskinder!

Dazu organisiert die Marina auch Sonderprogramme, wie z.B. Stadtbesichtigung, Wanderung durch den Weinberg mit anschließender Verkostung, Weihnachtsbacken sizilianisch usw.

Sonnenuntergang am Strand von Licata

Derweil schleicht sich die alte Dame Licata immer weiter in unser Herz, wir entdecken immer wieder neue Sachen.

Besonders die Wanderung durch den Weinberg der Winzerei „Quinones“ hat uns gut gefallen. Die Familie empfängt uns mit Getränken, Keksen und köstlicher Orangenmarmelade. Dann geht es gemeinsam zunächst durch den Olivenhain, vorbei an den Weinreben hinauf auf den Berg. Überall wachsen wilde Kräuter, Krokusse, wilde Orchideen, wilde Artischocken und Fenchel – eine Augenweide.

Alfredo, der Winzer, empfängt uns mit Getränken, Keksen und Orangenmarmelade

Wanderung durch die Olivenhaine

ein 400 Jahre alter Olivenbaum

mit dem Hofhund „Julia“ oben auf dem Berg. Blick zum Meer. Auch hier wird Gemüse unter Plastik kultiviert.

Zurück in der Winzerei wartet ein prall gefüllter Tisch voller Antipastis auf uns und natürlich der Hauswein: es gibt den Vino bianco, den neuen Nero D’Avola (der sizilianische Rotwein) und einen älteren Rotwein. Danach kommen zwei verschiedene Pastagerichte auf den Tisch und dann die typischen sizilianischen Grillwürstchen, mit Orangen und verschiedenen Gewürzen. Zum Schluß noch ein Nachttisch mit Ricotta, Kaffee und Canolli…! Was für ein wunderbarer Tag! Als wir dann, bunt gemischt, im Kleinbus auf dem Rückweg sitzen, fängt Eva an zu singen. Plötzlich stimmen die Franzosen aus dem Elsaß mit erstaunlicher Textsicherheit ein, und gemeinsam singen sie das Lied „es gibt kein Bier auf Hawai..“  Ach, denke ich, wie schön, das ist Europa – und das muss unbedingt bestehen bleiben!

Antipasti

der gute Wein

Secondi Piatti, die Pasta!
Danach gibt es gegrillte Salsiccie (sizilianische Würstchen) und Nachtisch

Auch die vielen Sehenswürdigkeiten auf Sizilien locken, da nehmen wir das Angebot von unseren französischen Freunden gerne an und fahren mit ihnen gemeinsam durch die wunderschöne Landschaft zu einer römischen Ausgrabungsstätte mit atemberaubenden Mosaiken. Auf dem Weg besichtigen wir noch Piazza Armerina, eine mittelalterliche Stadt inmitten von Pinien und Eukalyptuswäldern. Auch hier bewundern wir die zahlreichen Kirchen, Palazzos und Castellos. Als wir uns einen Innenhof ansehen, winkt uns eine Dame zu und lädt uns ein einzutreten. Wir befinden uns in der alten Bibliothek mit mittelalterlichen Büchern und reichlich verzierten Stuckdecken, leider stark renovierungsbedürftig, aber wunderschön.

Piazza Armerina

die eindrucksvolle Biblioteca Communale

Mosaikkunst in der römischen Villa Casale. Aus 120 Mio. geschnittenen Steinwürfeln zeigt sich eine beeindruckende Mosaikkunst

die Mosaiken zeigen Wildtierfang in Afrika und Verschiffung der Tiere

die Bikini-Mädchen,
wer hat gedacht, dass der Bikini im 20 Jhdt. kreiert wurde??

es ging auch freizügig zu, bei den Römern 😉

 

Die Fahrt erweist sich als etwas abenteuerlich, da der Zustand der Straßen sehr schlecht ist. Man benötigt sehr viel Zeit um eine kurze Distanz zu überwinden. Durch die vergangenen starken Regenfällen sind riesige Löcher in die Straße gerissen, immer wieder sind Schlammmoränen abgegangen und versperren die Straßen. Jean-Michel, als ehemaliger Hubschrauberpilot beim Militär, läßt sich nicht beeindrucken und fährt mit Anlauf durch die tiefen Löcher. „Nur nicht anhalten…“ so seine Devise, derweil halten wir die Luft an.

Was für ein wunderbarer Tag, und eins wissen wir bestimmt: es gibt unglaublich viele Sehenswürdigkeiten auf Sizilien zu bewundern. Sizilien ist eine Reise wert und wir sind glücklich hier sein zu können!

Die Saison geht zu Ende, auf nach Sizilien

Die Saison geht zu Ende, der Herbst kommt mit großen Schritten.

Im Mittelmeer macht sich eine wunderbare Stimmung breit. Es sind deutlich weniger Boote unterwegs, meist ankern wir alleine, die Langfahrtsegler suchen langsam ihre Überwinterungsplätze auf. Auch wir arbeiten uns langsam in Richtung Sizilien.

Unser Problem ist die unstimmige Wettervorhersage, wir beobachten dies schon seit einigen Tagen. Es ist eine Mistral-Lage vorhergesagt und auch Wind aus dem Golf von Genua, beides nicht gut für uns. Wir haben eine Passage von 160 sm zu bewältigen und möchten weder Gegenwind noch Mistral haben!

Endlich scheint das Wetter passend, wir beschließen aufzubrechen. Wir haben Sorge, dass wir zu wenig Wind haben, doch wenn wir warten, laufen wir Gefahr eine Woche schlechtes Wetter abwettern zu müssen.

Wir nutzen die windstille Zeit zum angeln und fangen tatsächlich eine Goldmakrele! Wir haben ja schon Mitleid mit unseren gefangenen Fischen, das Töten fällt uns nicht leicht. Um es dem Fisch so angenehm wie möglich zu machen, bekommen er zunächst einen kräftigen Schluck Rum in die Kiemen, das betäubt..! Dann zappelt er nicht mehr so stark und Gerrit kann das Messer gezielter ansetzen um den Fisch nicht so lange leiden zu lassen. Wir beruhigen dann unser Gewissen und sind überzeugt, dass der Fisch einen glücklichen Tod hatte, im Vollrausch!

eine leckere Goldmakrele

Meine Freundin Ann schickt mir eine Nachricht über WhatsApp: in Ostfriesland bläst ein kräftiger Wind. „Dann schick was rüber“, so meine spontane, unüberlegte Antwort. Konnte ich doch nicht ahnen, dass sie es so wörtlich nimmt!

Während unserer Überfahrt nimmt unser Wind stetig zu, die Wellen auch, es gibt kein zurück, da müssen wir durch. Mojito fliegt über die Wellen, wir erreichen Geschwindigkeiten bis 10 Knoten und reffen ständig die Segel, ein komfortables Reisen sieht anders aus!

Die Wellen steigern sich auf drei bis vier Meter Höhe, der Wind erreicht in Böen Windstärke 8, es kommen starke Regenschauer hinzu. An Schlafen ist während der Nacht nicht zu denken, wir werden von den Wellen durchgeschüttelt und von den Böen beschleunigt, dazu gibt es abwechselnd eine Salzwasser- oder Süßwasser-Dusche. Da sind sie wieder die Momente in denen man sich aufs heimische Sofa wünscht, die Fernbedienung in der Hand….!

Drei Wetterberichte und keiner hatte diese Wetterlage gemeldet! Damit nicht genug – die letzten 30 sm können wir mit Gegenwind und seitlicher Welle motoren und bewegen uns nur mühsam voran. Mojito knallt in die Wellen und arbeitet sich tapfer dadurch.

ein kleiner erschöpfter Passagier! Auch ihm macht der starke Wind zu schaffen, er darf sich bei uns ausruhen

Am späten Nachmittag erreichen wir Marettimo, die westlichste Insel der Ägadischen Inseln, und lassen todmüde den Anker fallen. Wir sind erleichtert aber auch stolz gemeinsam diese ungemütliche Überfahrt gemeistert zu haben und holen nach einem Abendessen den überfälligen Schlaf nach.

Wir merken schnell, die Ägadischen Inseln vor Sizilien sind ein Wohlfühlort. Sie gehören zum größten Marinereservat des Mittelmeers, es gibt viele Fische, schönes Wasser und ein wunderbares Panorama. Das Licht ist wunderschön, wir können uns nicht satt sehen! Da kommt die Wasserschutzpolizei und fragt, ob wir eine Erlaubnis haben hier zu liegen. Schluck, äh…nein und jetzt? Wir haben uns extra eine von den vielen freien Ankerbojen genommen, um das Seegras zu schützen. Der Polizist ist sehr freundlich, kann leider nur ein paar Brocken Englisch, er erklärt uns, dass wir eine Erlaubnis online beantragen können und fährt weiter, wie nett!

Wir möchten sowieso zur Hauptinsel, zur Isola Favignana, also lösen wir die Leinen und segeln bei blauem Himmel und wenig Wind hinüber zur Nachbarinsel. Vergessen ist die raue Überfahrt von gestern, nun möchten wir auf keinen Fall auf dem heimischen Sofa sitzen mit der Fernbedienung in der Hand, oh nein…!

Auch die Isola Favignana ist ein äußerst sympathischer Ort – ein kleiner Hafen mit einem Fähranleger für die Fähren aus Palermo und von der Nachbarinsel Levanzo. Wir möchten ankern aber der einzige passende Platz ist direkt vor dem Hafen. Da sind wir schon wieder so „deutsch“ und zweifeln, ob dieser Platz erlaubt ist. Wir erwarten vom Platz verwiesen zu werden, doch nichts passiert. Statt dessen kommen noch weitere Yachten hinzu und in kurzer Zeit liegen wir mit vier Katamaranen und drei Segelbooten, wo wir gerade noch gezweifelt hatten, ob wir hier irgend jemandem im Weg liegen!

Es ist so schön hier, der Ort ist zwar touristisch, aber authentisch, das macht ihn sympathisch. Die Menschen hier sind sehr freundlich und entspannt. Als erstes geniessen wir eine Portion Eis auf der Piazza, herrlich!

ankern  zwischen dem Hafen von Favignana und der ehemaligen Thunfischfabrik

ehemalige Thunfischfabrik, im Vordergrund die schweren Anker für die Netze

Piazza auf Favignana

 

Palazzo Florio

ein alter Mann erzählt uns auf italienisch (wir haben fast nichts verstanden)von den guten alten Zeiten, als dieses Schiff noch zum Fischfang genutzt wurde und seufzt sehnsuchtsvoll (seine Gestik war international!)

Die Insel lebte hauptsächlich vom Thunfischfang, es gibt hier die ehemalige Thunfischfabrik zu besichtigen, wir ankern direkt davor, ein imposanter Bau.

 

Dieses beeindruckende und geschmackvolle Gebäude ist ein Eldorado für jeden Fotografen! Immer wieder zeigen sich bezaubernde Blicke durch schmiedeeiserne Fenster und Tore auf das Meer gesäumt von wunderschönen Rundbögen und grünen Innenhöfen, was für eine Architektur!

Eingang in die Fabrik

die Fabrik wird auch für Kunstausstellungen genutzt

Mojito hinter dem Tor

alte Holzschiffe für den Thunfischfang

direkter Zugang zum Wasser

 

in den zahlreichen Kupferkessel wurde der Thunfisch gekocht

in Dosen verpackt…

Bilder aus früheren Zeiten:
die Frauen in der Thunfischfabrik (ob das der heutigen Hygieneverordnung standhalten würde…?)

Wäre da nicht der bittere Tropfen mit dem äußerst blutigen Thunfischfang. Überall die Spuren der traditionellen Thunfischfangmethode, der sogenannten „Mantazza“(das heißt übersetzt: abschlachten). Dafür wurden riesige Netze von einer Insel zur Nachbarinsel gelegt und mit schweren Ankern fixiert. Die großen Thunfischschwärme, die im Frühjahr zum Laichen aus dem Atlantik ins östliche Mittelmeer zogen, wurden hier durch ein Netz-System in immer kleinere Kammern gelenkt. Die letzte Kammer ist die Todeskammer, hier gibt es kein Entkommen, die mächtigen Tiere wurden hier brutal abgeschlachtet, wie die zahlreichen Bilder dokumentieren. Noch heute ist diese Fangmethode eine gängige Methode, in japanischen Sushi-Bars werden hohe Preise für Thunfische gezahlt, die auf solch eine rituelle Weise gefangen werden. Heute kommen fast keine Thunfischschwärme mehr hier an, sie werden weit draußen von den großen Fischtrawlern abgefangen und gleich verarbeitet, auch keine Alternative und sicher geht es dort auch nicht tiergerecht zu.

das Abschlachten der Thunfische, die Mattanza

Uns vergeht der Appetit auf Thunfisch beim Anblick der blutrünstigen Bildern mit den Massen an leblosen Fischkörpern, ihrer Würde beraubt. Bei diesem Schlachtfest war die gesamte Bucht von Favignana blutgetränkt, das ist sicher.

Später sitzen wir in der kleinen Strandbar und bestellen zwei Panninis – „mit Thunfisch?“ – „oh nein, bitte nur Tomaten….!“

Wir möchten die letzten Tage auf See noch auskosten und in Buchten ankern, bevor es weitergeht nach Sizilien. Also suchen wir das Büro des Nationalparks auf, um eine Erlaubnis zum Ankern in den besonders geschützten Arealen zu bekommen. Gerrit hat es online probiert und sich durch die ausschließlich italienische Seite durchgekämpft, doch ohne Erfolg. Das Büro ist in einem schönen Palazzo untergebracht und der Mitarbeiter ist sehr freundlich.

Leider scheitert auch er am System, da muss sein Kollege kommen und als er uns die Gepflogenheiten für das Reservat auf englisch erklärt hat, und wir uns damit einverstanden erklärt haben, muss der dritte Kollege gerufen werden, denn er hat den Block für die Genehmigung! Aber sie sind hier alle so nett und das Gebäude so schön, wir fühlen uns pudelwohl und verlassen das Gebäude mit der Erlaubnis für zwei Ankertage und haben  dafür 60,-€ gezahlt. Das tun wir gerne, es kommt dem Nationalpark zugute!

Die zwei gebuchten Tage an der Ankerboje verbringen wir bei sehr viel Wind. (da hab ich doch mehr Vertrauen in unserem Anker, als in die Boje, von der man nie weiss ob sie wirklich gut befestigt ist!). Das Wetter beruhigt sich, nun geht es  Richtung Sizilien. Abends ankern wir direkt vor den Ausgrabungsstätten von Selinunte, eine griechische Siedlung aus dem 7 Jhd. v. Chr..

ankern vor Selinunte, Sizilien, unterhalb der Tempelruine

Wir ankern alleine vor dieser atemberaubenden Kulisse der mächtigen Tempelanlage, die wir natürlich gleich am nächsten Tag besichtigen wollen. So viel Geschichte an diesem Ort. Wer wohl schon alles genau hier geankert hat?! Wie viele blutige Schlachten und Dramen haben sich genau hier abgespielt, als die Karthager die griechische Kolonie zerstörten und als dann die Römer, 200 Jahre später auch wieder die neu aufgebaute Stadt endgültig zerstörten. Scheinbar geriet Sizilien ständig in die Schusslinie der Mächte! Und nun sind wir hier, an so einem geschichtsträchtigem Ort!

Weiter geht es die Küste entlang, bei herrlichem Segelwetter, wir mögen nicht daran denken, dass die Saison für uns zu Ende geht. Wir vermissen die schönen Ankerplätze jetzt schon und es fällt uns sehr schwer in einer Marina liegen zu müssen. Doch die Anzeichen sind unmißverständlich: der Herbst kommt mit großen Schritten, wie schade!

Nun geht es für mehrere Monate in die Marina di cala del Sole in Licata, Sizilien. 

Sardinien

Unsere Überfahrt von Korsika nach Sardinien durch die berüchtigte Straße von Bonifacio verläuft ruhig, bei absoluter Windstille. Dafür bekommen wir wieder reichlich Besuch von Delphinen und in der Ferne sehen wir eine Walherde vorbeiziehen. Ein Wal kreuzt tatsächlich unsere Route, es ist beeindruckend den riesigen Körper dicht an der Wasseroberfläche zu sehen, der Rücken hebt sich in regelmäßigen Abständen aus dem Wasser, das Ausblasen ist zu hören.

Wir ankern Abends im Norden von Sardinien, im Windschatten der Isola Piana. Das Wasser ist türkis-blau, der Strand schneeweiss und die Landschaft sehr karg. Es herrscht emsiges Treiben in der Bucht, es ist Hochsaison und die Italiener sind sehr quirlig. Wir vermissen die ruhigen korsischen Buchten!

erste Ankerbucht im Norden Sardiniens

Am nächsten Morgen wählen wir die Fornelli Passage zwischen der Isola Piana und der Isola Asinara. Dazu müssen wir die vorgegebene Peilung aufnehmen und einen genauen Kurs wählen, die Passage ist eng und voller tückischer Unterwasserfelsen. Puh, es ist ein Moment der Anspannung, aber da gibt es zwei Landbaken und wenn die beiden östlich auf 072° in einer Flucht zu sehen sind, müssen wir den Kurs auf 252° ändern. Geschafft! Rückwirkend betrachtet: ein Kinderspiel, haha!

Weiter geht es die Westküste hinunter, unsere Reise ist getaktet, Amei hat ihren Rückflug in Cagliari gebucht, wir haben damit einen festen Termin. Doch angesichts der hohen Tagestemperaturen, verbringen wir die Tage gerne auf dem Meer und lassen die Landschaft an uns vorbeiziehen. Wir vermissen den Wind und wenn er sich zeigt, dann grundsätzlich nur von vorne! Also bleibt uns nichts anderes übrig, als die Motoren zu nutzen.

Wir stoppen in Alghero und besichtigen die schöne Altstadt aus der spanischen Besatzungszeit. In der Marina fragen wir den Marinero, ob wir das Dinghi an der Pier für ein paar Stunden festmachen dürfen. Er antwortet von weitem in einem Tonfall, der uns erst zusammenzucken lässt, doch dann verstehen wir, dass er uns seine Zustimmung gegeben hat. Wir müssen uns wohl erst an das italienische Temperament gewöhnen, die Italiener klingen für uns Norddeutsche manchmal etwas ruppig!

Amei und Pascale in Alghero

Alghero ist sehr hübsch, doch leider in der Hochsaison ziemlich überlaufen. Es herrscht gerade ein deutliches Ungleichgewicht zwischen Touristen und Einwohnern!

Weiter geht es entlang der Küste, es gibt zahlreiche Buchten mit großen Sandstränden und glasklarem Wasser.

Auffallend sind die großen Militärsperrgebiete auf Sardinien, überall stehen Antennen und es wird davor gewarnt, nahe der Militärgebiete zu ankern, da Schießübungen abgehalten werden. Kollateralschaden nennt man das dann wohl…! Das wollen wir nicht riskieren, jetzt wo Mojito gerade repariert ist.;-)

In Cagliari wechselt unser Besuch, unsere Tochter Amei verlässt uns, dafür kommen unser Sohn Neels und sein Freund Hendrik an Bord. Auch jetzt läuft die Uhr, denn die beiden haben ihren Rückflug in Olbia gebucht, an der Nordostküste Sardiniens. Da der Wind auch weiterhin entweder fehlt, oder aus der verkehrten Richtung weht, oder nur am Ankerplatz als unangenehmer Fallwind auftritt, bleibt uns auch hier nur der Motor zur Fortbewegung. Gerrit stellt sich schon die Frage, wozu man eigentlich Segel braucht…!?

wir nutzen die kühle Morgenluft für kleine Wandertouren in der Umgebung. Blick auf Mojito in der Ankerbucht

Esel grasen im Olivenhain

 

Die Männer vertreiben sich die Zeit, für unsere neueste Errungenschaft, ein Standup-Paddel, eine weitere Nutzungsvariante zu finden. Kurzerhand wird das Surfbrett mittels einer Leine an Mojitos Heck befestigt und Gerrit und Neels nutzen es abwechselnd als Wakeboard, und lassen sich hinter Mojito durch das Wasser ziehen, es geht auch mit weniger PS, was für ein Spaß!

Neels surft auf dem Standup-Paddel

Die Ostküste wird immer touristischer. Stark frequentierte Strände wechseln sich mit einsamen Buchten und mit gesperrten Militärgebiete ab. Die Zahl der Superyachten nimmt dramatisch zu und damit verbunden eine große Unruhe durch den Zubringerservice der Yachten  und durch ihr reichhaltige „Spielzeugangebot“, wie nervtötende Jetskis.

So viele Superyachten an einem Fleck haben wir bislang weder auf den Balearen, noch an der Côte d´Azur und schon gar nicht in der Karibik gesehen, hier ballt sich der Jetset. 

Die Menschen an der Ostküste werden immer unfreundlicher, dieses Mal ist es nicht nur der ruppige Tonfall, nein, sie sind wirklich unfreundlich. Unser größtes Problem seit Cagliari ist die Müllentsorgung. Scheinbar gehen die einzelnen Regionen auf Sardinien dieses Problem unterschiedlich an. Hier an der Ostküste lösen sie das Müllproblem ganz einfach (wahrscheinlich nach dem Vorbild unser Heimatgemeinde, die machen es nämlich ähnlich!): es werden einfach keine öffentlichen Mülltonnen aufgestellt. Keine Mülltonnen – kein Müll, ganz einfach. Fragen wir vorsichtig, wo wir unseren Müll entsorgen können, ernten wir wüste Beschimpfungen und die Gestik vermittelt uns, wir sollen unseren Müll wieder mitnehmen. Die Verständigung ist etwas mühsam, da fast kein Englisch gesprochen wird. Stattdessen ergießt sich ein Wortschwall auf Italienisch, ungeachtet dessen, dass wir kein Wort verstehen.

Es fällt uns auf, dass die Landschaft hier extrem vermüllt ist, warum wohl? Wir schleppen dauernd unsere Müllsäcke mit uns herum, stets auf der verzweifelten Suche nach einer Entsorgungsmöglichkeit. Gerrit´s Kommentar: „ das nennt man Mülltourismus..!“ Ach so! 

Dieses Problem kriminalisiert uns: wir sehen Mülltonnen  durch Zaun und Sicherheitssysteme gesichert. Hendrik tippt sich auf gut Glück wahllos durch das Menü und, siehe da, wie von Zauberhand öffnet sich die Tür (ha!ha! scheint eine Sicherheitslücke zu geben ). Schnell werden die Müllsäcke in die Tonnen verstaut und dann nichts wie weg! Die Videoüberwachung hat sich aktiviert und hat unsere „Schandtat“ gefilmt. Bin gespannt, ob wir das nächste Mal durch die Passkontrolle kommen!

Schade, die Ostküste will sich keinen Platz in unserem Herzen suchen, der Funke springt nicht über. Die Menschen sind unfreundlich, die Orte sind entweder Ferienorte aus der Retorte oder trist und runtergekommen. Die Landschaft ist grandios: schöne Steilküsten wechseln sich mit bizarren Steinformationen ab, dazu das blaue Wasser in allen Schattierungen. Leider fällt uns auf, dass es hier fast kein Leben unter Wasser gibt. Es gibt nur sehr wenige Fische, fast keine Seeigel oder ähnliches und das Seegras wirkt farblos, fast abgestorben.

Am nördlichsten Zipfel der Costa Smeralda finden wir endlich eine „Wohlfühlbucht“ und verbringen zwei schöne Tage bevor Neels und Hendrik wieder abreisen müssen. 

Neels und Hendrik erkunden die Küste

Wie bei Neels letztem Besuch in Guadeloupe, bekommen wir hier am Vorabend seiner Abreise Starkwind. Damals in Guadeloupe ist uns dann der Mast gebrochen, nein, nicht schon wieder…! Während der Nacht sind wir heftigen Fallwinden ausgesetzt und werden immer wieder durchgeschüttelt, schlafen können wir alle nicht, doch unser Anker hält zuverlässig.

Gerrit bringt Neels und Hendrik an Land zum Taxi und wir wollen heute den Wind nutzen um uns südwärts zu bewegen. Zwei Tage Wind sind gemeldet, sogar aus der richtigen Richtung, 4-5 Beaufort, das müssen wir ausnutzen.

Wir wollen Anfang September nach Deutschland fliegen, eine Familienfeier ist geplant, die einzige bezahlbare Marina um Mojito zu parken ist im Süden, auf der Isola Pietro, in Carloforte. Also machen wir uns auf dem Weg und sausen die Küste entlang Richtung Süden. Der Wind nimmt zu und durch die vorgelagerten Felseninseln, beschleunigen die Windböen auf Stärke 6-7 Beaufort, das war aber nicht gemeldet!

So richtig können wir diesen Segeltörn noch nicht genießen, die Mastbruch-Erfahrung ist noch nicht überwunden. Doch der zweite Tag verläuft gefühlsmäßig entspannter, wir merken, alles hält, alles funktioniert. Die neuen Segel sind grandios, es macht wieder Spaß zu segeln, das beklemmende Gefühl schwindet.

Wir erreichen die schöne Südküste, die Menschen sind wieder nett und…., wir trauen unseren Augen nicht: es gibt wieder Mülltonnen und niemand schimpft, wenn man Müll entsorgt.

Ankern wo schon die Phönizier, Karthager und Römer geankert haben, bei Nora auf der Halbinsel Capo di Pula

Capo di Pula, drei Häfen der Antike

Ausgrabungen der römischen Siedlung Nora

schöne Mosaike aus Naturstein – 3000 Jahre Geschichte

Wir sehen viele wunderschöne Ankerbuchten, doch leider auch hier, wie so oft auf Sardinien, ein Militärsperrgebiet. Das Handbuch drückt sich unklar aus, auch der Plotter zeigt eine temporäre Sperrung an. Wir lesen, dass es im Juli und August keine Schießübungen gibt und sehen andere Boote ankern, dann dürfen wir das auch…!

Wir genießen die schönste Ankerbucht in wunderschöner Natur mit einer Hand voll Boote unterschiedlicher Nationen, ein Traum. Am nächsten Morgen vernehmen wir laut dröhnende Schiffsmotoren, wir hätten eigentlich schneller schalten müssen: unverkennbar für die Coastguard. Allgemeine Hektik breitet sich in der gerade noch so ruhigen Bucht aus, alle lichten ihren Anker, eine Frau muss ihr bereits flüchtendes Boot noch schwimmend erreichen. Wir alle fliehen gemeinsam vor der Polizei, was für ein Spaß. Die Coastguard notiert von jedem Schiff die Registrierungsnummer, mal sehen ob es ein „Ticket“ gibt! 

Oh, wenn wir so weiter machen, haben wir bald ein ganzes Strafregister hier in Italien! Aber die Bucht war es wert!

die verbotene Traumbucht

Standup-Paddeln durch die Bucht

Schließlich erreichen wir die Marina Sifredi in Carloforte. Eine sehr nette und saubere Marina, doch wir werden wohl nie Marina-Lieger. Wir vermissen das freie Ankern, morgens eine Runde Stand-up-Paddel, anschließend schwimmen – das ist Lebensqualität pur! Aber was soll’s, dafür haben wir Wasser satt und können Mojito putzen und unsere Wäsche waschen. Carloforte zeigt sich als charmanter Ort mit verwinkelten Gassen und zahlreichen Piazzas. Überall verweilen entspannte Menschen, Abends sind die Aperitif-Bars angesagt. Ein Ort zum flanieren und wohlfühlen!

Carloforte

Wenn wir aus Deutschland zurück kommen, dann werden wir uns auf dem Weg nach Sizilien machen und dort in einer Marina überwintern.

Côte d´Azur und Korsika

Wir segeln von den Îles d´Hyères zur Côte d´Azur und sind angenehm überrascht von dieser Küste. Die französischen Segler sind entspannt und freundlich, kein Vergleich mit den französischen Seglern, die wir sonst so oft übellaunig empfunden haben. Wir erwarteten überfüllte Ankerbuchten, es ist schließlich Hauptsaison. Doch wir finden beschauliche, ruhige Ankerbuchten und sehr viel Platz.

Ankerbucht in Île de Porquerolles

Porquerolles

Wanderwege über Île de Porquerolle

Abendstimmung in der Ankerbucht

ein Gewitter zieht durch die Ankerbucht und bringt einige Boote in Schwierigkeiten weil der Anker nicht hält!

Aber wir merken auch, dass wir erst wieder in das „normale“ Bootsleben zurückfinden müssen, ohne ständig über irgendwelche Reparaturen nachdenken zu müssen.

Es gibt nicht nur „Wolke-Sieben-Tage“ auf dem Segelboot, nein, es gibt auch Tage an denen man sich die Frage stellt: „ warum bin ich hier, ich könnte so entspannt auf meinem Wohnzimmersofa sitzen und durchs heimische Fernsehprogramm zappen!“

Das sind z.B. jene Tage an denen man, mit zwei vollgepackten Schmutzwäsche-Taschen, bei über 30 Grad Hitze, den örtlichen Waschsalon sucht…

Oder, jene, wenn man Nachts wach wird, weil ein unangenehmer Schwell in die Ankerbucht rein rauscht, der einem das Gefühl gibt in einem Cocktailshaker zu sitzen, man aber den Morgen abwarten muss, um sich einen neuen Ankerplatz zu suchen.

Oder, wenn die angebliche Traumbucht gar nicht so traumhaft ist oder der Anker einfach nicht greifen will, oder….!

Aber dann gibt es auch wieder die andere Seite, die uns dann wieder mit dieser Lebensform versöhnt:

Man steuert Buchten oder Küstenabschnitte an, die man sonst niemals angefahren hätte und ist überwältigt.  

Man schließt nette Bekanntschaften mit Menschen aus ganz unterschiedlichen Ländern und erlebt diese wunderschönen Stimmungen und Lichtspiele auf dem Meer oder in den Ankerbuchten, dazu noch ein Besuch von den unterschiedlichen Meeresbewohnern und man ist einfach nur glücklich!

Wir bestaunen die Côte d´Azur in ihrer ganzen Vielfalt, ankern in St.-Tropez, wunderschön, und genießen die kulinarischen Verführungen der Provence.

Saint-Tropez

Weiter geht es nach St. Raphael, wo wir Christelle und Thibault treffen, beide kennen wir von der Odyssee, sie sind im November ein Stück bei ihren Freunden Thierry und Michelle mit gesegelt, es gibt ein freudiges Wiedersehen.

Von dort aus geht es weiter Richtung Antibes, eine wunderschöne Stadt in der wir uns bei den Markthallen ein Glas Wein und eine Quiche gönnen und diese Stimmung auf uns wirken lassen. Auch hier kommen wir mit einem Paar aus Zürich ins Gespräch und die Zeit verfliegt bei dem interessanten Austausch. Schließlich kommt noch der Inhaber des kleinen Weinkellers hinzu und wir erfahren, dass auch er ein Segler ist und dass er sein Boot in der Martinique hat, in Le Marin, so ein Zufall. Sein Lebenskonzept ist sehr einleuchtend: während der Sommersaison arbeitet er in Antibes, die Wintersaison verbringt die ganze Familie auf dem Segelboot in der Karibik. Die Kinder können problemlos die Schule dort besuchen, es ist ja Frankreich. Alex sagt, die Schule dort ist qualitativ vielleicht nicht so gut wie in Frankreich, doch für die Kinder wäre es wichtig unterschiedliche Sichtweisen zu entwickeln, und das tun sie dort in der Karibik. Wie recht er hat! Man merkt, dass Frankreich eine Segler-Nation ist, und dass das Schulsystem es den Eltern ermöglicht andere Lebenswege gehen zu können. Da gibt es in Deutschland noch Nachholbedarf!

Antibes

In Beaulieu-sur-Mer bekommen wir die Dekadenz des Jetsets zu spüren: wir ankern zwischen unglaublich vielen Luxusyachten. Dachten wir auf den Balearen schon viel gesehen zu haben, so werden wir hier eines Besseren belehrt. Es gibt doch eine Menge unglaublich reicher Menschen!

Da gibt es einen riesigen, futuristischen Motor-Trimaran, der scheint aus einem James Bond Film entsprungen zu sein, wir staunen!

Neben uns ankern zwei Schiffe des Multimilliardärs Abramowitsch, die große „Eclipse“ leuchtet nachts wie ein Kreuzfahrtschiff und das zweite Schiff kennen wir aus der Karibik: „Le Grand Bleu“.

Dieses Schiff ankerte bereits auf Guadeloupe unweit von uns und damals dachte ich, wie kann man sich so ein hässliches Schiff bauen lassen, wenn man so viel Geld hat. Die Besonderheit dieses Schiffes: es hat vorne an Deck eine 60 Fuß Segelyacht geladen, auf der anderen Seite eine ebenso große Motoryacht, dann ein U-Boot und im Schiffsrumpf einen Helikopter. Die ganzen übrigen Spielzeuge, wie Jetskis und diverse Beiboote nicht zu vergessen. Der Gästebereich ist doch sehr ansprechend gestaltet, also habe ich meine Meinung geändert: sollte Herr Abramowitsch uns mal zum Tee einladen, ich würde nicht nein sagen!

Le Grand Bleu mit Segelboot und Motorboot an Bord, dahinter Eclipse

Villa Kerylos in Beaulieu-sur-Mer

Blick auf unsere Ankerbucht in Beaulieu-sur-Mer

Eigentlich wollten wir einen Abstecher nach Tourettes-sur-Loup machen, wo mein Vater aufgewachsen ist, doch die Zeit drängt und angesichts der hohen Tagestemperaturen beschließen wir, dies bei unserem nächsten Besuch nachzuholen. Weiter geht es nach Menton, ein reizendes Städtchen, welches sich nicht recht entscheiden kann, ob es französisch oder italienisch ist, da es direkt an der französisch-italienischen Grenze liegt. Von hier aus wollen wir nach Korsika übersetzen, obwohl wir auch gerne die Italienische Riviera weitergesegelt wären. Wir kommen wieder, das ist sicher!

in den Gassen von Menton kann man sich verlaufen

gefühlt mehr Italien als Frankreich – Aperitif in Menton

 

Auf unserer Passage nach Korsika bekommen wir überraschend viel Wind und viel Welle (das macht es unangenehm), anders als gemeldet, wie so oft!  Dabei kann man doch die Anspannung bei der Crew spüren, puh! Wir müssen erst wieder Vertrauen zum Rigg entwickeln, das ist leider noch nicht der Fall. Das Vorstag passt nicht hundertprozentig, der Bolzen muß noch mal ausgetauscht werden, das Kutterstag und die Unterwanten sind noch nicht genügend gespannt.

Delphin-Besuch!

So sind wir doch froh, Abends die Nordwestküste Korsikas zu erreichen und in einer wunderschönen Ankerbucht bei Saint-Florent den Anker zu schmeißen. Auch hier gibt es eine Vielzahl an romantischen Ankerbuchten, mit wenig Yachten und viel Natur. Der erste Eindruck von Korsika ist überwältigend, was für eine Landschaft!

unsere erste Ankerbucht auf Korsika

Saint-Florent

wunderschöne Wanderung entlang der Bucht von Saint-Florent

Amei kommt zu Besuch, gemeinsam wollen wir die Westküste Korsikas entlang segeln und schließlich nach Sardinien. Wir merken schnell, auch hier reicht die Zeit nicht um diesen wunderschönen Landstrich zu erkunden, was für eine Natur und dazu reizende Städtchen. Korsika ist wirklich eine Reise wert!

Calvi

Besonders gut gefällt uns die Natürlichkeit Korsikas, es wirkt authentisch. Die Menschen sind freundlich, die heimischen Lebensmittel von hervorragender Qualität. Wir haben aber tatsächlich nicht das Gefühl in Frankreich zu sein, ich ertappe mich immer wieder dabei zu zögern die Menschen auf Französisch anzusprechen. Sie bewahren wirklich ihre korsische Ursprünglichkeit.

Ein unvergesslicher Törn bleibt das Naturschutzgebiet „La Scandola“, mit den leuchtend roten Felsformationen kombiniert mit dem kristallklarem Wasser, die ihresgleichen suchen. Ich kenne keine vergleichbare Naturschönheit. Abends ankern wir in der Bucht von Girolata und fühlen uns an die Karibik erinnert: viele kleine einfache Strandbars, freilaufende Kühe am Strand – herrlich. Robert und Lesley aus Australien fragen, ob wir mit ihnen ins kleine Strandrestauran gehen möchten. Klar, wir sind dabei – ein netter Abend, ein leckeres Essen mit Blick über die Bucht auf das Naturschutzgebiet, was will man mehr…!

Naturreservat „La Scandola“

rote Felsen von La Scandola

La Girolata ist nur zu Fuß oder mit dem Boot erreichbar. Ein Wohlfühl-Ort!

Der Abschied von Korsika fällt uns schwer. Mal sehen ob Sardinien unsere hohe Erwartungshaltung bedienen kann, Korsika hat nun sehr hohe Maßstäbe gesetzt!

Mojito wird endlich wieder ein Segelboot

Nachdem wir von der  Dijksgracht in Mallorca in Palma de Mallorca abgeladen wurden, mussten wir uns zunächst wieder in Europa akklimatisieren. Zwei Tage haben wir  in der Marina „La Lonja“ verbracht, um Mojito nach der Atlantiküberquerung abspülen zu können und die Lebensmittelvorräte wieder aufzufüllen.

Nach unserem Anlegemanöver kommt unser deutscher Nachbar und gratuliert zum, seiner Meinung nach, perfekten Anlegen, doch, so sagt er, das ist ja auch mit so einem Motorkatamaran viel einfacher als mit seinem Segelboot! Oha, nun wird es aber wirklich Zeit wieder einen Mast zu bekommen…!!

Wir müssen zuerst hier einklarieren, eine neue Regelung, die uns von dem Agenten der Reederei während der Überfahrt gemailt wurde. Auch wurden wir angewiesen, den Nachweis zu erbringen, dass das Boot innerhalb der letzten drei Jahre in Europa war, andernfalls müssten wir das Boot neu versteuern!

Wie?? Neu versteuern? Die Mehrwertsteuer wurden doch beim Kauf des Bootes bezahlt, ob wir nun Europa verlassen oder nicht. Nach unserem Rechtsempfinden ist das doch Diebstahl, bezahlt ist bezahlt, ob wir dann mal weg sind ist doch egal? 

Liebes EU-Finanzministerium, ich kann ja verstehen, dass Europa Geld braucht, doch solltet ihr noch mal drüber nachdenken, ob euer Erlaß wirklich gerechtfertigt ist! Die großen Luxusyachten sparen sich gleich die Mehrwertsteuer und führen dann die Flagge von Malta, Guernsey oder anderen steuerfreien Ländern, wo bleibt da die Gerechtigkeit?? Da solltet ihr vielleicht noch einmal in euch kehren…!

Na ja, wir haben jedenfalls reichlich Zeit alte Rechnungen zu suchen, die dann beweisen, dass Mojito in Europa war. Da bin ich doch ein klein wenig stolz auf meinen Mann, der gerne scheinbar nutzloses Zeug sammelt, doch nun war es sehr nützlich! Ich werde nie wieder Gerrit fragen, weshalb er all diese alten Rechnungen aufhebt, puh, Glück gehabt!

Unsere zweite Hürde ist das Einklarieren: diese neue Regelung ist so neu, dass die zuständigen Behörden selbst nichts davon wissen!

Ja, in der Tat: wir sind wieder in Europa!! Nun ja, nach einigem hin und her wissen die Mitarbeiter der Behörde nun auch wie es geht und wir halten die notwendigen Papiere in der Hand, endlich!

Zunächst sind wir mit unserer Ankunft in „der schönen Welt“ von Palma etwas überfordert! Die Menschen sind so schick gekleidet, die Häuser sind so schön restauriert, es gibt schicke Restaurants, es ist so viel anders als in der Karibik. Plötzlich geht es nicht mehr darum möglichst luftige Kleidung zu tragen, nein, wir müssen wieder mehr auf Etikette achten! Gehörten die Flipflops in der Karibik zu unserem Lieblingsschuhwerk, so wählen wir hier doch wieder richtige Schuhe, willkommen im Schickimicki!!

Palma de Mallorca

Palma ist immer wieder schön und die Marina, direkt unter der Kathedrale, hat eine perfekte Lage um die nötigen Einkäufe zu erledigen. Wir staunen über das überbordende Angebot an Essen in den Markthallen, es wirkt noch fremd, doch nach kurzer Eingewöhnung genießen wir die Köstlichkeiten.

Danach ankern wir ein paar Tage in S´Arenal, wir wollen uns mit Franz treffen, die dritte Privilège im Bunde, mit gebrochenem Mast. Sein Mast ist auf Teneriffa repariert worden und er ist nun auf dem Weg nach Griechenland. Wir hatten bislang nur Email-Kontakt und wollen uns mal persönlich kennenlernen und den neuen Mast bewundern. Wir sind ja über die Monate zu einer kleinen „Community“ herangewachsen: „die mit den gebrochenen Masten“ – das schafft Verbindung..!

Ankern in der Bucht von S`Arenal, Mallorca

Franz kommt mit seinem Katamaran „Swiss Mocha“ längsseits

Die Firma „Seldén“ hat unseren neuen Mast in Produktion und uns Port Ginesta, südlich von Barcelona, für das Maststellen empfohlen. Das passt uns perfekt, so können

wir noch in Ruhe  die Südwest- und dann die Nordwestküste von Mallorca hochfahren und diese wunderschöne Landschaft genießen.

traumhafte Wanderung, selbst mit Nieselregen, durch Olivenhaine auf Mallorca

In Soller warten wir auf das passende Wetter um  die 90 sm  Richtung Barcelona problemlos zu meistern. Das Warten belohnt uns mit einer traumhaften Überfahrt, gemeinsam mit Delfinen, zwei Pottwalen, einem Mondfisch und einer Schildkröte!

In Port Ginesta nutzen wir die strategisch günstige Lage zum Flughafen und fliegen für 14 Tage nach Deutschland um Familie und Freunde zu besuchen.

gemeinsamer Inseltag auf Norderney mit Amei und Neels

das Nordseewasser ist schön aber kalt!

Unser neuer Mast ist angeliefert! Nun kann es losgehen!

der neue Mast, in Einzelteile zerlegt, ist angeliefert

Christian und Marcel haben den Mast zusammengebaut

Christian und Marcel, die beiden Rigger aus Österreich, reisen morgens an und beginnen bei schweißtreibenden Temperaturen den Mast zusammenzubauen.

Am nächsten Tag kommt der Autokran und stellt den Mast auf das Boot, die Wanten werden montiert und fixiert. Es wird unermüdlich gearbeitet, bis spät in die Nacht. Leider reicht die Zeit nicht, Christian und Marcel haben ihren Rückflug schon gebucht, nach unserer Meinung etwas zu früh, es ist nicht alles fertig. Gut dass Gerrit technisches und handwerkliches Geschick besitzt, ich weiss nicht wie es sonst gegangen wäre! Außerdem erweist sich Ivan, der Seldén-Vertreter in der Marina, als professionelle Hilfe und der liebe Martin von der Nachbaryacht, ein IT-Fachmann, hilft beim Anschließen der Navigation. Was für ein Glück, dass man immer wieder auf so nette Menschen trifft!

der Autokran hebt den Mast

Natürlich müssen wir die Nähe zu Barcelona nutzen und verbringen dort einen Tag mit ausgiebigem Sightseeing, ein lohnendes Erlebnis! Aber die heiße Sommerzeit scheint uns „Landmenschen“ nicht wirklich dafür geeignet um eine, von Touristen überfüllten, Stadt zu besuchen, da werden wir lieber in der Nebensaison wiederkommen!

Unsere neuen Segel werden von der Stader Segelwerkstatt geliefert und sind perfekt! Klaas, der Segelmacher, hatte uns ein Tag besucht und alles vermessen. Dann haben sie sich alle Mühe gegeben um die Segel termingerecht vor ihrem Betriebsurlaub zu fertigen und zu verschicken. Eine tolle Arbeit und wirklich sehr bemüht, wir können das Team der Stader Segelwerkstatt nur loben! Ebenso können wir die Firma „Seldén“, besonders Herrn Matthiesen, loben, für die sehr gewissenhafte Berechnung für unseren neuen Mast. Die Wanten passten ihrer Meinung nach nicht hundertprozentig, also wurden neue Wanten per Expresslieferung geschickt und nochmals getauscht. Das gesamte Rigg sieht sehr vertrauenswürdig aus, das gibt ein gutes Gefühl!

der neue Mast, noch ohne Baum

Mast, Baum, Segel – alles dran!

Unser italienischer Nachbar Giovanni bringt uns ein fabelhaftes Thunfisch-Carpaccio, ein geheimes Familienrezept, es schmeckt einfach göttlich!

Doch trotz der netten Freundschaften hier in Port Ginesta treibt es uns weiter, wir wollen endlich wieder frei sein und segeln, fünf Monaten nach dem Mastbruch!

Doch es ist Mistral gemeldet und wir müssen vorher den Löwengolf durchqueren, das heißt wir müssen eine Nacht durchsegeln, also los!

Leider können wir nicht segeln, da wir nicht einmal den gemeldeten Wind haben, also wieder motoren, so ein Jammer!

Dafür fangen wir unterwegs unseren ersten Thunfisch, er ist so groß, dass wir großzügig mit Neptun teilen, damit wird er uns in Zukunft hoffentlich wohl gesonnen sein!

unser erster Thunfisch!

Der Thunfisch wird filetiert, teilweise vakumiert und ein Teil eingekocht, da bin ich mal gespannt…! Auf jeden Fall gibt es jetzt Thunfisch satt!!

Wir erreichen die Französische Küste vor dem Mistral und sind von der Côte d`Azur angenehm überrascht. Eine wunderschöne Landschaft zeigt sich mit der Inselgruppe „Îles d´Hyères“ und der Halbinsel „Presqu´île de Giens“, wir finden fantastische Ankerbuchten vor. Frankreich ist Weltmeister geworden, die Stimmung ist super, nun kann das Seglerleben wieder losgehen!

Ankerbucht Île de Porquerolles an der Côte      d´Azur

Mojito ist endlich wieder ein Segelboot!

 

Die unglaubliche Geschichte von Mojito und Corto

Wie bereits versprochen, folgt hier die unglaubliche Geschichte, die uns und „Mojito“ mit Albert und seinem Katamaran „Corto“ verbindet und die für viel Geprächsstoff und ungläubige Gesichter in Le Marin gesorgt hat:

Die Geschichte beginnt in der Ankerbucht „Grande Anse“ in Martinique, im Januar diesen Jahres:

Nicht weit von uns ankerte „Corto“, auch eine Privilége 445, die gleiche Bauart wie „Mojito“. Da nur es nur acht baugleiche Katamarane Privilége 445 in Eignerversion, also mit drei Kabinen, gibt, war es eine kleine Sensation uns hier zu treffen.

Also machten wir uns mit unserem Dinghy auf den Weg und sprachen den Eigner von „Corto“ an, das war der Beginn einer wunderbaren Freundschaft mit Albert, ein Franzose mit italienischen Wurzeln.

Im Gespräch stellte sich heraus, das „Corto“ die Baunummer 1  und „Mojito“ die Baunummer 6 ist. Mojito ist ein Jahr jünger.

Albert lebt schon seit mehreren Jahren in der Karibik, er hatte ein Haus auf St.Martin, welches leider durch den Hurrican „Irma“ letztes Jahr zerstört wurde. Er hatte nun den Plan sein Haus wieder aufzubauen und erzählte uns über all die Hurrican-Schäden, die wir auf den nördlicheren Inseln noch zu sehen bekommen würden.

Zu diesem Zeitpunkt war unser Plan, nach St. Martin zu segeln um ein Ersatzteil für unseren Generator abzuholen, den die Firma „Whisper Power“ dort für uns hinterlegt hatte. 

Albert war so nett und fertigte uns eine detaillierte Karte von St. Martin an, mit vielen Tipps, wo wir was finden können und einige Kontaktadressen. Es sollte nicht leicht werden, dort herrscht absolutes Chaos, so Albert.

Albert fing noch ein paar leckere Lionsfische für uns, bevor wir uns einige Tage später voneinander verabschiedeten. Wir wollten erst in den Norden von Martinique und dann nach Guadeloupe, wo wir unseren Sohn Neels erwarteten und zwölf wunderbare Tage zusammen verbrachten. 

Dann kam der 13.Februar!

Neels war wieder abgereist und wir wollten zunächst in Richtung Montserrat segeln und danach St. Martin ansteuern.

Der Wetterbericht meldete Windstärke 5 – 6 Bft., das bedeutet aber auch zwischen den Inseln Böen von 7-8 Bft. Wir bereiteten uns entsprechend vor und beschlossen sicherheitshalber unsere Segel zu reffen (d.h. verkleinern). Wir wählten das zweite Reff für das Großsegel und wir wählten als Vorsegel die kleinere Fock, auch die 30 % gerefft. 

Nördlich von Guadeloupe brach dann, aus damals für uns unerklärlichen Gründen, der Mast. Wir mussten das gesamte Rigg im Meer versenken und kehrten geschockt nach Guadeloupe zurück.

Später schickten wir eine Nachricht an Albert um ihn über unser Unglück zu informieren. Und nun kommt die unglaubliche Geschichte, die eine Gänsehaut verursacht:

Albert rief uns sofort an, ich dachte um uns zu trösten, aber er sagte:“du wirst es nicht glauben, aber mir ist genau das gleiche widerfahren!“

Am 13. Februar um 10 Uhr morgens ist bei beiden Katamaranen gleichzeitig der Mast gebrochen, wir waren aber fast 400 Km voneinander entfernt!

Als Albert uns angerufen hat, befanden wir uns schon auf dem Weg zurück nach Martinique, für uns der nächstgelegene Ort um einen Katamaran reparieren zu können, das gleiche galt auch für Albert, der von St. Lucia kam.

Diese Geschichte sollte doch eigentlich genügend Stoff für eine Mysterie-Serie sein – wir sind für entsprechende Angebote offen, haha!!

Aber wie sagte unser Freund Christoph so treffend: „rein statistisch gesehen, kann es kein Zufall sein“.

Wie recht er hatte! Einige Wochen später erfuhren wir von einer weiteren Privilége aus der Schweiz, ähnlicher Bauart, mit gleichem Mast, die unter ähnlichen Bedingungen einen Mastbruch vor den Kanaren erlitten hatten und nun auf Teneriffa festsaßen. Eigentlich wollten auch sie den Atlantik überqueren, warteten nun aber auf Teneriffa auf den neuen Mast.

Mittlerweile wissen wir von zahlreichen Mastbrüchen, besonders beim Hersteller „Maréchal“, eigentlich ein namhafter französischer Hersteller. „Maréchal“ kennt das Problem will aber keine Verantwortung übernehmen.  „Privilége“ (auch ein namhafter Hersteller), nun aber von „Hanse“ übernommen, kann unsere Empörung nicht verstehen, gibt sich ahnungslos.

Obwohl der Chef der Rigging-Firma in Le Marin in Party-Plauderlaune ganz klar das Problem benennt und auch die Gutachter wissen, dass die Ursache für den Mastbruch bei den fließenden (nicht fixierten) Wanten liegt, werden die Eigner nicht informiert. Ein Autohersteller wäre in so einem Fall verpflichtet zu handeln, warum nicht der Masthersteller?

Diese Wanten nachträglich zu fixieren dürfte keine 1000,- € kosten und würde den Versicherungen viel Geld sparen. Doch „Privilége“ unternimmt nichts – was uns sehr enttäuscht und „Maréchal“ zeigt sich als sehr arrogant ohne jegliches Entgegenkommen. Wir finden diese Haltung kriminell, hätten wir kein Hardtop, wäre der schwere Baum auf Gerrit gefallen. Wenn man den am Hardtop verursachten Schaden sieht, mag ich es mir nicht vorstellen, was dann passiert wäre!

Die arrogante Haltung und den Vertrauensverlust zu „Maréchal“ hat uns dazu bewogen den Hersteller zu wechseln. Die Firma „Sélden“ hat den Mast für „Mojito“ neu berechnet und wir bekommen nun zwei Salinge mit fixierten Wanten. Ein gutes Gefühl!

Wir haben mehrere Wochen gemeinsam mit Albert und „Corto“ in Le Marin geankert und haben für viel Gesprächstoff gesorgt – die beiden Zwillinge ohne Mast! Es hat kein gutes Bild auf „Maréchal“ und „Privilége“ geworfen und viel Verunsicherung bei den übrigen Privilege – Eignern verursacht.

Aber in dieser Zeit hat sich eine wunderbare Freundschaft mit Albert entwickelt. Wir haben uns gegenseitig unterstützt, in Tiefpunktphasen aufgefangen und wir haben trotz allem sehr viel miteinander gelacht!

  

Mojito mit gebrochenem Mast auf Backbord

der Mast liegt im Wasser und ist noch durch das Rigg mit Mojito verbunden, eine bedrohliche Situation für den Rumpf

„Corto“ mit beschädigtem Rumpf, der Mast hat ein Loch in den Rumpf geschlagen, zum Glück über der Wasserlinie!

die „Zwillinge“ Corto und Mojito in der Bucht von Le Marin, beide ohne Mast

die Erklärung für den Mastbruch: die Wanten sind nicht an den Salingen fixiert

wir haben viele nette Stunden mit  Albert verbracht

Zurück nach Europa, Mittelmeer wir kommen wieder!

Morgens sehen wir den Frachter „Dijksgracht“ in die Bucht von Le Marin einlaufen, Anker werfen und Ballast-Tanks lehren – ein imposanter Anblick. 

Wir sind etwas aufgeregt, heute wird „Mojito“ verladen, wir gehen auch an Bord – viele neue Eindrücke, wir sind gespannt.

Unser Verladetermin steht für 13.00 Uhr fest, vorher werden noch andere Yachten verladen, wir beobachten alles von unserem Ankerplatz.

DIJKSGRACHT

Nun sind wir dran: wir gehen längsseits an „Dijksgracht“ und bekommen Anweisungen, die zugeworfenen Festmacher auf unserer Klampe zu belegen. Dann plötzlich hören wir ein gewaltiges Aufklatschen direkt hinter unserem Schiff und kurz danach taucht ein Gesicht aus dem Wasser und lacht uns fröhlich an: „hello, I´m Jack!“ Jack ist mit einem Sprung wieder aus dem Wasser und steht triefend nass bei uns an Deck. Wir können es nicht fassen, er ist tatsächlich von der „Dijksgracht“ ins Wasser gesprungen, eine gewaltige Höhe! Jack erklärt uns, er sei einer der Lademeister und würde die Gurte unter Wasser kontrollieren, um sicher zu gehen, dass alles am rechten Platz sitzt. Kurze Zeit später wird eine Strickleiter runtergelassen und es kommen vier Arbeiter und ein weiterer Lademeister an Bord, es folgen Zurrgurte und Schützer für die Gurte. Alles wird fachmännisch angebracht, der Kran lässt die Gurte runter, Jack kontrolliert unter Wasser ob alles sitzt, und erst als alle ihr „okay“ geben, bekommt der Kranführer über Funk die Anweisung zu liften. Sobald wir die Deckhöhe erreicht haben, können wir über die Reling steigen und an Bord der „Dijksgracht“ wechseln. Für „Mojito“  geht es noch weiter in die Höhe, um dann schließlich seinen endgültigen Platz an Deck zu bekommen. Die Crew steht schon bereit und „Mojito“ wird mit Hilfe von Böcken und Gurten fest verzurrt, die beiden englischen Lademeister haben dabei das Kommando. Ein großes Schiff soll noch verladen werden, das dauert bis in den Abend, wir erfahren, dass wir erst am nächsten Morgen auslaufen werden. Es ist den Schiffen nicht erlaubt die Bucht von Le Marin bei Dunkelheit zu befahren, es lauern hier zu viele Untiefen.

MOJITO wird verladen

und an Deck verzurrt

unser Freund Albert ist neugierig und kommt um uns ein letztes Mal zu winken

Wir beziehen derweilen unsere Kabine, oben auf dem Offiziersdeck, und sind angenehm überrascht, wir haben eine geräumige Kabine mit Stockbetten. Anschließend sollen wir auf die Brücke und uns beim Kapitän melden, das machen wir doch gerne!

unsere Kabine

Der Kapitän und die meisten Offiziere sind aus Russland, die übrige Crew ist von den Philippinen und der Schiffskoch ist von den Kap Verden.

Der Kapitän empfängt uns freundlich, erledigt mit uns den erforderlichen Papierkram und gibt uns Anweisungen über das Bordleben. Zunächst ist er ein wenig zurückhaltend, das ändert sich schlagartig als er hört, dass wir mit unserem Boot den Atlantik überquert haben! Er kann sich nicht vorstellen, dass man mit einem „Plastikschiff“ so etwas machen kann. „ You are crazy!“, so seine Einschätzung. „Pöh“, denken wir, denn Gerrit konnte sich bislang nicht vorstellen mit einem Eisenschiff den Atlantik zu überqueren, doch das behalten wir lieber für uns, wir möchten doch keine Fronten aufbauen, wir müssen ja schließlich noch 12 Tage miteinander auskommen! 😉

Abends bekommen wir unseren ersten Eindruck von der Bordküche. „Dino“, der Schiffskoch, erwartet uns schon freudig und angesichts der Mengen, die er uns auftischt, scheinen wir ja einen ausgehungerten Eindruck zu machen. Hatte ich gehofft, durch Seekrankheit und/oder schlechter Bordküche, ein paar Pfunde los zu werden, so muss ich feststellen, dass das wohl schwierig wird! Die leckeren Cocktails und Accras in der Karibik haben doch ihre Spuren auf den Hüften hinterlassen!

Wir bekommen die Essenszeiten zugewiesen und sollen gemeinsam mit den Offizieren essen, machen wir, wir mussten schließlich vorher unterschreiben, dass wir der Crew gehorchen müssen!

Auch mussten wir unterschreiben, dass wir keine Waffen mitbringen, keinen Alkohol konsumieren dürfen und keine Drogen nehmen, und nicht angetrunken an Bord gehen dürfen. Oha…!

Als erstes findet Gerrit eine Sektflasche in seinem Schrank, oh Schreck, leider leer! „Sollen wir sie verschwinden lassen? Wir können sie ja auf einer anderen Etage entsorgen!“

Wir beschließen die Flasche einfach nach hinten in den Schrank zu schieben, es wird ja wohl keine Spind-Kontrolle geben, oder??

Blick auf die Bucht von Le Marin vom Bug der Dijksgracht

Die erste Nacht haben wir prima auf der „Dijksgracht“ hinter uns gebracht, wir haben ein reichhaltiges Frühstück genossen und nun geht es los! Die beiden englischen Lademeister haben uns verlassen und fliegen zu ihrem nächsten Einsatz. Eine karibische Lotsin ist an Bord und lotst uns aus der Bucht. Als sie das Schiff verlassen hat, geht es zwischen Martinique und St.Lucia auf den Atlantik, wow!

alle Boote sind geladen, vorne rechts Mojito

wir verlassen die Bucht von Le Marin

Nun wollen wir erst einmal das Schiff inspizieren, so eine Gelegenheit bekommen wir so schnell nicht wieder. Der Kapitän hatte uns gesagt, wir wären immer auf der Brücke willkommen, also los! Was für ein Erlebnis auf der Brücke zu stehen und diesen imposanten Ausblick zu haben. Alle an Bord sind sehr freundlich und beantworten geduldig all unsere Fragen. Es ist für uns sehr interessant mal die „andere Seite“ zu sehen, wie die Frachter uns Segelschiffe wahrnehmen – oder auch nicht! Nun verstehen wir die Frachter besser, sie sehen uns Segelschiffe häufig nicht und, wie uns der Kapitän erzählt, haben die Sportbootfahrer manchmal ein komisches Verhalten. Upps! Doch wohl hoffentlich nur die anderen, wir doch nicht!! Aber seitdem wir wissen, dass es in einigen Ländern keine Führerscheinpflicht für Sportboote gibt, wundert es uns nicht!

Die „Dijksgracht“ ist ein normales Frachtschiff und transportiert dieses Mal für das Tochterunternehmen „Sevenstar“ nur Boote. Vorher hatten sie Gerste geladen, die sie von der Ukraine nach Mexiko gebracht hat. Dann haben sie in Florida die ersten Boote geladen, die sind im Schiffsrumpf verschwunden, die übrigen Boote wurden in St.Kitts, Antigua und dann in Martinique geladen und an Deck sichtbar verzurrt. Für die „Dijksgracht“ ist diese Fahrt fast wie eine Leerfahrt, hat sie doch nur 900 Tonnen Gewicht mit den Booten geladen, sonst lädt sie 14 000 Tonnen!

Wir werden angewiesen an den Rettungsübungen teilzunehmen. Erste Übung: wir müssen das Schiff verlassen!

Alles wird genau durchgeprobt und durchgesprochen. Als ich diese furchtbaren Rettungswesten (Feststoffwesten ohne Schrittgurt!!) sehe, würde ich am liebsten fragen, ob ich meine eigene von Bord holen darf..! Dann werden wir Passagiere tatsächlich aufgefordert in das Free-fall-boat einzusteigen, das ist das rote Rettungsboot, dass immer schräg am Heck der Frachter hängt. Ich wollte ja schon immer wissen wie das da drin aussieht..! Der zweite Offizier leitet uns an und sagt: „da geht keiner von uns gerne rein…!“ Nun weiss ich warum, puh! Erst ist es verdammt steil da rein zu klettern und sitzt man endlich, will man nur noch raus, weil es so eng und stickig ist. Ich schwöre, ich werde mich nie wieder über zu wenig Beinfreiheit im Flugzeug beschweren! Der zweite Offizier erklärt uns in allen Einzelheiten was wir zu beachten haben, währenddessen sende ich Stoßgebete, dass keiner von den Jungs draußen am Auslösemechanismus rumspielt und das Ding aus Versehen auslöst und wir uns dann im „free-fall“ verabschieden! Bin ich froh als wir endlich wieder hinausklettern dürfen!

das Free-fall-boat im Fallen, zum Glück ohne uns!

Wir werden wirklich sehr zuvorkommend von der gesamten Crew behandelt. Gerrit fragt, ob er einen Blick in den Maschinenraum werfen darf, schon gibt es eine ausführliche Führung mit dem Chef-Ingenieur!

Führung durch den Maschinenraum mit Chef-Ingenieur „Josef“

die Hauptmaschine – 13 000 PS,                       500 Umdrehungen pro Minute

Vorbildlich zeigt sich die Müllentsorgung an Bord: brennbare Stoffe werden in der eigenen Müllverbrennungsanlage verbrannt, der Rest wird gepresst, aufbewahrt und an Land entsorgt. Essensreste werden in einer speziellen Anlage geschreddert und nur außerhalb der 12 Meilen Zone im Meer entsorgt.

Das Wasser aus den Ballasttanks wird in der Mitte des Atlantiks getauscht, damit kein US-Wasser nach Europa gelangt oder umgekehrt.

Und wir dachten, die Frachter kippen alles ins Meer. Das dachten sie umgekehrt von uns Seglern auch. Aber, nein, da konnten wir auch Vorurteile abbauen – auch wir sammeln den Müll und entsorgen ihn an Land. 

Ebenso kam ihrerseits die Nachfrage, ob wir Segler denn auch ein Logbuch führen müssen? Und ob wir auch einklarieren müssen? Ja, das müssen wir auch alles. Sie staunen, das haben sie nicht gedacht. Ist doch gut, wenn man sich ab und zu austauscht!

Nur in einem Punkt bekommen sie definitiv keinen Umwelt-Engel, das ist ihr Treibstoff. Ihr Schweröl hinterlässt überall an Deck eine dicke, schwarze Rußschicht. Der Kapitän meint, wenn man dieses Schweröl nicht erhitzt, kann man Straßen damit asphaltieren. Das glaube ich sofort, wenn ich meine Schuhsohlen betrachte. Für diese Atlantiküberquerung hat die „Dijkskracht“ 250 000 Liter Treibstoff verbraucht! Zum Vergleich: wir haben für unsere erste Altlantiküberüberquerung 600 Liter Diesel verbraucht (von Portugal bis Barbados).

Die Tage auf dem Atlantik ziehen dahin. Ungewohnt für uns, ist der dauernde Schiffslärm und die ständigen Vibrationen im Schiff, Tag und Nacht, ohne Pause. Wir haben Glück mit dem Wetter: mäßige Winde und ruhige See. Uns macht die mangelnde Bewegung zu schaffen – außer Treppen steigen und an Deck entlang spazieren, gibt es nicht viel Bewegung. Dazu das reichhaltige Essen von Dino: morgens Frühstück mit Rührei, Würstchen, selbst gebackenem Brot. Mittags 3-Gänge Menü mit einer Vorsuppe, dann reichlich Fleisch mit vielen Beilagen und ein Dessert. Abends warmes Essen mit Fleisch und Beilage, zum Nachtisch Obst. Dino steht immer parat und geht auf Sonderwünsche ein, ist aber auch traurig, wenn man nichts essen möchte. Also schaufeln wir brav das Essen in uns rein und liegen später mit dicken Bäuchen in unserer Koje.

Wir fragen den Kapitän ob wir vielleicht auf unserem Boot arbeiten dürfen. Kein Problem! Er organisiert, dass uns eine gesicherte Leiter an Mojito angebracht wird und wir brauchen uns nur bei ihm ab- und anzumelden wenn wir auf unser Boot gehen. Prima, so können wir einige Instandhaltungsarbeiten vornehmen, all das erledigen, wozu man sonst keine Lust  oder Zeit hat und uns ein wenig Bewegung verschaffen.

Nach 9 Seetagen steuern wir auf das europäische Festland zu. Wir werden Gibraltar zwischen Mitternacht und ein Uhr morgens passieren, das wollen wir hautnah miterleben und gehen auf die Brücke. Dieser Moment ist unglaublich bewegend, dieses erhabene Gefühl auf der Brücke, dieser Rundumblick – links Gibraltar rechts Ceuta, Gänsehaut pur! Wir fahren im Verkehrstrennungs-gebiet, das ist wie eine Autobahn für Frachter, die Fahrtrichtung ist hier vorgegeben. Auf der Brücke herrscht eine leichte Anspannung, zu dritt wird Ausschau nach möglichen Hindernissen gehalten. Der Kapitän schimpft über einen Fischer, der seine Netze hier ausgelegt hat: „denkt er, den besten Fisch gibt es ausgerechnet im Verkehrstrennungsgebiet? Warum kontrolliert die Coastgard nicht?“ Recht hat er! Wir müssen nur schmunzeln, dass unsere Probleme so ähnlich sind, ob großes Schiff oder kleines Boot!

Ein Tag später laufen wir in die Bucht von Palma ein und legen an der Pier an. Eigentlich wollte die „Dijksgracht“ hier nur sechs Boote abladen und Abends wieder auslaufen, doch sie bekommen eine andere Anweisung der Reederei: ein Eigner hat es sich anders überlegt und möchte nun schon in Palma ausgeladen werden und nicht wie ursprünglich geplant nach Genua. Pech dabei: das Boot befindet sich im unteren Schiffsrumpf, d.h. die vorderen Boote an Deck müssen abgeladen und danach wieder aufgeladen werden. Dijksgracht bleibt damit zwei Tage länger in Palma. Die Mannschaft nimmt es gelassen:“that´s seamen´s live…!“

Anlegemanöver in Palma

Mojito wird als erstes abgeladen, es heißt Abschied nehmen, etwas Wehmut ist dabei. Der Kapitän versichert uns zum Abschied, dass er uns fast überall auf der Welt abholen würde, wir brauchen sie nur zu kontaktieren. Haha, gut zu wissen. Schön war es mit der netten Crew von Dijksgracht, vielen Dank für dieses grandiose Erlebnis! Und…, da sieht man mal wieder: nichts ist im Leben so schlecht, dass es nicht auch etwas gutes gibt!

Mojito wird abgeladen. See you Dijksgracht!

Abschied von Martinique

Und wieder einmal eine Planänderung….aber – juchu, wir beenden unsere Atlantikrunde doch!! 

Nun aber der Reihe nach:

Wie bereits erwähnt, haben wir für Mojito eine Schiffspassage nach Palma de Mallorca gebucht. Wir erwarten den Frachter „Dijksgracht“ diese Woche hier in Le Marin.

„Dijksgracht“ wird in der Bucht von Le Marin ankern und die Boote mit Hilfe der bordeigenen Kräne und Lademeister an Bord nehmen. Wir selbst müssen Mojito nur zum Schiff bringen, längsseits gehen und der Crew übergeben.

Eigentlich wollten wir in dieser Zeit nach Hause fliegen, doch es zeigte sich schwierig einen passenden Flug zu finden und selbst dann wären nur wenige Tage Aufenthalt in Ostfriesland möglich gewesen, weil wir schließlich auch wieder zügig nach Mallorca müssen, um Mojito wieder in Empfang zu nehmen. Wir mussten uns nämlich im Vorfeld schriftlich erklären, die Dijksgracht nicht unnötig warten zu lassen und wenn doch, so droht uns eine hohe Geldstrafe. Heißt also, lieber zwei Tage früher in Palma sein als zu spät…!

Erst waren wir etwas frustriert, diesen langen und umständlichen Flug von Martinique nach Deutschland auf uns zu nehmen, um dann nicht mal eine Woche Aufenthalt in Deutschland zu haben. Und ganz ehrlich, am meisten gegraut hat es uns vor dem  Flughafenwechsel in Paris. Die Franzosen haben da sicher ihren eigenen Plan die Fluggäste zu vergraulen: entweder ein furchtbar umständlicher, zeit- und nervenraubender Flughafenwechsel einschließlich einer teuren Busfahrt über die Stadtautobahn mit garantiertem Stauerlebnis (dafür kann man den Eifelturm aus unterschiedlichen Perspektiven genießen) oder Air France streikt! Wer es dann immer noch nicht begriffen hat, dass er unerwünscht ist, der hat selber Schuld!

Vor lauter Frust hatte Gerrit die glorreiche Idee einfach mal beim Yachttransportunternehmen Sevenstar nachzufragen, ob sie denn vielleicht auch Passagiere mitnehmen.

Unsere, von Beginn an überaus freundlich und kompetente, Kontaktperson „Julia“ in Bremen antwortete prompt und erklärte,  dass es eventuell möglich wäre. Die Entscheidung liegt beim Kapitän des Schiffes, sie versprach nachzufragen und es dauerte nicht lange und es kam die Zusage – wir dürfen mit!! Wow, was für ein Abenteuer, nun dürfen wir die Atlantikrunde doch zu Ende machen! Etwas anders als ursprünglich geplant, ja, ich gebe zu, ein bisschen gemogelt, ja, nun fahren wir Huckepack, aber egal, Hauptsache das…!

Da kann man wieder sehen: nichts ist so schlecht, dass nicht auch etwas Gutes daran ist. Man muss die Sachen so annehmen wie sie sind!

Nun werden wir mal eine andere Perspektive kennenlernen und die Segelboote vom Frachter aus betrachten. Manchmal haben wir über den einen oder anderen, aus unserer Sicht, rücksichtslosen Frachter geschimpft. Nun werden wir die andere Seite kennenlernen, wir sind gespannt!

Bis dahin gibt es noch einiges zu tun, wir müssen uns alle drei für die Passage vorbereiten. Mojito muss so kurz wie möglich sein, also muss der Bugspriet hochgeklappt und befestigt werden und das Dinghi und die Solaranlage dürfen nicht übers Heck hinausragen.

An Bord muss alles befestigt und gesichert sein, damit nichts umherfliegt und fremde Boote oder Mojito selbst beschädigt wird. Und natürlich müssen auch wir unsere Tasche packen und uns für das Abenteuer „Atlantikpassage mit dem Frachtschiff“ rüsten. Wir mussten uns vorab schriftlich erklären keine Drogen oder Alkohol zu konsumieren, nicht angetrunken an Bord zu kommen und der Anweisung der Crew Folge zu leisten…, Oha!

Ein bisschen aufgeregt bin ich schon! 😉 

Zwölf Tage bis  Palma de Mallorca sind geplant, also voraussichtlich Ende Mai, wir werden uns dann wieder melden und berichten!

Nun heisst es Abschied nehmen von der Karibik, wir sind schon ein wenig traurig, obwohl die zunehmenden Temperaturen erahnen lassen, dass es doch im Sommer sehr heiß wird. Augenblicklich sind wir bei 30 – 32 Grad am Tag und 25 bis 30 Grad Nachts und das reicht uns völlig.

Doch was werden wir vermissen:

– das Frühstück bei noch angenehmen Temperaturen und einem leichten Wind mit Blick auf die üppige Vegetation

– die bunte Vielfalt der Bewohner der Karibik und ihre lässige Lebensart

– die wunderschönen Menschen mit ihren geflochtenen Haaren

– die plötzlichen, heftigen  aber kurzen Regenschauer gefolgt von Sonnenschein 

– Hühner am Strand

– die bunten Häuser

– der besondere karibische Slang in der französischen und englischen Sprache

– der Klang der Baumfrösche in der Nacht

– die Schildkröten über und unter Wasser

– die roten, blauen und orangenen Krebse

– die einfachen Obst- und Gemüsemärkte

– Restaurants unter bunten Wellblechdächern und einfachem Inventar aus selbstgezimmerten, bunten Paletten 

– die leckeren Cocktails

– die bunten Fischerboote, die mit ihren riesigen Außenbordern durch das Ankerfeld heizen und eine dicke Welle machen

– die leckeren Pizzas auf dem Pizza-Boat in Le Marin

Auf unserer Reise haben wir so nette Bekanntschaften gemacht, doch nun trennen sich unsere Wege wieder und wir sagen adieu:

– Albert von „Corto“ ( uns verbindet eine ganz besondere Geschichte mit dem Mastbruch, doch die werde ich zu einem späteren Zeitpunkt erzählen…)

– Astrid und Laurent von „Isola Blue“ (unvergesslich: der köstliche Thunfischdipp zum Aperitif, hmh!)

– Gaeton („that’s how it works in caribbean“ , diesen Satz haben wir erst später verstanden!)

– Josianne mit ihrem bezaubernden Lächeln und leckeren Accras

– Hardy und Heike (sie kannten Mojito schon vor uns und sind mit ihm von Holland nach Portugal gesegelt. Die Welt ist so klein!)

– Manu und Nico ( sie haben all die Schäden von Mojito weggezaubert)

– Kasch Mir (der unzuverlässigste aber der lustigste Inox-Mensch)

– all die Mitarbeiter in der Werft von Le Marin

– Stefan, Frauke und Vincent von „Lykke“ (ein Mastbruch schweißt zusammen! Eure „Mast-Party“ war super und bleibt in Erinnerung!)

– Pete und Bamboo (wir kommen wieder und besuchen euch in Dom.Rep.)

– Adel und Michel von „Treib(t)gut“ ( unsere erste Begegnung war vor einigen Jahren in Norddeich, dann sahen wir euch in Mindelo und schließlich trafen wir uns auf Martinique! Wo wir uns wohl wieder treffen?)

– Hermann und Conny von „Alegria“ (wir haben gestaunt, als wir einen Katamaran mit Heimathafen „Emden“ neben uns hatten. Eine nette Begegnung!)

– Jo und Angelika von „Magic Cloud“ ( unvergessen unsere gemeinsame Fahrt über den Indian River)

– Berthold und Julia von „Orbit“

– Jan und Sabine von „Mr.Grey“ (mit euch hat das Abenteuer so schön begonnen…!)

– Lisa und Johan von „Rubicon“ (sie sind schon im Pazifik! Wir freuen uns schon auf das geplante Wiedersehen und auf eure Erzählungen)

– Moira und Will von „Krabat“ (abendfüllende Erzählungen über die unglaublichen Einfälle eurer sechs Söhne z.B. die unbeabsichtigte Sprengung der eigenen Garage mit einer selbstgebastelten Kartoffelkanone!)

– Julien und Patricia und ihre Mitsegler Mathew und Oliver  von „A Capella“(uns verbindet die Landwirtschaft, viele nette Gespräche und eure große Hilfsbereitschaft)

– Per-Eric und Lotta von „Voyageur“ (unsere Boote haben zwei Jahre im gleichen Hafen in Spanien gelegen, aber wir mussten in die Welt hinaus um uns kennen zu lernen! Warum sind wir uns nicht früher begegnet?)

– Maria und Allen von „Lady Jane“ (euer „Manchester-Englisch“ war zu Anfang für uns eine harte Nuss, dafür musstet ihr mit uns unter schwierigen Bedingungen wandern gehen!)

– Jeremie und Tatiana von „Infinty“ (wir wären sehr gerne mit euch zu den Marquesas gesegelt! Danke für euren Trost nach unserem Mastbruch!)

– Jana und Jan-Dirk von Jajapami  (Viel Spaß im Pazifik!)

– André und Eva-Maria von „Mirabella“ (eine großartige, unerschrockene Familie auf Weltreise! Wir haben so viel mit euch gelacht!)

– Bruno und  Ilario  von „Finally“ (ihr hattet so große Pläne, doch auch ihr hattet Pech in der Karibik. Wir drücken euch die Daumen, dass Finally repariert wird und ihr weiterreisen könnt)

All diese Freunde bleiben in der Karibik oder sind im, bzw. auf dem Weg in den Pazifik.

All die anderen Freunde werden wir hoffentlich im Mittelmeer oder in Europa wieder treffen, das wäre eine große Freude:

– Luna Bay2

– Tamouré

– Spinnwill

– Lys des Mers

– Anemone

– Akouavi

– Punch Coco

….

Mastbruch – wir brauchen einen Plan B

Wir versuchen weiterhin das beste aus unserer misslichen Lage zu machen. Unter der Woche ankern wir in Le Marin, in diesem unglaublich großen Ankerfeld, um die Angelegenheiten zu regeln, die geregelt werden müssen. Es kostet sehr viel Zeit all die Firmen zu kontaktieren und Angebote für die Reparaturarbeiten einzuholen.Unzählige Telefonate (Versicherung, Masthersteller, Privilège) müssen mit Europa getätigt werden, das Zeitfenster ist durch die Zeitverschiebung sehr eng, die Tage verfliegen.

In der übrigen Zeit fahren wir lieber hinaus und ankern in der nächsten Bucht bei St.Anne oder St.Luce. Hier ist die Wasserqualität deutlich besser, man kann bedenkenlos schwimmen, was in Le Marin nicht der Fall ist. Angesichts der vielen Yachten, mag man sich nicht ausdenken, wie verschmutzt das Wasser hier sein mag. Schwimmen mag man in dieser Bucht wahrlich nicht!

die Bucht von St.Anne

wunderbare Accras bei Martine

Josiane, bei unserer ersten Begegnung war sie so ernst. Nun lacht sie und freut sich wenn wir da sind 🙂

In St.Anne besuchen wir  gerne Martine und essen ihre wunderbaren Accras oder unternehmen die eine oder andere Wanderung. Ein Segler erzählt mir von der wunderschönen Bucht „Anse Trabaut“ auf der anderen Seite der Insel. Ich bin begeistert von dieser Idee dort hin zu wandern, und überzeuge Gerrit und ebenso Allan und Maria, befreundete Segler. Mein Plan: wir wandern 10 Kilometer entlang der Küste und nehmen dort ein Taxi (natürlich nach einem coolen Drink) und fahren anschließend zurück zu unserer Ankerbucht…! Mein Plan klingt super, also wandern wir bei 30 Grad im Schatten motiviert los. Wir durchstreifen unterschiedliche Landschaften: Wälder, Strände, Salinenfelder, dann entlang der schroffen Atlantikküste bis zur Anse Trabaut. Wunderschön, herrliche Brandung…., doch wo können wir hier ein kühles Bier bestellen und/oder ein Taxi odern??? Hier gibt es weit und breit nichts, außer einer wunderschönen Natur, kein Mobilfunknetz und keine befestigte Straße! Äh…, ich spüre die fragenden Blicke…, ja ich gebe zu, meine Planung weist eine Lücke auf!

Es bleibt uns nichts anderes übrig als zurück zu laufen. Unser Wasservorrat ist mittlerweile aufgebraucht und wir wählen den direkten Weg zurück durch Zuckerrohr- und Melonenfelder und Weiden, sehr schön, doch bei über 30 Grad,  sehr heiß!

Plötzlich taucht wie aus dem Nichts ein Pickup-Geländewagen auf und die drei netten Männer fragen uns ob wir mitfahren möchten, wir dürfen auf die Ladefläche – ein Geschenk des Himmels!! Maria und ich zögern kurz, erwähnen aber dann doch unsere Ehemänner, die weiter vorne laufen. „na, dann nehmen wir die auch noch mit!“ Ach, was gibt es doch für schöne Momente im Leben, die restlichen Kilometer sind schnell bewältigt und das kühle Bier in St.Anne, das schmeckt anschließend besonders gut!

was für ein Glück, wir dürfen auf der Ladefläche des Pickups mitfahren!

Den Ausflug werden wir alle nicht vergessen und Spaß hatten wir trotzdem!!

die wilde Atlantikküste von Martinique

Anse Trabaut. Wunderschön, doch wo kann man hier ein Taxi ordern??!

Rumfässer in der Habitation Clément

der schöne Garten in der Habitation Clément

Unterdessen haben wir die nötigen Reparaturarbeiten mit den Firmen abgesprochen, alles läuft nach Plan. Nur der Hersteller für den Mast vertröstet uns Woche für Woche, wir würden gerne die Bestellung tätigen. Der Hersteller „Mâréchal“ hat uns einen modifizierten Mast versprochen und wir möchten wissen, was sie denn nun für Änderungen vornehmen.Dafür möchten wir eine Bauzeichnung sehen und warten drei Wochen, ohne Erfolg. Außerdem möchten wir einen verbindlichen Liefertermin haben, da wir, laut Versicherung, die Karibik aufgrund des Hurricanrisikos bis Juli verlassen haben müssen. 

Nach mehr als drei Wochen bekommen wir endlich die versprochene Bauzeichnung und staunen nicht schlecht, als wir nach anfänglicher Freude, merken, dass es der alte Mast ist, die Zeichnung ist 10 Jahre alt! Mittlerweile sind wir wütend und drängen auf die versprochene neue Mastzeichnung und auf den verbindlichen Liefertermin. Beides kann oder will uns „Mâréchal“ nicht geben und schreibt uns schließlich dass sie dann nicht an dem Auftrag interessiert sind. Hä…?!  Die Franzosen sagen, die Deutschen sind ihnen zu „viereckig“ in ihrem Denken. Aber die Franzosen sind da definitiv zu unzuverlässig! Okay, wir kommen nicht ins Geschäft und angesichts der nahenden Hurrikansaison, fehlt uns die Zeit hier in der Karibik zu bleiben. Schade! Es gibt hier viele gute Firmen, die die Arbeiten bestimmt hervorragend erledigt hätten und wir hätten unsere Atlantikrunde gerne weiter gesegelt. Dann eben nicht!

Wir nehmen Kontakt mit dem Masthersteller „Selden“ auf, sie sind sehr freundlich und bemüht, welch ein Unterschied! Der Mast wird von „Selden“ neu berechnet, wir erhalten eine Bauzeichnung, insgesamt wirkt alles vertrauenswürdiger als mit „Mâréchal“. Mittlerweile sind wir froh, dass wir mit „Mâréchal“ nicht einig geworden sind. Es sind zu viele Ungereimtheiten beim alten Mast, wir hätten kein Vertrauen den gleichen Mast wieder zu bekommen.

So entscheiden wir uns nun für „Plan B“: 

Hier in Le Marin werden nur die Gelcoat-Arbeiten am Rumpf und die Edelstahlarbeiten gemacht, damit wir uns dann bedenkenlos auf eigenem Kiel weiter bewegen können. Die restlichen Arbeiten werden in Europa erfolgen.

Mojito wird aus dem Wasser gekrant und an Land gesetzt, damit der beschädigte Rumpf durchtrocknen kann.

Diese Zeit nutzen wir für einen zweiwöchigen Aufenthalt in der Heimat und freuen uns unsere Familie und Freunde wieder zu sehen.

Wieder zurück in Martinique staunen wir über die Arbeit von Nico und Manu von der Firma Alize composite, sie haben wahre Wunder vollbracht. Der Rumpf ist repariert, die Schäden am Cockpitdach sind überarbeitet, sie haben sich sehr viel Mühe gegeben genau die gleiche Gelcoatfarbe zu mixen. Wir sind begeistert, Mojito sieht wieder schön aus, von all den Schäden ist nichts mehr zu sehen.

Auch die Inoxarbeiten an der Reeling sind nun fertiggestellt, die erste Hürde ist vollbracht, 10 Wochen nach dem Mastbruch!

Nun bleibt „nur“ noch der Mast und die Segel, doch die wird es, wie bereits erwähnt, nicht in der Karibik geben.

Mojito wird Mitte Mai verschifft und kommt per Yachttransport nach Palma de Mallorca. Dort nehmen wir Mojito in Empfang und fahren (da wir ja nun vorübergehend ein Motorboot sind 😉 )   Richtung Barcelona und werden dort Mast und Segel  erhalten.  So haben sich unsere Reisepläne geändert und wir werden diesen Sommer das Mittelmeer enießen. Wir freuen uns darauf, denn auch dort gibt es spannende Ziele. Aber auch in der Karibik bleiben noch viele Inseln, die wir noch erkunden möchten.

Wir kommen wieder, das ist sicher!

Mojito im Kran

 

und trocken auf dem Werftgelände

der Rumpf wird repariert

wir nutzen die Zeit und polieren die Unterseite

Mojito schwimmt wieder! Der Rumpf ist repariert und glänzt wie neu

Martinique/ Mastbruch Teil 3

Das Schicksal hat uns nun zurück nach Martinique gebracht und wir müssen nun doch unser erstes Urteil über Martinique ein wenig ändern:
Kamen uns die Menschen hier zunächst etwas ruppig und lustlos vor, so müssen wir nun erkennen, dass es zu ihrer Mentalität gehört und dass sie gar nicht so ruppig sind. Das creolische Französisch klang in meinen Ohren anfangs sehr hart, gar schwer verständlich. Mittlerweile mag ich diesen eigenartigen Klang und die Art der Verständigung. In der Markthalle (die ich zu meiner Freude entdeckt habe) ist es mir ein besonderes Vergnügen den Einheimischn zu lauschen. Unterhalte ich mich mit den Marktfrauen, so wird selbstverständlich gedutzt und genauso selbstverständlich werde ich mit „ma chérrie“ angesprochen, was mich stets belustigt.
Eine Marktfrau fragt, ob ich frische Kräuter brauche, ich verneine und will ihr nur das Kleingeld für die drei Gurken überreichen. Sie bindet in Seelenruhe einen kleinen Strauß aus Thymian, Oregano und Melisse und reicht ihn mir mit einem warmherzigen Lächeln, einfach so, ein Geschenk, wie nett!

so viele Yachten im Ankerfeld von Le Marin

Auch die ansässigen Firmen in der Marina überzeugen durch Professionalität und Engagement. Die Mitarbeiter haben sehr viel zu tun, jeder Eigner möchte sein Boot so schnell wie möglich fertig haben, sie tun ihr bestes. Sie arbeiten von morgens bis spät Abends, auch am Samstag, und sind immer freundlich, wirken nie genervt. Wir fühlen uns hier wirklich gut betreut und freuen uns, wenn wir die Arbeiten hier endlich in Auftrag geben können.
Hier in der Werft geht es schon fast familiär zu, man kennt sich, man tauscht sich aus. Wir lernen eine deutsche Familie kennen, die wir schon auf Madeira gesehen hatten. Auch sie haben den Atlantik überquert und auch sie haben einen Mastbruch kurz vor ihrer Ankunft auf St. Lucia erlebt. So hat man den einen oder anderen „Leidensgenossen“, wir stellen fest, es gibt hier mehrere Yachten mit „unserem Problem“:
in unmittelbarer Nähe sind es, mit uns, drei Katamarane und drei Monohulls mit gebrochenem Mast, nur in dieser Bucht! Der karibische Wind scheint den Masten stark zuzusetzen.
Schwierig gestaltet sich nach wie vor das Verhalten unserer Versicherung und besonders des, durch sie beauftragtem, Büro zur Schadensabwicklung. Von einer Sache scheinen sie nämlich überhaupt keine Sachkenntnisse zu haben, und das sind definitiv Segelboote, speziell Katamarane. Es kommen hahnebüchende Einwände ihrerseits und leider vergeuden sie viel kostbare Zeit, die wir schon längst mit Reparaturarbeiten hätten nutzen können. Immer wieder mussten wir bereits vereinbarte Termine verstreichen lassen, da keine Freigabe seitens der Versicherung erteilt wurde.
Zum Glück haben wir noch unseren Versicherungsmakler in Emden, der sich sehr für uns einsetzt und nun, nach vier Wochen, scheint endlich Bewegung in die Sache zu kommen, damit wir nun tatsächlich den Mast bestellen können und die Gelcoat-Arbeiten am Rumpf in Auftrag geben können.
Ein weiteres Problem ist unser, noch immer defekter, Generator. Die Firma hatte es als Garantiefall anerkannt und vereinbart das Ersatzteil zu einem Vertragshändler nach Sint Marteen zu schicken. Sint Marteen ist 250 sm von uns entfernt und dort wartet nun seit Anfang Februar das Ersatzteil auf uns, doch leider für uns momentan unerreichbar. Wie schön, dass wir unsere Freunde aus der Odysee-Gruppe haben und über WhatsApp miteinander vernetzt sind! Julian und Patricia, mit ihrer Segelyacht „A Capella“, erklären sich bereit das Ersatzteil für uns abzuholen und es mit nach Le Marin zu bringen, super! Wir können es kaum abwarten wieder unseren Wassermacher nutzen zu können, damit wir endlich unabhängig sind und nicht weiter chloriertes Wasser an der Tankstelle tanken müssen. Doch wir sind positiv überrascht,dass wir unsere Energiebilanz nur durch die Sonnenkollektoren im positiven Bereich halten können. Schließlich waren wir seit Ende November nicht mehr in einer Marina, d.h. wir haben keinen Landstrom laden können, das sind nun fast vier Monate!

Yacht-Transport, hier von Le Marin nach Mallorca

Besuch von Schildkröten, immer wieder schön!

Zwischenzeitlich versuchen wir das Beste aus dieser Situation zu machen und ankern in Le Marin, um alle anfallende Aufgaben abzuarbeiten. Am Wochenende fahren wir raus und ankern in St. Anne. Hier können wir im sauberen Wasser schwimmen oder an Land entlang der Küste spazieren und die wunderschöne Natur genießen. Im kleinen, beschaulichen Ort St.Anne trifft man sich Abends zum Aperitif bei Martine, eine karibische Schönheit, die nur leider selten lächelt. Bei Martine gibt es die besten Accras, Fischkrapfen, dazu trinkt man einen Planteur oder Ti-Punsch und kommt mit dem einen oder anderen Segler ins Gespräch. Das alles mitten auf der Straße, mit einfachen Plastikstühlen und -tischen. Eine nette Atmosphäre, bei der man schnell die Zeit vergisst. Erst wenn Martine keine frischen Accras mehr anbietet, weiß man, es ist Zeit sein Dinghy zu suchen um dann sein Boot bei Nacht im Ankerfeld zu finden, eine echte Herausforderung. 😉

Mangroven in Le Marin, am Ankerfeld

Wanderung entlang der Küste

Tagsüber ist es der Busbahnhof, abends wird hier gegrillt, dann ist es ein Restaurant

netter Abend gemeinsam mit Pete im Busbahnhof 🙂

Zeitvertreib an der Bucht von St. Anne

entspannter Skipper 😉

Mastbruch – Teil zwei: wie geht es weiter?

Unser Mastbruch ist nun mehr als zwei Wochen her, und viel weiter sind wir leider nicht gekommen!
Am Tag unseres Unglücks, der 13. Februar(!), haben wir unverzüglich unsere Versicherung darüber informiert. Diese hat die Firma B&T in Bremen mit der Abwicklung des Schadenfalls beauftragt. Die Firma B&T hat uns gleich kontaktiert und versprochen, „uns mit ihrem weltweiten Netzwerk an Sachverständigen zu unterstützen“, Haha! Außer ein paar nette, warme Worte ist leider nichts passiert!

der Mast liegt gebrochen teilweise im Wasser

Zuerst wurde uns ein Experte zur Begutachtung in Aussicht gestellt, doch nach zwei Tagen hielten sie es dann doch nicht für nötig, wir hätten den Schaden ja hervorragend dokumentiert, okay…! Wir wundern uns, dass sie trotz der zu erwartenden, nicht unerheblichen Schadenhöhe auf ein Gutachten verzichten wollen, aber gut!
Sie wollen noch überlegen, ob wir Richtung Antigua fahren sollten, oder 100 sm südlich nach Le Marin auf Martinique (es ist Freitag, das Wochenende in Sicht…) Diese Entscheidung haben wir dann schließlich selbst getroffen, sonst würden wir noch heute auf Guadeloupe in der Ankerbucht sitzen. Antigua haben wir für uns ausgeschlossen: die Werften sind dort nach den Hurrikans überlastet und der Kurs gegen Wind und Welle erschien uns in dem jetzigen Zustand des Schiffes nicht ratsam – also Martinique.
Außerdem hat die Firma B&T auch eine Verschiffung nach Frankreich in Erwägung gezogen und wenn, dann sollte diese von Le Marin starten.
Also los, Zähne zusammenbeißen, das Wetter ist stürmisch und ungemütlich. Diese Reise war wahrlich kein Spaziergang: bei 25 Knoten Wind und seitlicher Welle gegen den beschädigten Rumpf, da fühlt man sich nicht wirklich gut! Es waren mehrere Kaps zu passieren, dort gibt es immer wieder unangenehme Böen. Während dieser Fahrt haben wir und Mojito mehr Salzwasser geschluckt als während der gesamten Atlantiküberquerung.
Die Stimmung an Bord war, zugegeben, etwas angespannt, da erreicht uns zwischen Guadeloupe und Dominica ein Funkruf (Gerrit hatte notdürftig eine Antenne zusammengebaut, wir hatten wieder Funk!). Eine fremde Yacht rief uns über Funk und fragte , ob wir das Schiff „ Mojito“ wären, das seinen Mast verloren hat?
Ja, das sind wir! Aber, wer seid ihr? Ihre Antwort: sie sind Pete und Bamboo aus der Schweiz mit ihrem Katamaran „Salty Walter“ und sie haben am Unglückstag unser Funkgespräch mit der Seenotrettung mitgehört und haben mit uns mitgefiebert und mitgefühlt. Nun haben sie heute unser AIS-Signal gesehen und sind in unserer Nähe. Sie wollen nur fragen, ob alles soweit gut ist oder ob wir irgendetwas brauchen.
Wir sind sprachlos und gerührt, wie nett! Nein, danke, im Moment brauchen wir nichts, aber es ist schön, sie in unserer Nähe zu wissen. Sie fahren die gleiche Route wie wir und peilen für die erste Nacht die gleiche Ankerbucht auf Dominica an. Abends sitzen wir dann bei einem Glas Wein zusammen und bedanken uns für ihre Anteilnahme!
Dieses mal ankern wir in Roseau auf Dominica. Auch hier sehen wir ein Bild der Verwüstung nach dem Hurrikan „Maria“. Wie klein ist da doch unser Problem!
Ein Boatboy begrüßt uns und fragt: „hey, ihr seid doch ein Segelboot und wo ist euer Mast?“ „weg…! Aber ihr habt auch viel verloren“. Er lacht und antwortet: „c´est la vie..!“ Es ist erstaunlich mit welcher Gelassenheit die Menschen auf Dominica ihr Schicksal ertragen.

Roseau auf Dominica

Roseau

Wir verbringen zwei nette Abende mit Pete und Bamboo, lachen viel, es ist so nett! Begegnungen wie diese machen unsere Reise so reich! Schon fühlt sich die unbequeme Reise zurück nach Martinique gar nicht mehr so schlimm an.

Zurück zu Mojito: in Le Marin angekommen klappern wir alle erforderlichen Firmen ab, vereinbaren Termine, holen Angebote ein. Wir haben noch nirgends eine so gut vernetzte und organisierte Marina gesehen wie hier, Hut ab! Die Firmen sind sehr bemüht, alles zeitnah abzuarbeiten, die Zeit drängt um eine Entscheidung zu treffen. Wir erfahren, das unser Mast eine Fertigungs- und Lieferzeit von 8-10 Wochen hat ,upps! Die Zeit sitzt uns im Nacken: laut Versicherungsvertrag müssen wir bis Ende Mai die Karibik verlassen haben. Auch für die anstehende Atlantiküberquerung Richtung Europa wird es knapp für uns. Eigentlich startet man von Martinique ab Mitte Mai, spätestens im Juni. Wir können jedoch den Mast nicht ordern ohne Freigabe durch die Versicherung und wir müssen bei der Bestellung den Auslieferungsort wissen. Für die Verschiffung in die Karibik wird der Mast nämlich zweiteilig gefertigt. All das teilen wir der Firma B&T mit, doch die verharrt weiterhin in Passivität.

Der alternative Rücktransport nach Europa per Schiff müsste zeitnah gebucht werden, da auch diese Plätze sehr begrenzt sind.
Da wir in der Zwischenzeit das Vertrauen zu dieser Firma B&T verloren haben, haben wir einen Gutachter beauftragt, den Schaden aufzunehmen und eine Expertise zu erstellen und die vorliegenden Angebote zu prüfen. Das wäre eigentlich die Aufgabe der Versicherung, nicht unsere! Überall ernten wir Kopfschütteln über die Vorgehensweise unserer Versicherung. Ein Franzose sagt:“…und ich dachte, ihr Deutschen seid gut organisiert!“
Derweil zaubert B&T nicht nur unglaubliche Fantasiepreise für die Reparatur in Deutschland aus dem Hut (sie haben den Preis für einen Mast und einen Baum erfragt und denken damit hätten sie das gesamte Rigg! Sehr kompetent, das schafft Vertrauen!!) Nein, sie denken auch darüber nach, einen Skipper zu engagieren, der unser Schiff im April von Lorient durch die Biskaya und den Englischen Kanal nach Norddeutschland bringt (angeblich für 1000,-€) und das ohne Rigg und mit beschädigten Rumpf. Dabei hatten wir die Weiterfahrt auf eigenem Kiel für das Schiff ausgeschlossen. Unsere Meinung dazu: dann können wir Mojito gleich hier versenken, das spart die Verschiffung nach Europa! Kann man diese Firma noch ernst nehmen?

Wir haben nun unseren Versicherungsmakler in Emden kontaktiert, auch er hat kein Verständnis für diese Vorgehensweise und unterstützt uns best möglichst.

Mal sehen, was der morgige Tag bringt! Es bleibt spannend, zermürbend und kräftezehrend. Wir wären doch jetzt lieber, wie geplant, auf den British Virgin Island, seufz!

Hier in Le Marin treffen wir wieder viele alte Bekannte und lernen weitere kennen. Wir treffen Leidensgenossen, die ebenfalls den Mast verloren haben, und tauschen uns mit ihnen aus.
Wir verbringen viele schöne Stunden mit netten Menschen.
Trotz aller Widrigkeiten haben wir unsere Reise nicht einen Tag bereut.

In Le Marin treffen wir bekannte Crews der Island Odyssee: Moira und Will von Krabat und Patricia und Julian von A Capella

Pelikane in Deshaies (Guadeloupe)

Mastbruch

Auf dem Weg von Guadeloupe nach Montserrat passierte das, was kein Segler sich wünscht: Mastbruch!

Bei einer Windstärke 5-6 Beaufort und 3-4 m Welle segelten wir Richtung Montserrat. Das Großsegel und die Fock hatten wir gerefft, der Wind sollte kein Problem für Mojito sein. Der erste Squall kam schnell und brachte uns ein paar Böen auf Windstärke 6 bis 7, doch auch das ist nichts Ungewöhnliches. Nach dem ersten Squall kam nach kurzer Zeit der zweite, aber dieser nur mit einer Stärke von 6 Beaufort. Eigentlich waren wir ganz entspannt, bis es plötzlich knallte! Der Baum landete auf dem Cockpitdach, der gebrochene Mast lag im Wasser und alles war noch durch die Wanten, Schoten und Segel miteinander verbunden, ein Albtraum! Nach dem ersten Schock haben wir uns zunächst gesammelt und die weiteren Schritte überlegt. Während ich mit Hilfe unseres Handfunkgerätes (ohne Mast kein Funk!) versuchte Kontakt mit der Küstenfunkstelle aufzunehmen, machte sich Gerrit ein Bild über das Ausmaß des Schadens.

Tatsächlich meldete sich nach einiger Zeit die Seenotrettung, es tut so gut in so einer Situation Kontakt zu haben, das stabilisiert die Psyche ungemein! Danke an alle Seenotretter!!!

Die Dame am Funk hatte eine sehr angenehme und besonnene Stimme und fragte all die Schäden ab, sehr professionell! Nach dem ersten Schreck stellten wir dankbar fest: wir schwimmen noch, die Bilgen waren trocken – kein Wassereinbruch, soweit so gut! Hilfe vor Ort, durch die Seenotretter, konnten wir so rasch nicht erwarten, es würde ca. zwei Stunden dauern. Zwei Yachten werden gebeten Kurs aufzunehmen. Der gebrochene Maststumpf war gefährlich, direkt unter der Wasseroberfläche, und schlug durch die Wellenbewegung immer wieder an den Schiffsrumpf. Nach Absprache mit den Seenotrettern mussten wir das  Rigg so schnell wie möglich loswerden, um das Schiff zu retten. Gerrit begann die Bolzen der Wanten zu lösen, die Stagen abzuschrauben und die Schoten durchzutrennen. Nach und nach konnten wir so alle Verbindungen kappen, das komplette Rigg liegt nun in 1000 Meter Tiefe, es tat in der Seele weh!

Endlich konnten wir gefahrlos die Motoren starten, es waren keine Leinen mehr im Wasser, wir waren nun wieder manövrierfähig und konnten unter Maschine zurück nach Guadeloupe fahren, immer in Funkbegleitung der Seenotrettung.

Wir haben viele GFK-Schäden am Rumpf und an Deck, die gesamte Reling auf Backbord ist zerstört und wir haben kein Rigg mehr. Ein später bemerktes Leck konnten wir zum Glück provisorisch abdichten, nun warten wir auf die Versicherung und den Hersteller um das weitere Vorgehen abzustimmen.

Warum der Mast gebrochen ist, können wir uns nicht erklären, es gab keinen Grund. Wir sind nun 10 000 Seemeilen gemeinsam mit Mojito gesegelt und waren immer von dessen Stabilität überzeugt. Wir hatten uns im Vorfeld viele unverhoffte Vorkommnisse auf See ausgemalt, aber einen Mastbruch, ohne jegliche Vorwarnung, hätten wir niemals erwartet! Doch wir sind froh, dass es nicht Mitten auf den Atlantik passiert ist.

Im Gespräch mit anderen Seglern wird uns erst bewusst wieviel Glück wir gehabt haben. Wäre der Mast, statt auf der Leeseite ins Wasser zu fallen, auf das Cockpitdach gefallen, hätte er uns beide erschlagen. Wir wissen nun auch, dass wir Segeltechnisch keine Fehler gemacht haben, das zeigt, wie der Mast gefallen ist und dass keine Wanten oder Segel beschädigt waren, sondern einfach der Mast im unteren Drittel weggeknackt ist.

Wir waren sehr gerührt von all der Unterstützung und dem zahlreichen Zuspruch, den wir von befreundeten Yachten erfahren durften.

Jeremy und Tatiana und ihre beiden Jungs von der Yacht „Infinity“ sind in unsere Ankerbucht eingelaufen, was für eine Freude diese Familie wieder zu treffen. Mit ihnen konnten wir all die negativen Erlebnisse aufarbeiten, gemeinsam eine Tafel Schokolade verspeisen, Seelenfutter! Jeremy und Tatiana machen uns sprachlos, als sie uns ernsthaft vorschlagen, unsere Reise gemeinsam mit ihnen auf „Infinity“ fortzusetzen. „Euer Traum ist nicht zu Ende,“ so Jeremys Worte „kommt mit uns, setzt eure Reise fort!“ Was für ein Geschenk, so liebe Menschen kennengelernt zu haben. Wir werden darüber nachdenken, doch zuerst möchten wir eine Lösung für unser Debakel.

Meine kleine Freundin Leonie (6 Jahre) von der befreundeten Yacht „Luna Bay“

diktiert ihrer Mutter folgende Nachricht für uns: „Hallo, ich finde es traurig und ungerecht, weil ich euch so nett finde. Ihr fehlt uns!“ Wir sind gerührt, danke liebe Leonie!

Dank all der lieben Menschen wird die Situation erträglicher. Abends haben wir sogar unseren Humor wiedergefunden. Wir müssen ja wieder einklarieren; auf dem Fragebogen steht: Schiffstyp: „Segelyacht“; Anzahl der Masten? Aus Gewohnheit trägt Gerrit die Zahl „1“ ein, überlegt und löscht es wieder, nun steht dort eine „0“!! Gemeinsam mit der zuständigen Dame können wir darüber lachen – Humor ist, wenn man trotzdem lacht!

Die Versicherung ist sehr bemüht eine passende Lösung zu finden. Auch der Hersteller „Privilège“ bemüht sich, eine Lösung zu finden. Es ist Hochsaison auf den Werften in der Karibik, alle Firmen haben sehr viel zu tun.

Wir machen uns nun auf den Weg nach Martinique, hier auf Guadeloupe scheint es keine Möglichkeiten zu geben.

Ich komme mir vor, wie im Spiel „Monopoly“: wir haben die Karte gezogen „gehe zurück auf LOS!“ Diese Karte habe ich schon immer gehasst, alles läuft gut und plötzlich läuft alles wieder anders!

Wir hatten uns so sehr auf die British Virgin Island und auf die Bahamas gefreut, es war zum Greifen nah…!!

Wie auch immer, wir lassen uns nicht unterkriegen! Unsere Reise geht weiter, wenn auch in abgeänderter Form!

Resümee:

  • Wie gut, dass es die Küstenfunkstellen und die Seenotretter gibt!
  • Das absolvierte Sicherheitsseminar in Elsfleth war in dieser Situation sehr wertvoll! Vielen Dank an das Maritime Kompetenzzentrum Elsfleth!
  • Wir werden Guadeloupe in Zukunft nicht nur mit Melonen in Verbindung bringen…!
  • Wir haben als Ehepaar gemeinsam Schiffbruch erlitten und sind noch immer glücklich verheiratet, wer kann das schon von sich behaupten? 🙂

Mojito ohne Rigg und ohne Reling

Guadeloupe

In zwei Tagen müssen wir auf Guadeloupe sein, unser Sohn Neels kommt zu Besuch, juchu! Doch zunächst müssen wir uns bei einer Windstärke von 7 Beaufort und 4 m Welle, hart am Wind durch die ungemütliche See kämpfen. Wir beschließen die Nacht auf halber Strecke, auf den Iles Des Saintes, zu verbringen. Leider ist dies nicht so einfach wie zunächst gedacht. Zwischen den einzelnen Inseln pfeift der Wind gewaltig und nimmt noch einmal richtig Fahrt auf. Es gibt nur Mooring-Bojen-Felder, die aber alle schon belegt sind. Obwohl es genügend Platz gibt, ist das Ankern innerhalb dieser Felder nicht erlaubt, man wird sofort abgewiesen. Außerhalb dieser Bojen-Felder nimmt die Wassertiefe rapide zu und der steinige Grund ist sehr schlecht haltend. Zahlreiche Segler fahren, wie wir, verzweifelt von einer Bucht zur nächsten und versuchen erneut ihr Glück mit dem Ankern. Nach mehreren Versuchen scheinen wir endlich Glück zu haben, der Anker greift, was für eine Freude! Doch in der Nacht  driften wir langsam, Gerrit hält Ankerwache während ich tief und fest schlafe und von der heiklen Situation nichts merke. Früh morgens lichten wir den Anker und erkennen nun den Grund für das nächtliche Driften: ein großer Felsbrocken hängt vorne am Anker, ausgebrochen aus dem Ankergrund. Ein Krebs sitzt auf dem Felsbrocken und wundert sich bestimmt über das helle Licht, war er doch gerade eben noch in 20 Meter Tiefe! Es ist erstaunlich, dass unsere Ankerwinsch diesen Koloss nach oben hieven konnte, aber schlimmer ist die Frage: wie werden wir ihn wieder los. Der Felsbocken ist so im Anker verkeilt, nichts bewegt sich. Nach längerer Überlegung und ein paar Tricks, werden wir ihn zum Glück wieder los, der Felsbrocken rauscht gemeinsam mit dem Krebs wieder zurück in 20 m Tiefe. Was der Krebs wohl dabei gedacht hat?

Wir haben erst einmal genug von den Iles Des Saintes, auch wenn es eigentlich ganz schön aussieht, aber wir haben ja unseren Termin auf Guadeloupe.

Mit Guadeloupe habe ich bisher nur die leckeren Melonen, die es in Deutschland oft zu kaufen gibt, in Verbindung gebracht. Nun werden wir tatsächlich auch diese Insel kennenlernen, ich bin gespannt!

Guadeloupe hat aus der Luft betrachtet die Form eines Schmetterlings und ist landschaftlich sehr vielseitig: die Basse-Terre ist mit ihren Vulkanen gebirgig und mit dichtem Regenwald bewachsen. Der andere Teil, die Grande-Terre, lockt mit feinen Stränden und schönen Buchten. Wir ankern zunächst zwischen den beiden Inselteilen, direkt an einer kleinen Palmeninsel, gegenüber der Hauptstadt Pointe-à-Pitre, um Neels an Bord zu nehmen. Wir geben Neels zwei Tage zum Eingewöhnen, und steuern zunächst einmal nette Badebuchten auf Grande-Terre an. Baden, Sonnen, so kann man sich vom Studentenleben erholen, die harte Zeit der Klausuren ist Vergangenheit!

Ilet Du Gosier

Karibik spüren

Nach der Eingewöhnungsphase segeln wir zur kleineren Insel Marie-Galante mit ihren feinen weißen Stränden und türkisblauem Wasser. Dort möchten wir uns Motorroller mieten, doch dies erweist sich fast als „mission impossible“! Da sind wir wieder in der französischen Service-Wüste, wir machen hier die gleiche Erfahrung wie bereits auf Martinique: „Hilfe, Kunde droht mit Auftrag!“ Mit viel Mühe und nach unzähligen Telefonaten ergattern wir die letzten zwei Motorroller der Insel und brausen los. Es ist ja Hochsaison, wird uns erzählt, daher der Engpass. Aha.., das ist Hochsaison: menschenleere Dörfer, Kilometerlange einsame Strände, wir versuchen uns die Nebensaison vorzustellen, haha! Nach kurzer Strecke wissen wir weshalb die beiden Motorroller noch zu haben waren: es sind die letzten Gurken! Jeder Berg bringt sie an den Rand der Belastbarkeit, daher muss ich, als Soziofahrer, den Berg hinauflaufen. Eine schweißtreibende Angelegenheit, hoffentlich bringt es das Hüftgold wenigstens zum Schmelzen! Trotzdem sind wir sind uns einig: Marie-Galante ist ein Abstecher wert!

Hochsaison Marie Galante! Haha!

Menschenleere Strände – Hochsaison

Beachball am Strand

 

Türkisblaues Wasser! Anse Canot, Marie Galante

alte Zuckerfabrik mit Herrenhaus

Marie Galante

ein kühles Bier am Beach

Mangroven

Mangroven

Neels hat das „Angelfieber“ gepackt. Gleich am ersten Tag fängt er zwei kleine Fische, einen Tag später eine schöne Makrele. Doch danach scheint ihn sein Angelglück verlassen zu haben, trotz unermüdlicher Versuche!

Abends beim Geschirrabtrocknen sehen wir sie plötzlich, und sie uns:     Eine Kakerlake!! Sie verharrt kurz in ihrer Bewegung und hofft noch, nicht entdeckt zu werden, zu spät! Eine Kakerlake an Bord trotz aller Vorsichtmaßnahmen: keine Kartons, Schuhe werden penibel nach jedem Landgang gesäubert, Obst wird abgebraust…! Nach unserer kurzen Panikattacke greift Gerrit beherzt zum Lappen und versucht sie zu zerdrücken. Dies misslingt, da ihr Panzer sie tatsächlich gut schützt, sie entkommt. Der erste Punkt geht an sie, doch wir sind vorbereitet. Da wir diesen Besuch bereits erwartet haben, haben wir uns schon in Spanien mit einem Arsenal an Mittelchen ausgerüstet. Haha…, wer zuletzt lacht….! Wir verteilen die kleinen Kakerlaken-Hotels in verschiedenen Ecken und glaubt man der Illustration auf der Packung, so ist es eine totsicherere Sache. Wir haben sie noch nicht wieder zu Gesicht bekommen, hoffen wir mal, dass sie keine Großfamilie hatte!

Zurück auf Guadeloupe geht es weiter entlang der Küste von Basse-Terre. Wir bekommen deutlich zu spüren warum dieser Teil der Insel so begrünt ist: es regnet sehr häufig und sehr stark und die starken Fallwinde schleudern Mojito um seinen Anker! Nach zwei Tagen am Anker zeigt unser GPS 8 sm Strecke an, d.h. 15 Km nur am Anker!

Wir möchten die Wasserfälle und den Regenwald besuchen und vielleicht auch den aktiven Vulkan besteigen, doch zunächst heißt die schwierigste Hürde: ein Auto zu mieten! Nach unzähligen Telefonaten ergattern wir ein Auto, doch nur für einen halben Tag! Okay, besser als nichts, den Vulkan schaffen wir nicht mehr, schade!

Wir laufen verschiedene kleine Wanderstrecken durch den vom Regen aufgeweichten Regenwald, zu den Wasserfällen. Leider ist hier das Baden nicht mehr erlaubt, es gab nach dem Hurrikan Gerölllawinen. Doch wir hören von einer warmen Vulkanquelle zum Baden und machen uns auf dem Weg. Es ist recht abenteuerlich, der Boden ist aufgeweicht und glitschig, es geht über Baumwurzeln bergauf und bergab, am Flusslauf entlang durch den Regenwald. Tatsächlich erreichen wir eine Stelle am Wasserlauf, in der bereits drei Männer sitzen. Wir gesellen uns dazu und tatsächlich, es ist ca. 30-35 Grad warmes Wasser, durch den Vulkan aufgeheizt. Die Situation ist schon komisch: da sitzen wir bei 27 Grad Außentemperatur im Warmwasserbecken, mitten im Regenwald, und genießen die Wärme wie in der Sauna! Die Naturkulisse um uns herum ist spektakulär, was für ein Ambiente!

Grand Etang, Guadeloupe

Wandern durch den aufgeweichten Regenwald

warme Quellen mitten im Regenwald

Wasserfall

Weiter geht es zur nächsten Bucht, Ilets Pigeon, ein Naturreservat. Jacques Cousteau hatte dieses Revier als eins der schönsten Tauchreviere erkoren und erreichte, dass es unter Schutz gestellt wurde. Wir schnorcheln hier ausgiebig und bestaunen die bunte Unterwasserwelt.

Am nächsten Tag nimmt der Wind stark zu und wir ankern nun bei Windstärke 7, in Böen 8. Hui, da dauert es nicht lange und die ersten Yachten gehen auf Drift. Pech für die amerikanische Yacht neben uns, sie scheint genau in Strömungsrichtung zu liegen. Die erste Yacht treibt längsseits gegen ihren Bug, zum Glück scheint kein größerer Schaden entstanden zu sein. Zwei weitere Yachten geht es ebenso, sie driften gefährlich nah vorbei. Die Anspannung auf den Yachten ist groß, welcher Anker wird wohl als nächster aufgeben?

Windstärke 8 im Ankerfeld! Oha!

Wir sind mit unserem neuen Rocna-Anker sehr zufrieden, wieder einmal erweist er sich als zuverlässig.

Unser Problem ist ein anderes: Neels hat heute seinen Abreisetag und muss irgendwie mit Gepäck an Land gebracht werden. Der Koffer wird in Müllsäcke Wasserdicht verpackt, trockene Wechselkleidung ebenso. Während ich zur Ankerwache an Bord bleibe, kämpfen sich Gerrit und Neels mit dem Dinghy durch die Bucht und erreichen völlig durchnässt das Land! Traurig müssen wir uns von Neels verabschieden, die Tage sind so schnell verflogen.

Auch von Guadeloupe müssen wir uns verabschieden, wir müssen weiter, da das Ersatzteil für unseren Generator auf Sint Maarten wartet.  Wir werden Guadeloupe als die windigste, regenreichste, teuerste, abwechslungsreichste und europäischste Insel in Erinnerung behalten. Doch  auch als die Insel mit dem schlechtesten Telefon- und Internetnetz aller karibischen Inseln, dicht gefolgt von Martinique. Ein schwaches Bild, finden wir, dafür dass wir Europäer uns stets für so innovativ halten!

Weiter geht es nun nach Montserrat!

Pelikane halten eine Siesta in Deshaies

 

Dominica – Maria war vor uns da, ein Bild der Verwüstung

Dominica war die grünste und wildeste Insel, eine Naturschönheit, überwuchert von einem dichten Dschungel. War…! Bis Maria im September des letzten Jahres ihr Unwesen auf der Insel trieb, nun ist nichts mehr wie es war. Maria war ein Hurrikan der Kategorie 5, d.h. „absolut zerstörerisch“ und wütete mit einer Windgeschwindigkeit von über 260 Km/h über 9 Stunden über die Insel. Diese Insel wurde im Jahr 2015 bereits hart vom Hurrikan „Erika“ getroffen. Die Menschen waren schon vorher sehr arm, aber danach haben sie das Wenige, das sie besaßen, auch noch verloren!

 

Portsmouth, kaum ein Haus, das nicht beschädigt wurde

eine Hotelanlage kurz vor der Fertigstellung, nun schwer beschädigt

von weitem ist die geschundene Natur zu erkennen

 

Wir hörten schlimme Geschichten, von Überfällen auf Seglern, und waren verunsichert diese Insel überhaupt zu besuchen. Doch dann hörten wir viele positive Berichte von anderen Seglern, die von Dominica kamen und erzählten wie wichtig es für die Menschen auf Dominica ist, dass wenigstens die Segler wiederkommen. Der übrige Tourismus liegt brach, die Kreuzfahrtschiffe sind rar.

Von weitem sehen wir die geschundene Landschaft, aber es ist auch wieder etwas Grün zu sehen.

In der Prince Rupert Bay gibt es seit einigen Jahren eine hervorragende Organisation der Boatboys, die „PAYS“ (Porthmouth Association of Yacht Service/Security). Es gab früher unangenehme Vorkommnisse mit aggressiven Boatboys, die sie zum Umdenken bewegt haben. Sie haben ihr Logo, man kann sie erkennen und sie bieten jeden Service an, der gewünscht wird, ohne aufdringlich zu sein, und jeder Mitarbeiter wird für seine Aufgaben geschult. Sie weisen ausdrücklich darauf hin, dass das „S“ in ihrem Namen sowohl für „service“ als auch für „security“ steht. Wir fühlen uns in der Prince Rupert Bay absolut sicher, wie an vielen anderen Orten der Karibik auch.

Wir ordern über Funk eine Mooring-Boje. Eigentlich ankern wir lieber, aber hier machen wir eine Ausnahme, die Menschen sollen etwas durch uns verdienen. Jerome kommt mit seinem Boot angerauscht und ist uns mit den Leinen behilflich. Wir laden ihn an Bord ein und er erklärt uns die nötigen Gegebenheiten, wie das Einklarieren usw.

Wir können nur zwei Nächte auf Dominica bleiben, unser Sohn Neels kommt auf Guadeloupe zu Besuch, wir müssen rechtzeitig dort sein.Gerne würden wir die Insel besuchen, kein Problem, Jerome organisiert einen Fahrer für den nächsten Tag. Was für ein Service!

Am nächsten Tag treffen wir unseren Fahrer Dilon, er fährt uns mit seinem ramponierten Kleinwagen. Jedes Auto ist durch „Maria“ beschädigt, die Scheiben oft mit Plastikfolien notdürftig zugeklebt, die Karosserie verbeult.Noch schlimmer sind die Häuser: kaum ein Haus hat noch sein Dach, einige sind bereits neu gedeckt. Viele Häuser sind komplett zerstört, es fehlt an Baumaterial für die Reparaturen.

Dilon erklärt uns, dass „Maria“ eine Kombination aus Hurrikan und Tornado war, dadurch wurden die Bäume nicht nur geknickt, sondern auch gedreht und dadurch komplett entlaubt, sogar die Äste sind abgerissen. Nach „Maria“ standen nur noch nackte Baumstämme auf der Insel, nun, vier Monate später, sprießt es wieder zaghaft. Das was nicht weggeflogen ist, wurde von den Flüssen mitgerissen, es ist ein Bild der Zerstörung. Noch immer ist die Stromversorgung unterbrochen, die Telefonleitungen liegen teilweise auf der Straße. Es gibt kein fließendes Wasser, die Menschen waschen sich und ihre Wäsche in den zahlreichen Flüssen.

die Palmen sind entlaubt, von unten sprießt die Natur wieder

es muss noch viel weggeräumt werden

dies war ein kleines Restaurant…

ein trauriger Anblick

Wir besuchen eine kleine Schokoladen-Manufaktur. Sie haben dieses Jahr einen Totalausfall, keine Kakaobohnen, die Plantage ist zerstört, und auch keinen Strom für die Maschinen. Wir kaufen aus Mitleid Schokolade, auch sie müssen so viel wiederaufbauen. Ein Mann erzählt uns, er käme ursprünglich aus Florida, „Maria“ war der 16 Hurrikan in seinem Leben, doch so etwas hat er noch nicht erlebt. Er hat alles verloren, erzählt er, aber er lacht als er sagt: „… aber ich habe überlebt!“ Diese Worte hören wir so häufig an diesem Tag…!

die kleine Schokoladen- Manufaktur wird wieder aufgebaut

die Blumen erholen sich schneller als die Bäume. Sie sind sehr wichtig für die Kolibris.

 

die roten Felsen konnten Maria trotzen

Dilon zeigt uns Blumensamen, die sich zu Schmuck oder Musikinstrumenten verarbeiten lassen

Dilon kennt sich aus in der Natur und zeigt uns die Vielfalt die sie trotz Maria noch bietet

Nachmittags machen wir mit Johannes und Angelika, ein Seglerpaar aus Kiel, eine Bootstour über den Indian River. Jerome fährt uns und lacht sarkastisch als er sagt, wir könnten ja nun den Himmel sehen, das wäre früher bei dieser Tour nicht möglich gewesen. Früher bildeten die Bäume einen grünen Tunnel über den Fluss.

der Indian River und das was davon übrig ist

Jerome fährt uns

die einstige Schönheit lässt sich nur noch erahnen

Im Indian River wurden Teile des Films „Fluch der Karibik 2“ gedreht. Das Hexenhaus, eine Requisite aus dem Film, liegt zerstört am Ufer.

Gruppenbild mit Jerome, Angelika und Johannes

Dominica hat kein reiches Mutterland, sie sind zwar Mitglied des British Commenwealth, doch das bringt ihnen keine Unterstützung aus Groß Britannien. Ihre sozialistische Regierung tut sich schwer mit der Unterstützung, die Menschen sind auf sich gestellt.

Ein deutsches Seglerpaar war so erschüttert über diese Katastrophe und die Machtlosigkeit der Menschen. Sie haben ihre Freunde in Deutschland angeschrieben und um Geldspenden gebeten. Mit dem Geld wird die örtliche Schule wiederaufgebaut, wie lobenswert!

Über Funk kündigt die Organisation „PAYS“ ein Barbecue am Strand für den  Abend an. Diese Veranstaltung gab es vor „Maria“ jeden Sonntag. Heute findet sie zum ersten Mal wieder statt, es soll ein Zeichen sein, sie möchten Maria trotzen.

Es wird Fisch und Huhn gegrillt, es gibt Reis und Salat und natürlich Rumpunch. Der DJ mischt die Musik und anschließend wird ausgelassen zur Reggae-Musik gemeinsam am Strand getanzt. Die Einheimischen strahlen und freuen sich über die Segler, ein Stück Normalität kehrt für sie zurück. Aus der Musikanlage klingt ein Reggae-Song über „Maria“, die Menschen singen lauthals mit. Es klingt trotzig, besonders der Refrain: „we survive!“ Dabei heben sie die Arme kämpferisch in die Luft, die Stimmung ist sehr emotional und gleichzeitig herzlich und familiär.

Dominica und ihre Menschen haben uns sehr beeindruckt und werden noch lange in unserer Erinnerung bleiben und wir wünschen ihnen so sehr, dass so schnell keine weiteren „bad ladies“ die Insel aufsuchen!

Martinique

Auf Martinique laufen wir in die erste Bucht ein, Le Marin. Es ist das größte Ankerfeld dass wir je gesehen haben, geschätzt mehrere hundert Yachten! Viele Yachten scheinen schon länger hier zu liegen, einige Yachten sind verlassen und scheinen von ihren Eignern vergessen zu sein. Auf andere Yachten hausen „festgewachsene“ Segler, die Yachten machen keinen seetauglichen Eindruck mehr. Der einstige Traum der Weltumseglung scheint hier zu Ende zu sein. Andere Yachten sind bereits gesunken, hier und da schaut nur noch eine Mastspitze aus dem Wasser. Die Bucht wirkt ein wenig morbid, aber trotz allem gibt es schöne Ecken. Wir können in St. Anne, ein beschaulicher Touristenort neben Le Marin, einfach einklarieren, ohne viel Papierkram, direkt am Computer, wir sind ja hier in Europa! Wir merken, dass der bisherige karibische Telefonanbieter hier nicht funktioniert und wollen noch eine Telefonkarte kaufen, bis wir auch hier feststellen, dass wieder unser normaler Anbieter ohne Roaminggebühren funktioniert, wir sind ja in Europa, so ein Luxus! Ein weiterer Luxus ist der Supermarkt mit eigenem Dinghy-Dock, sehr praktisch zum Proviantieren. Als wir den Supermarkt betreten ist es nicht mehr zu leugnen: ja, wir sind in Europa. Die Regale sind prall gefüllt, es gibt wieder viele Sorten von Käse, Schinken, Wein und vieles mehr und dazu zu bezahlbaren Preisen. Wow, wir fühlen uns wie im Schlaraffenland!

Der Ort Le Marin ist perfekt auf die Segler ausgerichtet, es gibt hier alle denkbare Firmen rund um Yachten. Leider haben sie absolute Hochsaison und können Arbeiten nur mit einer Vorlaufzeit von drei Wochen annehmen. Die Grundplatte von unserem Cockpit-Sitz ist gebrochen, wir bräuchten einen Polsterer. Sie sind alle sehr kompetent und nett, haben aber leider keine Zeit.

Auch die Geschäfte für Bootszubehör halten ein unglaubliches Angebot an Waren vor. War es bisher so mühsam einfache Ersatzteile zu bekommen, gibt es hier alles im Überfluss. Gerrit könnte hier locker den ganzen Tag staunend zwischen den Regalen verbringen.

Es ist hier so anders als in der bisherigen Karibik, hier fehlt leider die Leichtigkeit des Lebens, häufig wirken die Menschen  unzufrieden, obwohl sie, gemessen an anderen karibischen Inseln, einen guten Lebensstandard haben. Sie genießen all die sozialen Sicherheiten aus Frankreich, wie Arbeitslosen- und Krankenversicherung.  In den kleinen Restaurants oder Bars hat man manchmal das Gefühl zu stören und den Inhabern unerwünschte Arbeit zu bereiten.

Ich komme endlich wieder in den Genuss eines Friseurbesuchs, was für eine Wohltat! Der letzte Haarschnitt war im Oktober auf La Gomera. Auf Barbados hatte ich einen Friseur aufgesucht, aber die Dame schien nicht viel Übung mit glatten Haaren zu haben. Schließlich war ich nur noch um Schadensbegrenzung bemüht und gab ihr zu verstehen, dass der Schnitt so ausreichend wäre. Oh je! Zum Glück kann man mit Gel einiges zurecht stylen!

In Le Marin treffen wir auch wieder bekannte Gesichter. Als erste kommt Jana von „Jajapami“ vorbeigefahren, wir tauschen Neuigkeiten aus. Ihre beiden Kinder Paul und Michel haben einen Hundewurmbefall in den Füßen, das ist ganz gruselig aber scheinbar in der Karibik nicht ungewöhnlich! Die Kinder haben im Sand gespielt und sich dabei angesteckt. Der Wurm gräbt Gänge in die Fußsohle und legt dort Larven ab. Das ist sehr unangenehm und mit starkem Juckreiz verbunden. Der Arzt hat eine Wurmkur verschrieben, das soll das Problem beheben. Urgh….! Ich betrachte meine Füße und entspanne mich bei deren Anblick. Die dicke Hornhaut an unseren Füßen, verursacht durch ein halbes Jahr barfußlaufen, muss jeden Wurm von seinem Vorhaben abbringen, hoffentlich!!

Weiter geht es zur Bucht Grande Anse, hier lässt es sich aushalten. Die Berge sind mit üppigem Grün überwuchert, ein kleiner beschaulicher Ort und ein paar bekannte Yachten. Unser französischer Nachbar „Albert“ hat den baugleichen Katamaran wie Mojito und ist begeistert uns kennenzulernen.

Ankerbucht Grande Anse

Grande Anse

perfekter Dinghy-Ponton

ein frisch gepresster Fruchtsaft, lecker!

Er lebt schon viele Jahre in der Karibik und kennt sich hier gut aus. Leider hat er sein Haus in Saint Martin durch den Hurrikan „Irma“ verloren, das macht ihn sehr traurig. Er bringt uns einige „Lionsfishs“ vorbei, die er mit der Harpune gejagt hat. Diese Fische sind hier nicht heimisch und entwickeln sich zur Plage, da sie sehr viele kleine Fische fressen und alle drei Wochen 40 000 Eier ablegen. Der Lionsfish ist wunderschön, hat aber giftige Stacheln. Albert bringt sie uns küchenfertig und wir brauchen diese sehr schmackhaften Fische nur noch in der Pfanne zu braten und zu genießen!

der schöne und schmackhafte Lionsfish, eine Plage in der Karibik

Zwei Tage verbringen wir in Fort de France, der Hauptstadt von Martinique und nutzen die Vorzüge einer Stadt zum Proviantieren, Wäsche waschen und wieder unseren Wassertank zu füllen. Wie bequem ist es doch sonst mit unserem Wassermacher, wir zählen die Tage, bis wir unseren Generator wieder funktionsfähig haben und endlich wieder unser eigenes „homemade“ Wasser haben.

Fort de France

Einige Probleme lösen sich aber auch von selbst, so wie unser Ruderproblem.Hatte es während der Atlantiküberquerung so heftig vibriert, dass wir es hier auf Martinique reparieren wollten, macht es nun keinerlei Geräusche und Vibrationen mehr, es funktioniert tadellos. Vermutlich hatten sich die zahlreichen, zähen Algen dort festgesetzt und die Vibrationen verursacht, andere Segler hatten auch damit Probleme während der Überfahrt. Sehr gut, dann brauchen wir doch nicht in die Werft, yippie!

Zum Wassertanken gehen wir zur Tankstelle im Hafen und bekommen wieder einmal die Unfreundlichkeit der Angestellten zu spüren. Man möchte sich beinah entschuldigen, dass man ihre Dienste in Anspruch nimmt. Kein Lächeln, kein freundliches Wort, sie nehmen nur widerwillig einen Festmacher entgegen.

Unsere letzte Etappe auf Martinique ist die nördlichste Stadt St. Pierre. Bis Anfang des 20. Jhdt. war es die Hauptstadt von Martinique, bis der Vulkanausbruch 1902 die gesamte Stadt unter einer heißen Giftwolke und Lavabrocken begrub, 30 000 Menschen starben. Die verkohlten Ruinen sind überall sichtbar und beklemmend.

das prachtvolle Theater in St. Pierre vor dem Vulkanausbruch

und heute

eine Ruine mit Versen über die Vergänglichkeit des Augenblicks

Per-Erik, Lotta und Pascale lesen die Verse und sehen die Wandmalerei im Hintergrund erst auf dem Foto!

eine quirlige Stadt und 30 000 Menschen wurden in weniger als 15 Minuten ausgelöscht

ein einziger Mensch überlebte in seiner Zelle mit schweren Verbrennungen. Er wurde später im Zirkus zur Schau gestellt

Hier treffen wir Lotta und Per-Erik aus Schweden von der Yacht „Voyageur“ wieder und verbringen drei nette Tage miteinander. Gemeinsam wandern wir zur imposanten Rum-Destillerie „Depaz“, ein wunderschönes Anwesen mit einem netten Chateau und einem großen Agrarbetrieb, anschließend besuchen wir den „Jardin de Balata“ und bestaunen die üppige Botanik. Leider heißt es dann auch wieder einmal Abschied von Lotta und Per-Eric zu nehmen, wir haben schöne gemeinsame Stunden miteinander verbracht. Unsere Reiserouten trennen sich hier, es ist unwahrscheinlich dass wir uns so schnell wiedersehen. Doch wir sind uns sicher, irgendwo wird es ein Wiedersehen geben, darauf freuen wir uns!

das Chateau der Rum-Destillerie Depaz

Jardin Balata

Hängebrücke im Jardin Balata

ein erlebnisreicher Tag, nun gibt es ein gemeinsames Bier und leckere Accras, mit Per-Erik und Lotta

St. Pierre Strand

Martinique hat unsere Meinung über die Boatboys auf den übrigen Inseln verändert. Haben wir sie dort manchmal als lästig und aufdringlich empfunden, so denken wir nun anders. Diese Menschen versuchen ihre Situation zu ändern und zu verbessern, sie arbeiten und verdienen eigenes Geld. Anders ist es auf Martinique: hier gibt es 40% Arbeitslosigkeit, das Arbeitslosengeld kommt monatlich aus Frankreich. Als wir ein Taxi ordern wollen, scheint es ein Ding der Unmöglichkeit. Der Taxifahrer winkt mürrisch ab, als er hört, dass unser Zielort ca. 40 Minuten Fahrt bedeutet. Nee, sagt er, wir sollen ein anderes Taxi nehmen, er hat dazu keine Lust! Hää.?? Das Problem ist, es findet sich hier kein weiteres Taxi und sein Taxi steht weiter auf dem Taxistand, während er einfach nur untätig daneben sitzt. Vielleicht sind wir „ zu deutsch“ um das zu verstehen!

Die Dame von der Autovermietung reagiert ähnlich: „Hilfe, Kunde droht mit Auftrag!“ Nein, es gibt kein verfügbares Auto, vielleicht nächste Woche. Die zweite Autovermietung, ist auch während der Bürozeiten nicht besetzt, das Telefon wird nicht beantwortet. Hmm!

Schließlich finden wir eine Taxifahrerin, die eigentlich privat in St.Pierre unterwegs ist, sie ist bereit uns zu fahren. Aber sie entpuppt sich als unehrlich und möchte das Doppelte von dem vorher vereinbarten Preis berechnen. Nach einer Diskussion lenkt sie ein, wir zahlen den vorher vereinbarten Preis, unsere Stimmung ist frostig. Schade, so etwas zahlt sich nicht aus, denn dafür gab es dann kein Trinkgeld, so!

Aber trotz allem, es hat uns gut gefallen auf Martinique. Es gibt auch sehr nette Menschen hier, schöne Buchten, viel Regen und dadurch eine üppige Natur. Weiter geht es zur Nachbarinsel Dominica, 55 sm entfernt!